Rechtsstreit für Millionen von Euro Verhärtete Fronten im Tierpark Hagenbeck
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Im Hamburger Tierpark Hagenbeck herrscht seit vielen Jahren ein Konflikt zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat. Eine Einigung ist bislang nicht in Sicht.
Schlechtes Betriebsklima im Tierpark Hagenbeck: Seit mehreren Jahren wird um bessere Arbeitsbedingungen gestritten. Ausgetragen wird der Konflikt zwischen dem Betriebsrat und Geschäftsführer Dirk Albrecht, der nach Aussage der Gewerkschaft IG Bau mit harten Bandagen geführt wird.
Die Spannungen drohen das Ansehen des Tierparks zu schädigen und belasten das Unternehmen auch finanziell. Angefangen hat alles Ende 2020.
Kern des Streits: Arbeitsbedingungen und Mitbestimmung
Der zentrale Streitpunkt in der ständigen Auseinandersetzung zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat ist die Einführung eines Haustarifvertrags durch die Gewerkschaft IG Bau. Dieser soll für alle Mitarbeiter verbindliche Regelungen zu Urlaub, Arbeitszeiten und anderen Arbeitsbedingungen schaffen.
Bisher gibt es lediglich individuelle Regelungen, auch wenn die Geschäftsführung immer wieder betont, sich an einen angeblichen Haustarifvertrag zu halten. Dieser wurde einmal vor vielen Jahren von einem Betriebsrat abgeschlossen – obwohl er laut Tarifvertragsgesetz rechtlich nicht dazu befugt ist. Dirk Johne von der IG Bau: "Es geht darum, faire und einheitliche Bedingungen für alle zu schaffen." Johne unterstützt den Betriebsrat in seinen Bemühungen.
Kurzarbeit und Streik als Auslöser
Die Corona-Pandemie hat die Situation im Tierpark verschärft. Während der Lockdowns kam es zur Kurzarbeit für Teile des Personals, was vor allem für Mitarbeiter an der Kasse und bei der Gästebetreuung zu finanziellen Einbußen führte. Der Betriebsrat forderte, dass die Geschäftsführung die Kurzarbeit aufstockt und damit klare Regelungen zur finanziellen Absicherung der Mitarbeiter trifft – doch die Verhandlungen scheiterten zunächst.
Da Arbeitgeber und Betriebsrat beim Thema Kurzarbeit nicht übereinkamen, musste ein Richter des Arbeitsgerichts eine Einigung zwischen den Parteien erzielen. In dieser sogenannten Einigungsstelle wurde letztlich zwar die Kurzarbeit entschieden, eine Aufstockung auf 100 Prozent gab es aber nicht. Schon vorher hatte Albrecht vorsorglich einigen Mitarbeitern die Kündigung ausgesprochen.
Johne von der IG Bau kritisiert: "Damit versuchte die Geschäftsführung Druck aufzubauen und einen Keil zwischen die Beschäftigten zu treiben". Schließlich entschloss sich die Belegschaft nach einem Mitgliederentscheid im Sommer 2023 zu einem unbefristeten Streik, um selbst Druck auf die Geschäftsführung auszuüben.
Den Beschäftigten gehe es vor allem darum, rechtssichere Arbeitsbedingungen durch einen Haustarifvertrag zu schaffen, sagt Johne. Doch trotz des vierwöchigen Arbeitsausstandes habe es kaum Bewegung seitens der Geschäftsführung gegeben. "Dr. Albrecht hat die Verhandlungen blockiert und stattdessen auf Leiharbeiter gesetzt, um den Betrieb aufrechtzuerhalten", erklärt der stellvertretende Regionalleiter der IG Bau Nord. Für die Streikenden folgten nach ihrer Rückkehr Schikanen wie willkürliche Dienstplanänderungen und Abmahnungen.
Tierpark gibt Millionen für Gerichtsverfahren aus
Da direkte Verhandlungen kaum noch möglich sind, befinden sich der Betriebsrat und die Geschäftsführung seit 2021 in ständigen Einigungsstellenverfahren. Diese werden von Richtern moderiert und enden häufig mit bindenden Entscheidungen. Die Kosten dieser Verfahren sind erheblich: Laut Gewerkschaft sollen allein im vergangenen Jahr etwa eine Million Euro für Gerichtsverfahren und Einigungsstellen ausgegeben worden sein.
"Statt mit uns an einem Tisch zu verhandeln, lässt Dr. Albrecht lieber Richter über die Arbeitsbedingungen entscheiden – und das auf Kosten des Tierparks", kritisiert Johne. Die Einigungsstellen seien ein teurer Ersatz für freie Verhandlungen, bei denen beide Seiten zu Kompromissen finden könnten.
Blick in die Zukunft: Wie geht es weiter?
Die Zukunft des Arbeitskampfes bleibt ungewiss. Während der Betriebsrat weiterhin auf faire Verhandlungen und den Abschluss eines Haustarifvertrags dringt, zeigt sich die Geschäftsführung wenig kooperativ. Zuletzt wollte Albrecht den Betriebsratsvorsitzenden fristlos kündigen – ein Gericht stoppte schließlich die Entlassung. Bisher hat der Hagenbeck-Chef nicht signalisiert, von seiner harten Linie abweichen zu wollen.
Doch nicht nur die Belegschaft leidet unter dem andauernden Konflikt. Auch der Tierpark selbst gerät zunehmend unter Druck. In Bewertungen auf einschlägigen Portalen wird er inzwischen weit hinter anderen Zoos gesehen. Hier lesen Sie mehr dazu. Dirk Johne, Vertreter der IG Bau, bemängelt: "Anstatt in den Park zu investieren und seine Attraktivität zu steigern, wird Geld für juristische Auseinandersetzungen verbrannt."
Eine schriftliche Anfrage von t-online hat die Geschäftsführung des Tierparks nicht beantwortet.
- Telefonat mit Dirk Johne, stellvertretender Regionalleiter der IG Bau Nord
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