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Erdbeben in der Türkei: TikToker und Autofolieber sammeln 600 Kartons Spenden


Für Erdbebenopfer
TikToker startet Spendenaktion – "Der Ferrari musste raus"

  • Beatrice von Braunschweig
Von Beatrice von Braunschweig

Aktualisiert am 10.02.2023Lesedauer: 3 Min.
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Mert Can Erdagi (links) und Mehmet Yildirim stehen in der Lagerhalle vor den Spenden: Innerhalb weniger Tage haben sie mehr als 600 Kisten gepackt.Vergrößern des Bildes
Mert Can Erdagi (links) und Mehmet Yildirim stehen in der Lagerhalle vor den Spenden: Innerhalb weniger Tage haben sie mehr als 600 Kisten gepackt. (Quelle: Mehmet Yildirim )

Bis vor Kurzem hat Mehmet auf TikTok seine Follower mit Entertainment versorgt. Jetzt nutzt er seine Reichweite, um Spenden für Erdbebenopfer zu sammeln.

Ein kurzer Clip von 18 Sekunden auf Instagram hat ausgereicht, um die Lagerhalle in Pinneberg zu füllen. Bis Dienstag wurden dort noch Autos lackiert und Scheiben getönt. Als Mehmet Yildirim (22) und Mert Can Erdagi (23) vom Erdbeben in der Türkei und Syrien erfuhren, riefen sie kurzfristig eine Hilfsaktion ins Leben.

Innerhalb eines Tages verwandelten die beiden Freunde und Geschäftspartner eine Autofolier-Werkstatt in ein Spendenzentrum. Plötzlich waren sie kein Autotuner oder Social-Media-Star mehr, sondern Kistenpacker und Logistiker. Wo früher Luxusautos standen, stapeln sich jetzt mehr als 600 Umzugskartons. Fest zugeklebt und großflächig mit Edding beschriftet, warten sie auf den Abtransport in die Türkei.

Doch bevor es so weit kommen konnte, mussten Mehmet und Mert die Anlage räumen. "Wir haben das noch nie vorher gemacht. Wir sind einfach ins kalte Wasser gesprungen", erzählt Mehmet t-online. "Da stand noch ein Ferrari in der Halle – der musste auch raus."

Spendenaufruf an mehr als 120.000 Abonnenten

Kurzerhand drehte er ein Video für TikTok und Instagram und rief seine 121.000 Abonnenten auf, zu spenden oder vor Ort Unterstützung zu leisten. Sein Kanal "@abiregelt" ist bekannt für kurzweilige Videos. Zu Hochzeiten werden seine Videos 50.000 bis 60.000 Mal aufgerufen. Dank der großen Reichweite trafen noch am selben Tag die ersten Spenden ein.

Doch das Team musste feststellen: Nicht alle Güter können wirklich verschickt werden. "Da waren auch verranzte Sachen dabei", sagt Mehmet. Mehr als 20 Freiwillige drehen jede Spende einzeln um. Vieles können sie nur wegschmeißen, wofür sich Mehmet in einem TikTok-Video am Mittwoch rechtfertigt: "Wer würde gerne Unterhosen mit gelben Flecken haben? Welcher Mensch? Das ist eine Demütigung."

Die Betroffenen brauchen Babynahrung und Powerbanks

Über Freunde und Bekannte in der Türkei erfuhren sie, dass die Menschen in den Erdbebenregionen vor allem Decken, Babynahrung, Pampers und Powerbanks benötigen. Deswegen beschlossen sie, nur noch diese Art von Produkten anzunehmen.

Die Nacht von Dienstag auf Mittwoch verbrachten sie in der Halle, um den Transport am nächsten Morgen vorzubereiten: "Wir haben bis vier Uhr morgens gepackt und gerade einmal zwei Stunden geschlafen", berichtet Mehmet.

Lkw bringt Spenden direkt in die Türkei

Zufällig erfuhren sie von einem Lkw-Fahrer, der auf dem Weg in die Türkei ist. "Eine normale Spedition verlangt zwischen 10.000 und 25.000 Euro für eine Fahrt in die Türkei. Wir einigten uns aber mit ihm, ihm die Spritkosten und Vignetten zu bezahlen. Das ist Kulanz." Über Paypal sammeln sie jetzt Spenden, um den Transport zu bezahlen. 5.000 Euro sind das Ziel, das übrige Geld komme den Erdbebenopfern zugute. Bis Mittwochnachmittag kamen 3.200 Euro zusammen.

Mehmets Familie wohnt in der Türkei – in den betroffenen Regionen jedoch kennt er niemanden. Trotzdem ist es für ihn selbstverständlich, zu helfen: "Das könnte jeden von uns treffen. Stellt Euch vor, Deutschland würde auf zwei Erdplatten liegen. Ich würde das auch von anderen Ländern erwarten."

TikToker muss sich mit Kritik auseinandersetzen

Während Mehmet Sachspenden sammelt, haben sich andere Organisationen entschieden, ausschließlich Geld anzunehmen. Ein Sprecher der Kurdischen Gemeinde Deutschland erzählt t-online, dass man in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen an der türkischen Grenze gemacht habe: "Unsere Güter wurden beschlagnahmt und angeblich eigenverantwortlich weiterverteilt." Tatsächlich aber wisse man nicht, was damals mit den Gütern geschehen sei.

Auch Mehmet muss sich auf TikTok mit dieser Kritik auseinandersetzen. Doch er ist sicher, dass seine Spenden die Erdbebenopfer erreichen werden: "Wir haben eine lizenzierte Speditionsfirma, die zu 100 Prozent in die Türkei reinkommt. Der Typ fährt direkt in die Türkei. Wir chillen hier nicht umsonst bis vier Uhr morgens, um aus Spaß Klamotten abzuschicken."

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Mehmet Yildirim
  • Telefonat mit Sprecher der Kurdischen Gemeinde Deutschland
  • Instagram-Kanal "@abiregelt" von Mehmet Yildirim
  • TikTok-Kanal "@abiregelt" von Mehmet Yildirim
  • paypal.com: "Spendenaktion Katastrophenhilfe Transportkosten"
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