Hamburger Corona-Tote wurden im Schnitt 83 Jahre alt
In Hamburg sind 2020 ΓΌber 700 Menschen im Zusammenhang mit Covid-19 gestorben. Im Durchschnitt wurden sie 83 Jahre alt. Die Obduktionen der Rechtsmedizin haben noch weitere aufschlussreiche Erkenntnisse gebracht.
Von den 735 Hamburger TodesfΓ€llen, die im vergangenen Jahr in Zusammenhang mit Corona gebracht wurden, starben nach einer rechtsmedizinischen Untersuchung 618 tatsΓ€chlich an dem Virus.
Das Institut fΓΌr Rechtsmedizin am UniversitΓ€tsklinikum Eppendorf (UKE) untersuchte nicht nur die SterbefΓ€lle in KrankenhΓ€usern und Pflegeheimen, sondern auch solche, die nach dem Tod zu Hause oder bei einer Leichenschau aus anderen GrΓΌnden auffielen, wie der Leiter des Instituts, Benjamin Ondruschka, erklΓ€rte.
Sieben Prozent der 735 Toten - also rund 50 - waren zwar mit dem Virus infiziert, die Infektion war aber nicht die Todesursache. Bei den ΓΌbrigen knapp 70 Verstorbenen wollten die AngehΓΆrigen keine Obduktion oder es fehlten Unterlagen. Das Robert Koch-Institut habe fΓΌr Hamburg im vergangenen Jahr 632 Corona-Tote gemeldet.
BlutverdΓΌnner kΓΆnnen helfen
Die Ergebnisse der Untersuchungen bestΓ€tigten zudem die positive Wirkung von BlutverdΓΌnnungsmitteln. "Zwar haben unsere Obduktionen der Verstorbenen gezeigt, dass die Covid-19-Erkrankten trotz der Gabe von BlutverdΓΌnnungsmitteln noch Blutgerinnsel in den Lungenschlagadern aufweisen konnten", sagte Ondruschka. In der statistischen Auswertung hΓ€tten sich aber lΓ€ngere Γberlebenszeiten zwischen Infektion und Tod seit einer Therapieumstellung gezeigt.
Bereits im Mai vergangenen Jahres war bei den Hamburger Obduktionen aufgefallen, dass Covid-19 zu ungewΓΆhnlich vielen Thrombosen und Lungenembolien fΓΌhrt. Daraufhin waren die bundesweit geltenden Behandlungsleitlinien geΓ€ndert worden. Seitdem wird Γrzten empfohlen, Patienten nach individueller RisikoeinschΓ€tzung mit einem BlutverdΓΌnnungsmittel zu behandeln.
Der Leiter der Klinik fΓΌr Intensivmedizin, Stefan Kluge, kΓΌndigte fΓΌr Montag eine neue Leitlinie fΓΌr die Behandlung von Covid-19-Intensivpatienten in Deutschland an. Die in Zusammenarbeit mit 14 medizinischen Fachgesellschaften entstandenen Empfehlungen rieten weiterhin zur Gabe des BlutverdΓΌnners Heparin, allerdings in MaΓen. Im Fokus der Leitlinie stehe das Testen. Patienten und Mitarbeiter sollen demnach zweimal die Woche auf das Coronavirus getestet werden. Weiterhin werde empfohlen, mit der invasiven Beatmung nicht zu frΓΌh zu beginnen.
Wenige junge Corona-Tote
Das Durchschnittsalter der Hamburger Corona-Toten betrug nach Angaben von Ondruschka 83 Jahre. 75 Prozent der Verstorbenen seien Γ€lter als 76 Jahre gewesen. Die Toten im Alter von 29 bis 100 Jahren waren zu 55 Prozent mΓ€nnlich und zu 45 Prozent weiblich. Nur sieben Tote, also nur gut ein Prozent, waren jΓΌnger als 50 Jahre. Sie hΓ€tten alle eine Vorerkrankung gehabt, etwa ein Herzleiden oder einen Tumor. In sehr wenigen AusnahmefΓ€llen seien Menschen an Covid-19 ohne erkennbare Vorerkrankung gestorben. Laut einer Hypothese hΓ€tten diese Patienten mΓΆglicherweise eine extrem hohe Viruslast gehabt oder seien im Moment der Infektion sehr vulnerabel gewesen, sagte Ondruschka.
Die 618 Corona-Toten machten rund 3,3 Prozent aller 18.500 Hamburger SterbefΓ€lle im vergangenen Jahr aus. Eine deutliche Γbersterblichkeit habe es im April und Dezember sowie β nicht Corona-bedingt β im August gegeben. Seit Januar untersucht Ondruschkas Institut besondere TodesfΓ€lle. Darunter seien jung Verstorbene, solche ohne Vorerkrankungen oder mit Virusmutation. Es sei auch schon ein Toter mit der britischen Virusvariante untersucht worden. Diese Person, die nicht aus Hamburg stammte, sei ein "ganz klassischer Fall" gewesen.
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Derzeit gehe die Zahl der Corona-TodesfΓ€lle in Hamburg und Deutschland zurΓΌck, sagte Ondruschka. Auf die Frage, ob die Impfung der Menschen mit hΓΆchster PrioritΓ€t die Sterblichkeit drastisch senken werde, sagte der Rechtsmediziner: "Das ist die sehr optimistische Hoffnung."
Impfung schΓΌtzt vor schwerem Verlauf
In seinem Institut seien auch schon Tote untersucht worden, die gegen Corona geimpft waren. Einen kausalen Zusammenhang, also dass die Impfung zum Tod fΓΌhrte, habe man aber nicht entdecken kΓΆnnen. Der Rechtsmediziner vermutet, dass in EinzelfΓ€llen auch Geimpfte an Corona sterben werden, weil sich der Impfschutz nicht immer komplett ausbilde.
Die Impfung schΓΌtze vor allem vor schweren VerlΓ€ufen der Krankheit, betonte Kluge. "Wir haben noch keinen Patienten auf der Intensivstation behandelt, der geimpft war." Er appellierte an die BΓΌrger, sich impfen zu lassen. Die Diskussion um den Impfstoff Astrazeneca irritiere ihn. Die hΓ€ufigen Nebenwirkungen nach der ersten Dosis seien die vΓΆllig erwartbare Reaktion des KΓΆrpers und nicht besorgniserregend.
"Wir kΓΆnnen und sollten sehr, sehr froh sein, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt schon drei zugelassene Impfstoffe haben in Deutschland. Und die Diskussion, welcher Impfstoff besser ist, empfinde ich selber als Luxusdiskussion", sagte der Intensivmediziner. Mit Astrazeneca wΓΌrden auch die Mitarbeiter des UKE geimpft.
- Nachrichtenagentur dpa