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Frankfurt: Corona-Maßnahmen hebeln Prostituiertenschutz aus – große Gefahr


Gefahr für Sexarbeiterinnen
Betreiberin: Corona-Maßnahmen hebeln Prostituiertenschutz aus

Von dpa
Aktualisiert am 12.04.2021Lesedauer: 3 Min.
ProstituiertenschutzVergrößern des BildesBetreiberin Nadine Maletzki steht vor ihrem Bordell "Sex Inn" im Frankfurter Bahnhofsviertel: Eine Sicht auf Besserung im Rotlichtmilieu während der Pandemie gibt es nicht. (Quelle: Boris Roessler/Archivbild/dpa-bilder)
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Die geltenden Corona-Maßnahmen haben drastische Auswirkungen auf die Prostitution. Weil Bordelle geschlossen bleiben müssen, driften viele Frauen in die Illegalität ab und setzen sich Gefahren aus – so auch in Frankfurt.

Im Treppenhaus des "Sex Inn" im Frankfurter Bahnhofsviertel ist auf den oberen Etagen noch das schummrige Rotlicht in Betrieb. "Girls" weist ein Schild in Richtung der leeren Zimmer des seit mehr als einem Jahr geschlossenen Laufhauses. In ihrem Büro blickt Betreiberin Nadine Maletzki von ihrem Schreibtisch auf den Bildschirm mit den Bildern der Überwachungskameras: Gähnende Leere auf den Fluren und vor den Zimmertüren.

"Seit dem 18. März 2020 sind die Häuser leer", sagt Maletzki, die im vergangenen Jahr mit einem Eilantrag beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof scheiterte. Derzeit wohnten zwei Frauen in ihren einstigen Arbeitszimmern, mietfrei. "Das ist mit dem Ordnungsamt abgeklärt."

Prostitution findet trotzdem statt, überall in den umliegenden Straßen stehen Frauen, verschwinden mit Freiern in Hotels, obwohl die Straßen des Viertels Sperrgebietszone sind. "Verschiedene Hotels im Bahnhofsviertel sind voll mit Sexarbeiterinnen – das ist illegale Prostitution", sagt Maletzki. "Mittlerweile hat sich die Straßenstrichszene in Reviere aufgeteilt – an der einen Ecke stehen die Bulgarinnen, an der anderen die Rumäninnen."

Straßenstrich bringt Frauen und Kunden in Gefahr

Doch nicht nur das: Es gebe immer mehr Zuhälter. "Da stehen die Frauen auf der einen Seite und die Zuhälter auf der anderen und haben alles im Auge und filmen mit Handys. Ist das wirklich das, was die Stadt Frankfurt und das Land Hessen wollen?", fragt Maletzki. Sie steht mit einigen ihrer früheren Mieterinnen in Kontakt und hört auch sonst viel von dem, was sich in der Szene tut.

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"Das Prostituiertenschutzgesetz wurde in vielen Bereichen durch die Corona-Maßnahmen ausgehebelt", sagt sie und die Frustration über die derzeitigen Verhältnisse ist unüberhörbar. Denn in den Bordellen und Terminwohnungen gebe es ein Notrufsystem, in den Hotelzimmern dagegen nicht. "Die Frauen habe keine Möglichkeit, einen Knopf zu drücken oder ein Telefon abzuheben, damit ihnen nach ein paar Sekunden jemand hilft. Auch der Kunde selber ist nicht sicher, etwa vor Diebstahl."

Argumente gegen die Öffnung der Häuser mit Verweis auf den engen persönlichen Kontakt kann Maletzki nicht nachvollziehen. "Als damals HIV kam, als sexuell übertragbare Krankheit, hat keiner davon gesprochen, die Bordelle dicht zu machen. Und Corona ist keine sexuell übertragbare Krankheit."

Prostitution driftet in Illegalität ab

Was sie besonders ärgert: "In einem Bordell wie meinem sind deutlich weniger Leute gleichzeitig unterwegs als in jedem Supermarkt." Sie habe auch kein Problem, eine Einlasskontrolle vorzunehmen. Und überhaupt: "Die Prostitution findet ja statt – nur nicht dort, wo sie legal und sicher stattfinden könnte." Stattdessen drifte alles unkontrolliert in die Illegalität ab.

Nicht nur, dass Frauen, die früher selbstständig arbeiteten, sich nun auf einen Zuhälter angewiesen fühlten, auch Übergriffe seien ein deutlich höheres Risiko geworden. Erst vor wenigen Tagen sei ihr aus dem persönlichen Umfeld von einer versuchten Entführung einer auf der Straße arbeitenden Frau berichtet worden. Zum Glück für die Frau war der Täter ortsfremd und fuhr in eine Sackgasse, sagt Maletzki.

Keine Sicht auf Besserung im Rotlichtmileu

Sie bestätigt auch Berichte von Beratungsgruppen, dass offenbar mehr Frauen bereit sind, auf die in den Häusern geltende Kondompflicht zu verzichten. "Wir haben da Frauen, die für wenig Geld viel machen, die kaufen sich eher nicht Desinfektionsmittel, Masken oder Kondome." Zudem würden bei den Kunden eher Abstriche gemacht, auch wenn ein Freier aufs Kondom verzichten will. "Im Laufhaus kann sie den wegschicken, denn der nächste kommt ja gleich."

Hoffnung, dass sich die Situation im Rotlichtmilieu trotz der immer prekäreren Lage vieler Prostituierter schnell ändern werde, hat Maletzki wenig – auch wenn sie den Behörden bereits angeboten hatte, sich und ihre Mitarbeiter im Fall einer Öffnung im Umgang mit Schnelltests schulen zu lassen und ein Testzimmer bereitzustellen. Sie wäre bereit, die Mieterinnen täglich zu testen, ehe sie auf ihre Zimmer gehen könnten. "Mittlerweile bin ich sehr skeptisch und glaube, die machen dieses Jahr nicht auf. Alles andere würde mich sehr freuen."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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