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Hamburg, München, Berlin: Metropolen feiern Corona-Öffnungen – es hagelt auch Kritik


Hamburg, Berlin oder München
Metropolen feiern Corona-Öffnungen – es hagelt auch Kritik

K. Rudolph, P. Mayer, M. Paede, Loelke, S. Först

Aktualisiert am 22.05.2021Lesedauer: 5 Min.
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Ausgelassene Stimmung: Zahlreiche Berliner genossen ihre wiedererlangten Freiheiten – nicht immer unter Einhaltung der noch geltenden Regeln. (Quelle: t-online)

Es ist wieder soweit: Das normale Leben kehrt langsam aber sicher nach Deutschland zurück. Ganz besonders in den Metropolen ist die positive Stimmung deutlich zu spüren. Doch an den neuen Lockerungen gibt es auch Kritik.

Berlin, Hamburg oder München: Die Gastronomie darf nach einem monatelangen Lockdown wieder Gäste in den Außenbereichen empfangen. Denn das Infektionsgeschehen lässt nach: Deutschlandweit betrug die Inzidenz am Samstag nur noch 66,8 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche.

Am Freitag und am Samstag war die gute Laune der Städter deutlich zu spüren. In Scharen strömten sie durch die Straßen der Metropolen. Restaurants und Bars waren häufig ausgebucht.

Berliner sind überglücklich über die Freiheit

In Berlin, dem Anlaufpunkt für ein geselliges (Nacht-)Leben, waren unter anderem die Bezirke Mitte, Prenzlauer Berg, Kreuzberg und Friedrichshain bis spät abends gut besucht. Die Sieben-Tage-Inzidenz in der Hauptstadt lag am Samstag nur noch bei 56,1. Im Weinbergspark in Prenzlauer Berg kamen am Freitagabend schon Urlaubsgefühle auf. Hier wurde zu lateinamerikanischer Musik Standard getanzt. Umliegende Restaurants waren vollbesetzt.

Die ausgelassene Stimmung trug auch dazu bei, dass an mancher Stelle Abstandsregeln nicht mehr vollständig beachtet wurden. So zum Beispiel auf der beliebten Admiralsbrücke in Kreuzberg am Landwehrkanal. 300 bis 400 Leute saßen hier in Gruppen beisammen. Die Musik einer Band wurde später von der Polizei unterbunden. Es sollten nicht noch mehr Leute angelockt werden.

Und auch auf dem Tempelhofer Feld versammelten sich rund 300 junge Menschen um eine Musikbox und tanzten ausgelassen. Als die Parkaufsicht anfuhr, löste sich die Feier gegen 22 Uhr von alleine auf.

Im Restaurant "Freischwimmer" arbeitet Nari. Einige Leute musste sie wegschicken. Auch, weil sie weniger Tische haben als früher, um den Mindestabstand einzuhalten. Sie äußerte Kritik an dem immensen Kontrollaufwand bezüglich Testpflicht oder Abstandsregeln. Die ganze Reportage über das zum Leben erwachte Berlin lesen Sie hier. Oben im Video können Sie sich selbst noch einen Eindruck von Deutschlands Hauptstadt und der ausgelassenen Stimmung machen.

Der Berliner Kultwirt Jürgen Villwock erzählt, warum die Lockerungen in der Gastronomie gar nicht so locker sind und äußert deutliche Kritik.

Video | Kultwirt klagt im Video an: "Dann kann ich auch schließen"
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Quelle: t-online

Gastronom Christian Khalaf vom Biergarten Schoenbrunn im Berliner Volkspark Friedrichshain zeigte sich am Samstagnachmittag ebenfalls mit gemischten Gefühlen: Nach gerade einmal drei Stunden wurde der Biergarten um kurz nach 16 Uhr aufgrund des schlechten Wetters schon wieder geschlossen.

Khalaf sagte: "Wir haben uns sehr auf die Wiedereröffnung gefreut und nehmen alle Regeln ernst, aber der Aufwand für das Ganze und auch die Kontrollen sind immens und das Wetter macht es uns leider auch gerade nicht leicht." Khalaf weiter: "Wenn wir nicht unseren To-Go-Grillstand und unseren Kiosk hätten, wäre es schwer, uns über Wasser zu halten". Auch wenn ein beachtlicher Teil der Sommersaison schon "gelaufen" sei, wie der gelernte Koch sagte, möchte er den Optimismus nicht verlieren.

Skepsis bei Hamburger Gastronomen

Nieselregen, zehn Grad und eine steife Brise: Am Pfingstsamstag präsentierte sich auch Hamburg von seiner ungemütlichen Seite. Dennoch: Gastronomen und Barbetreiber stellten nach Monaten auch hier endlich wieder ihre Tische und Stühle in den Außenbereichen auf. Seit November waren die Lokalitäten geschlossen.

Im Szene- und Gastroviertel Sternschanze herrschte reges Treiben. Gut drei Viertel der Lokalbetreiber haben ihre Tische nach draußen getragen. Besonders begehrt: Überdachte Sitzplätze. Die Hamburger Studentinnen Tina und Lea haben es sich unter einem Schirm gemütlich gemacht. "Es fühlt sich nach Freiheit an, ist aber auch ein wenig seltsam. Wir müssen uns erstmal daran gewöhnen, dass sowas wieder möglich ist," sagt Tina.

Auch für Inga Frost, Mitarbeiterin in einem Restaurant in der Susannenstraße, ist die Situation nach sieben Monaten Lockdown noch ungewohnt: "Ich muss mich noch ein wenig orientieren, das war ja alles recht spontan." Das Schönste für sie am Öffnungstag: "Ich habe es so genossen, die Terrasse sauber zu machen. Diesen Dreck der letzten Monate wegfegen zu können – das hatte etwas metaphorisches."

María Elena Witt de Haack, Inhaberin eines Cafés am Pferdemarkt, ist weniger euphorisch. Sie freut sich, dass in der Schanze wieder mehr Leben herrscht, ist aber unsicher, ob die Öffnung der Außengastronomie für sie rentabel ist. "An den wenigen Tischen sitzen die Gleichen wie vor eineinhalb Stunden. Die Menschen möchten länger bleiben und das genießen. Ich verstehe das, aber das bringt mir kein Geld".

Die Sieben-Tage-Inzidenz lag in der Hansestadt am Samstag bei 40,8. Maximal fünf Personen aus zwei Haushalten dürfen an einem Tisch sitzen. Negative Corona-Tests oder Terminvereinbarungen sind hier nicht vorgeschrieben, solange die Sieben-Tage-Corona-Inzidenz in der Stadt unter 50 bleibt.

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Eigentlich war die Öffnung erst für Juni geplant. Spontan dürfen die Gaststätten nun doch schon eher öffnen. Aber nicht alle schafften es, sich in der kurzen Zeit zu organisieren und öffnen daher erst später.

Kritik an den strengen Regeln in München

Mitten im szenigen Münchner Glockenbachviertel liegt seit 1984 die "Taverne Anti". Während seiner Münchner Jahre zählte auch Freddie Mercury (Queen) zu den Gästen, und bis kurz vor der Corona-Krise feierte das halbe Viertel bei Wirt Themis. Über ein halbes Jahr war das Lokal bis auf Essen to go zu, Anfang Mai traten Lockerungen in Kraft. Die Inzidenz lag hier am Samstag bei 40,8. Lesen Sie hier, was in München seit Freitag gilt.

"Wir sind froh, endlich wieder arbeiten zu dürfen, wenn auch nur bedingt", sagt Junior-Chef Vagelis Padasis t-online: "Obwohl das Wetter uns das Leben nicht gerade leicht macht, sieht man es den Leuten an, dass sechs Monate viel zu lange waren."

Die Corona-Regeln der Bayerischen Staatsregierung – bis 22 Uhr, nur draußen, negativer und beglaubigter Corona-Test – machen ihm zu schaffen. "Vieles davon ergibt keinen wirklichen Sinn", sagt Padasis und kann "nicht nachvollziehen", warum die Gastronomie nicht innen öffnen darf, obwohl die Sieben-Tage-Inzidenz in München bis unter die 50er-Grenze gesunken ist. "Die Gastronomie hat so ein sorgfältiges Hygienekonzept entwickelt", erzählt er und fragt: "Warum dürfen wir vollständig geimpfte Personen nicht innen bedienen?"

In der Maxvorstadt betreibt Michael Jachan mit Kumpel Holger Britzius das "Obacht". Schweinsbraten und Brotzeitbrettl zum fairen Preis, sie seien ein "Stadtteilwirtshaus", erklären die Beiden: "Für die Nachbarn." Immerhin können sie hier wieder draußen ausschenken, während ihre Fußball-Kneipe "Stadion an der Schleißheimer Straße" mangels Terrasse zu ist.

Dass Ministerpräsident Markus Söder (CSU) mit Blick auf die Innengastronomie "wir reden am 10. Juni darüber" gesagt habe, sei "eine Frechheit", meint Jachan. "Monatelang ging es nur um die Inzidenz und plötzlich soll diese Zahl nicht mehr maßgeblich sein?" In Verbindung mit Tests sei ein Besuch im Wirtshaus sicherer als jeder Arbeitsplatz, sagt er: "Es geht hier immer noch um die Einschränkung unserer Grundrechte." Da dürfe man mehr erwarten als einen lapidaren Satz. Unter den bisherigen Lockerungen sei es schwer, wirtschaftlich profitabel zu arbeiten, erzählt Jachan und fragt: "Wie sollen wir beispielsweise kontrollieren, wer ein Paar ist?"

Diese Kritik hört man über Ländergrenzen hinweg: Ob München im Süden, Berlin im Osten oder Hamburg im Norden. Die strengen Corona-Regeln schränken die Gastronomen noch immer stark ein – und das, obwohl sie seit Monaten mit ihrem Geschäft viel weniger als unter normalen Umständen verdienen konnten. Sie alle machen sich noch immer Sorgen. Nicht alle können jede Regel nachvollziehen. Und bis alles wieder beim Alten ist, wird es wohl noch eine Weile dauern.

Verwendete Quellen
  • Gespräche mit Gastwirten und Gästen in Berlin und München
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
  • Eigene Recherche
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