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Deutsche Minderheit in der Ukraine – Vertreter: "Wir sind Teil der Ukraine"


Deutsche Minderheit in der Ukraine
"Wir haben uns immer sicher gefühlt – Das ist jetzt vorbei"

InterviewVon Jannis Holl und Henrik Rampe

24.02.2022Lesedauer: 3 Min.
Interview
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Alexander Schlamp (r.) vertritt die deutsche Minderheit in der Ukraine: Knapp 33.000 Menschen mit deutschen Wurzeln leben in der Ukraine.Vergrößern des Bildes
Alexander Schlamp (r.) vertritt die deutsche Minderheit in der Ukraine: Knapp 33.000 Menschen mit deutschen Wurzeln leben in der Ukraine. (Quelle: CTK Photo/imago / Deutsche Botschaft Kiew/leer)

Russland ist in die Ukraine einmarschiert. Zehntausende Menschen mit deutschen Wurzeln leben dort und inmitten des Krieges. Alexander Schlamp ist deutscher Honorarkonsul vor Ort.

Etwa 33.000 Menschen mit deutschen Wurzeln leben in der Ukraine. Sie werden vertreten von Alexander Schlamp. Er ist Honorarkonsul der Bundesrepublik Deutschland in der westukrainischen Stadt Czernowitz und Geschäftsführer eines deutschen Autozulieferers.

Herr Schlamp, wie geht es Ihnen an diesem schlimmen Tag für die Ukraine?

Alexander Schlamp: Viele Menschen waren der Meinung, dass es noch zu einer diplomatischen Lösung kommt. Aber als ich heute Morgen um 6 Uhr unserer Zeit Putins Rede angeschaut habe, wusste ich: Er ist bereit, alles zu tun, um zu bekommen, was er will. Und das ist nicht nur ein kleines Gebiet der Ukraine. Wir haben alle Angst. Aber wir haben unsere Aufgaben, die wir erfüllen müssen. Wir werden uns verteidigen. Auch ich persönlich werde in Czernowitz bleiben. Ich trage die Verantwortung für meine 6.000 Mitarbeiter.

Aus Iwano-Frankiwsk wurde Raketenbeschuss gemeldet. Der Ort liegt weniger als 140 Kilometer von Ihrer Stadt entfernt. Wie ist die Situation in Czernowitz?

Wir haben uns immer recht sicher gefühlt, wegen der Nähe zur rumänischen Nato-Grenze. Das ist jetzt vorbei. Die Menschen kaufen die Supermärkte leer, es gibt lange Schlangen vor den Tankstellen.

Sie sind auch Unternehmer, Chef eines deutschen Autozulieferers. Was bedeutet der russische Einmarsch für Ihr Unternehmen?

Wir haben im Vorfeld Notfallpläne gemacht, was bei einem Angriff Russlands passiert. Für genau dieses Szenario haben wir uns mit unseren westlichen Partnern abgestimmt. Heute haben wir die Fabriken geschlossen. Die Menschen sollen in dieser Zeit bei ihren Familien sein.

In Ihrer Funktion als deutscher Honorarkonsul vertreten Sie die deutschstämmige Minderheit in der Ukraine. Das sind um die 33.000 Menschen. Was bedeutet Putins Angriff für sie?

Diese Menschen haben deutsche Wurzeln. Aber es sind vor allem Bürger der Region, Bürger der Ukraine. Viele von ihnen dienen in der ukrainischen Armee. Heute wurde ein Gesetz im Parlament zur Mobilisierung eingebracht. Das heißt auch, viele der jungen Männer, der Minderheit, die ich vertrete, werden mobilisiert. Wir erwarten keine bevorzugte Behandlung oder dass uns gar die Bundeswehr evakuiert. Wir sind Teil der Ukraine.

Sie waren noch recht optimistisch, dass die Situation nicht eskaliert und die deutsche Minderheit in der Ukraine bleiben wird, obwohl viele einen Anspruch auf die deutsche Staatsbürgerschaft hätten.

Mein Optimismus, dass der Konflikt diplomatisch zu lösen ist, war ein Fehler. Aber selbst wenn wir auswandern wollten, gibt es keine Möglichkeit, einen Antrag auf eine Einbürgerung zu stellen. Seit heute ist die Deutsche Botschaft in Kiew geschlossen. Niemand kann Visa ausstellen. Es gibt keine Entscheidung der deutschen Regierung hinsichtlich einer möglichen Evakuierung der Deutsch-Ukrainer. Wir Honorarkonsuln warten auf Instruktionen vom Auswärtigen Amt, wie es weitergeht.

Erwarten Sie konkrete Hilfe vom Auswärtigen Amt für die deutsche Minderheit?

Nein, es war unsere Entscheidung in der Ukraine zu bleiben – mit allen Risiken und Vorteilen. Wir haben von unserem Recht nach Deutschland auszusiedeln keinen Gebrauch gemacht. Die Ukraine ist unsere Heimat. Unsere Vorfahren haben hier schon vor Hunderten Jahren gelebt.

Es ist kein Geheimnis, dass unsere Minderheit mittlerweile multiethnisch ist. Wir hoffen einfach nur, dass die USA und die EU der Ukraine irgendwie helfen. Es wurde uns signalisiert, dass Russland mit nie dagewesenen Sanktionen gestoppt wird. Bis jetzt warten wir noch darauf.

Verwendete Quellen
  • Interview mit Alexander Schlamp
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