In ganz Deutschland Schüler fahren gratis Bus und Bahn: Was Eltern wissen müssen
Hamburgs Schüler dürfen bald kostenlos mit Bussen und Bahnen fahren – in ganz Deutschland. Der Senat investiert dafür viele Millionen Euro.
Ungeachtet der angekündigten Preiserhöhung beim Deutschlandticket verspricht der Hamburger Senat den Schülern die bundesweite Gratis-Nutzung von Bussen und Bahnen auf Dauer. Der Senat führe das kostenlose HVV-Deutschlandticket für Hamburger Schüler zum 1. September ein, sagte eine Sprecherin der Schulbehörde. Es habe keine zeitliche Befristung, werde also auch 2025 beibehalten.
Ab 1. September können alle in Hamburg wohnenden Schüler den Nah- und Regionalverkehr deutschlandweit umsonst nutzen. Zur Freifahrt sind rund 210.000 Jungen und Mädchen berechtigt. Sie müssen sich bloß digital eine Chipkarte bestellen. Schüler, die älter als 16 Jahre sind, müssen eine Schulbescheinigung hochladen. Schon vom 28. bis 31. August, also ab dem letzten Ferientag, dürfen in Hamburg wohnende Schüler im Hamburger Verkehrsverbund (HVV) umsonst fahren. Der HVV sprach von einem "Kulanzzeitraum".
Der Senat erwartet, dass 168.000 Schüler – also 80 Prozent der Berechtigten – das Angebot nutzen werden. Die Hamburger Steuerkasse soll die Neuregelung in diesem Jahr fast 14 Millionen Euro zusätzlich kosten. Für das nächste Jahr kalkuliert der Senat auf Grundlage des 49-Euro-Preises für ein reguläres Ticket mit knapp 99 Millionen Euro.
Teureres Deutschlandticket sorgt für höhere Kosten beim Senat
Allerdings haben die Verkehrsminister der Länder bereits eine Preiserhöhung zum nächsten Jahr angekündigt. Auf ihrer Konferenz im Oktober wollen sie den neuen Preis festlegen. Die Bundesregierung hat beschlossen, dass ihr eigener Zuschuss nicht für Vergünstigungen wie kostenlose Schülertickets verwendet werden darf.
Einen Teilbetrag der sogenannten Regionalisierungsmittel für 2025 will die Regierung erst 2026 auszahlen; er beträgt 350 Millionen Euro. Zunächst müssten die Länder nachweisen, dass sie die Mittel aus dem Vorjahr sachgerecht verwendet hätten, hatte Regierungssprecher Steffen Hebestreit Anfang Juli erklärt.
Damit kämen auf Hamburg weitere Kosten zu. Sollte das Deutschlandticket etwa um 10 Euro teurer werden, müsste der Senat gut 20 Millionen Euro drauflegen. Die Sprecherin der Schulbehörde erklärte zu einer möglichen Preisanhebung lediglich: "Mögliche Veränderungen des Ticketpreises müssten zu einer Anpassung dieser finanziellen Planungen führen."
Offen ist, ob wirklich 80 Prozent der Hamburger Schüler das Gratis-Ticket bestellen werden. Bereits seit der Einführung des Deutschlandtickets im Mai 2023 können es rund 42.000 Kinder und Jugendliche aus ärmeren Familien kostenlos bekommen. Doch nicht einmal die Hälfte (45 Prozent) macht nach Angaben des Senats von dem Angebot Gebrauch.
Gratis-Ticket soll Schüler zu Klimaschützern machen
Dass alle Hamburger Schüler – egal ob aus armen oder reichen Elternhäusern – deutschlandweit gratis Bus und Bahn fahren sollen, begründet der Senat so: "Mit der Möglichkeit einer kostenlosen Inanspruchnahme wird die ÖPNV-Nutzung für Kinder und Jugendliche alltäglich und zu einem natürlichen Bestandteil ihres Mobilitätsverhaltens. Die zufriedenen Bus- und Bahnfahrerinnen und Bahnfahrer von heute sind dabei motivierte Klimaschützerinnen und Klimaschützer von heute und von morgen."
Der Hamburger FDP-Bürgerschaftsabgeordnete Sami Musa fragte den Senat in einer Kleinen Anfrage, ob nach den bisherigen Ermäßigungen für Schüler bereits negative Effekte etwa durch einen sinkenden Radverkehrsanteil festgestellt worden seien. Die Antwort: Es würden keine Daten darüber erhoben, ob Schüler zu Fuß, per Fahrrad oder Auto zur Schule kommen.
FDP: Schülerticket als Wahlwerbung für Rot-Grün
Musa, der das Gratis-Ticket grundsätzlich begrüßt, kritisierte den Zeitpunkt und die Art und Weise der Bekanntgabe der Entscheidung rund einen Monat vor der Bezirks- und Europawahl: "Die Tatsache, dass vor allem mit Wahlplakaten auf diese Maßnahme hingewiesen wurde, zeigt wieder einmal deutlich, dass Rot-Grün nur dann etwas für die Bürgerinnen und Bürger tut, wenn Wahlen anstehen, in den Jahren davor hat sich der Senat so gut wie gar nicht in diese Richtung bewegt."
- Nachrichtenagentur dpa