Die Pandemie und die weitgehenden Ausgangsbeschränkungen verstärken bei vielen das Fernweh. Eine Hagener Forscherin erklärt, was es mit dem Begriff auf sich hat.
Die Corona-Krise ist auch die Zeit des Fernwehs. Das Auswärtige Amt rät von allen touristischen Reisen ab und der Urlaub scheint zumindest für das Jahr 2020 plötzlich in weite Ferne gerückt. Statt nach Mallorca oder auf die Seychellen zu reisen, ist möglichst viel zu Hause sein angesagt und ein weitgehendes Kontaktverbot.
Die Germanistin Irmtraud Hnilica von der Fern-Universität Hagen hat sich intensiv mit dem "Fernweh" beschäftigt. Die Mitautorin eines Buchs zum Thema sagt: "Fernweh und Heimweh sind beide ein Leiden am Hier und Jetzt. Beide Phänomene sind eng verwandt; Fernweh ist gar nicht so sehr das Gegenteil von Heimweh, sondern vielmehr dessen Variante mit umgekehrtem Vorzeichen."
Wunsch nach Rückkehr zur Normalität
Hnilica, die am Hagener Institut für Neuere deutsche Literatur- und Medienwissenschaft arbeitet, hat gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen Fernweh als mediale Gefühlskommunikation untersucht. "Dabei hat sich Fernweh als semantisch offenes und deshalb hochgradig anschlussfähiges Diskursphänomen erwiesen." Es gehe dabei um weit mehr als Urlaubsreisen, auch wenn sich die Tourismusbranche diffuse Fernweh-Energien natürlich zunutze mache, sagt die Forscherin, die zurzeit auch als Juniorprofessorin an der Uni Trier arbeitet.
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Auf die Frage, ob Deutsche in der aktuellen Krise mehr zum Fernweh neigen, sagt die Literaturwissenschaftlerin: "Dass die Einschränkungen der Reisefreiheit unser Fernweh triggern, scheint ein naheliegender Gedanke. Bei vielen Menschen dürfte in der jetzigen Ausnahmesituation aber eher ein Wunsch nach Rückkehr zur Normalität vorherrschen."
- Nachrichtenagentur dpa