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Hamburg: Pastor berichtet von Leid der Mitarbeiter am Flughafen


"Das macht was mit der Seele"
Pastor berichtet von Leid der Mitarbeiter am Flughafen

  • Markus Krause, Regio-Redakteur für Hamburg.
Von Markus Krause

Aktualisiert am 12.07.2022Lesedauer: 3 Min.
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Pastor Björn Kranefuß steht im Terminal 1: Seine Kirche hat der 63-Jährige am Hamburger Flughafen.Vergrößern des Bildes
Pastor Björn Kranefuß steht im Terminal 1: Seine Kirche hat der 63-Jährige am Hamburger Flughafen. (Quelle: Markus Krause/t-online)

Björn Kranefuß ist Pastor und Seelsorger am Hamburger Flughafen. Wie es den Angestellten in den aktuellen Zeiten geht, weiß der 63-Jährige ganz genau.

Björn Kranefuß nimmt auf einem Stuhl in seiner Kapelle Platz. Sie liegt ein Stück weit entfernt vom großen Trubel, der in diesen Wochen am Hamburger Flughafen herrscht. Einen Ort zum Luftholen – "eine Oase der Ruhe" – nennt der 63-Jährige den Raum, der im ersten Obergeschoss, im hinteren Bereich des Terminals 1 liegt.

Seit mehr als 20 Jahren ist Kranefuß Pastor am Flughafen, er arbeitet für die evangelische Kirche. "Ich bin gefragt worden, ob ich es mir vorstellen könnte. Ich habe sechs Jahre in Amerika gelebt und da in einem Krankenhaus als Seelsorger gearbeitet. Ich kenne mich also ganz gut damit aus, wie es ist, Pastor außerhalb einer klassischen Kirchengemeinde zu sein."

Hamburg: Pastor hat ein offenes Ohr für jedermann

Seitdem geht er jeden Morgen zunächst durch den Hamburg Airport: erst in die Kapelle, anschließend durch die Terminals und die verschiedenen Etagen. Neben Smalltalk würden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Flughafens dann häufig auch ihre Probleme ansprechen. "Die Menschen wissen ja, sie treffen auf mich als Pastor. Und diese Gelegenheit nutzen sie auch", sagt Kranefuß t-online.

"Ich sehe meine Aufgabe darin, Menschen die Gelegenheit zu geben, das loszuwerden, was sie beschäftigt." Häufig reiche es, wenn die Mitarbeitenden die Möglichkeit bekämen, ihr Herz auszuschütten. Falls nicht, biete er ein weiteres Gespräch zu einem anderen Zeitpunkt an.

Flughafen-Mitarbeiter leiden unter Stress und Frust

Um was geht es in diesen Gesprächen? "Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leiden darunter, für Situationen verantwortlich gemacht zu werden, wofür sie nichts können." Das betreffe vor allem diejenigen, die an den Schaltern sitzen. "Da herrscht schon Frust", sagt der 63-Jährige.

In anderen Bereichen des Flughafens seien die Menschen außerdem angeschlagen, weil sie unter der Überstundensituation und dem permanenten Stress leiden würden. "Das macht schon was mit der Seele der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter." Insgesamt zählen zu seiner Gemeinde am Hamburger Flughafen, neben Reisenden und Besuchern, vor allem die rund 16.000 Angestellten in 300 Firmen.

Dennoch ist es für Kranefuß wichtig, zu betonen, dass er die Situation nicht als "Chaos" wahrnehme. "Es ist schon eine herausfordernde und auch eine anstrengende Situation für alle Beteiligten. Und natürlich geraten einige Menschen in Stress und das in stärkerem Maße als in früheren Zeiten. Aber dass hier Leute richtig ausflippen, das ist dann doch eher die Ausnahme."

Aktuelle Krisen sorgen für zusätzliche Unsicherheit

Ein Thema, das im Vergleich zu früher ebenfalls zugenommen habe, sei die Unsicherheit. "Das äußert sich vor allem in Gesprächen über die Krisen, die wir haben, die ihnen einfach nahegehen, die sie beschäftigen", sagt der Pastor. Gemeint ist nicht nur die Corona-Pandemie, sondern auch der Ukraine-Krieg. "Wir am Flughafen bekommen hautnah zu spüren, wie sich unsere gesamtgesellschaftliche Situation zuspitzt."

"Das macht etwas mit den Menschen", sagt Kranefuß. Das betreffe nicht nur finanzielle Sorgen, wie Arbeitsverträge, sondern auch Reisen. "Eigentlich will man verreisen, plant etwas und dann 'puff'. Nichts ist eigentlich mehr so richtig verlässlich."

Wegen der Pandemie gebe es außerdem vermehrt Obdachlose am Flughafen. "Früher hat man das gar nicht so richtig wahrgenommen." Inzwischen sei dies jedoch ein großer Aufgabenbereich, um den er sich verstärkt kümmere. Immer wieder bekomme er Anrufe, zum Beispiel vom Lufthansa World Shop, dem Passagierservice oder der Reisebank. "Da versuche ich dann zu unterstützen."

Flughafen-Pastor ruft zu Gelassenheit bei Reisen auf

Für Reisende, die in diesen Wochen in den Urlaub fliegen, hat Pastor Kranefuß einen Rat. Eine All-inclusive-Reise zu buchen, bedeute nicht automatisch, dass man sich um nichts mehr kümmern muss. Deshalb sollte man gut vorbereitet sein und Geduld mitbringen.

"Jeder kann für sich überlegen, wie komme ich zum Flughafen? Bin ich total gestresst? Oder kann ich mit einer Haltung hier ankommen, die mir auch ein großes Maß an Gelassenheit ermöglicht, auch wenn die Dinge mit Geduld und Warten – was keiner gerne tut – verbunden sind?" Dann erlebe man die Situation auch nicht als Chaos, sondern könne mit der augenblicklichen Situation gut umgehen.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Björn Kranefuß, Pastor der Kirche im Hamburg Airport
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