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Hamburg: Was hilft gegen die Schaufensterunfälle auf der Waitzstraße?


Waitzstraße in Groß Flottbek
Senioren rasen immer wieder in Geschäfte – Händler ratlos

Von Mali-Janice Paede

06.05.2021Lesedauer: 3 Min.
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Ein Pkw ist in eine Boutique gekracht (Archivbild): Auf der Hamburger Waitzstraße häufen sich die Schaufensterunfälle.Vergrößern des Bildes
Ein Pkw ist in eine Boutique gekracht (Archivbild): Auf der Hamburger Waitzstraße häufen sich die Schaufensterunfälle. (Quelle: Jonas Walzberg/imago-images-bilder)

In der Hamburger Waitzstraße rasen regelmäßig Autos in die Schaufenster der umliegenden Geschäfte. Zweimal hat die Stadt die Einkaufsmeile bereits umgebaut, um die Unfallserie zu stoppen – mit wenig Erfolg.

Hamburg verfügt über einige überregional bekannte Straßen: Die Reeperbahn, den Jungfernstieg und, nicht zu vergessen, die Waitzstraße. Die verkehrsberuhigte Zone im wohlhabenden Stadtteil Groß Flottbek ist berühmt für ihre sogenannten Schaufensterunfälle.

Immer wieder krachen Autos in die umliegenden Ladengeschäfte. Zuletzt am Dienstag: Eine 73-Jährige verlor die Kontrolle über ihren Mini Cooper und fuhr in das Fenster einer Bankfiliale. "Wir führen keine Statistiken. Aber etwa 25 Unfälle werden es in den letzten 20 Jahren gewesen sein", sagt Mike Schlink, Pressesprecher des zuständigen Bezirksamtes Altona, t-online.

Senioren als Unfallfahrer

Bei den Unfällen handle es sich "um individuelles Fehlverhalten der Fahrzeugführer", so der Bezirk in einer Pressemitteilung. Grund für die Häufung sei mutmaßlich "die örtliche Klientel". Oder konkreter ausgedrückt: Das hohe Alter dieser Klientel.

Schlink zufolge waren alle Unfallfahrer "betagter". Vor allem die örtliche Dichte an Arztpraxen locke viele Senioren in die Waitzstraße. Ohnehin ist die Zahl der Rentner in Groß Flottbek und dem an die Einkaufsstraße angrenzenden Othmarschen überdurchschnittlich hoch: Rund 21 Prozent der hiesigen Anwohner sind 65 Jahre oder älter.

"Da gehen wir nicht mehr hin"

Die Schaufensterunfälle passieren stets beim Ein- und Ausparken: Die Senioren halten nicht in den Parklücken, sondern fahren über den Gehweg und in die Auslagen der Geschäfte. "Sie verwechseln Gas und Bremse", erklärt Schlink. Erstaunlich: Sachschäden hat es zwar zuhauf gegeben, ernsthaft Verletzte jedoch bisher nicht. Trotzdem haben Anwohner und Ladenbesitzer Angst. Um die Geschäfte und ihr Leben.

"Kunden sagen scherzhaft: 'Da gehen wir nicht mehr hin, das ist zu gefährlich'", berichtet Dirk Hübenbecker. Er betreibt seit 25 Jahren eine Fleischerei in der Waitzstraße und ist stellvertretender Vorsitzender der Interessengemeinschaft Waitzstraße. Der Verein organisiert Feste und vertritt seine Mitgliedsunternehmen bei Verhandlungen mit Grundeigentümern oder dem Bezirk.

150.000 Euro für nutzlose Poller?

Hübenbecker hat Glück. Ihm ist bisher noch kein Auto ins Fenster gerast: "Wir sind auf der Seite der Überlebenden", sagt er. Ob das so bleibt, ist unklar. "Eigentlich sind so zwei bis drei Unfälle pro Jahr schon Standard", so Hübenbecker. Dabei hat der Bezirk Altona bereits im Jahr 2016 Betonbänke und -stopper auf den Bürgersteigen installiert. Die hatten dem Aufprall jedoch oft nicht standhalten können. "In den letzten fünf Jahren hat es hier mindestens zwölf Mal gekracht", erinnert sich Hübenbecker.

Im vergangenen November wurde die Waitzstraße abermals umgebaut: Seitdem trennen 60 Stahlpoller, eingelassen in ein 600 Kilogramm schweres Fundament, die Parkplätze vom Gehweg. Die Pfosten könnten "Anfahrunfälle von Fahrzeugen mit bis zu zwei Tonnen Gewicht" verhindern, so der Pressesprecher des Bezirksamt Altona. Ein Mini Cooper, wie ihn die letzte Unfallfahrerin fuhr, wiegt gerade mal 1,4 Tonnen. Eigentlich ein Leichtes für die 150.000 Euro teuren Sicherheitspoller – wäre die Seniorin nur nicht zwischen ihnen hindurchgefahren.

Lieber Kundenautos im Schaufenster als gar keine Kunden

Und nun? Trotz des erneuten Schaufensterunfalls sind erst mal keine neuen Schritte geplant: "Weitergehende Maßnahmen wie das Ausweisen einer Fußgängerzone liegt im Ermessen und der Entscheidung der Bezirkspolitik", sagt Schlink.

Die Waitzstraße als Füßgängerzone – für Hübenbecker wäre das eine Horrorvorstellung: "Das wäre unser Tod. Wenn die Kunden nirgends Platz zum Parken haben, kommen sie nicht mehr hierhin." Und so lautet in der beschaulichen Einkaufsmeile das Credo wohl vorerst: Lieber Kunden mitsamt Auto im Schaufenster als gar keine Kunden.

Verwendete Quellen
  • Material der dpa
  • Gespräch mit Dirk Hübenbecker, stellvertretender Vorsitzender der Interessengemeinschaft Waitzstraße
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