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Hamburg: Weshalb Aktivisten gegen LNG-Terminals aufbegehren


Erste Standorte geplant
Weshalb Aktivisten gegen LNG-Terminals aufbegehren


09.04.2022Lesedauer: 4 Min.
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Proteste in Brunsbüttel gegen den Bau eines LNG-Terminals: Im ChemCoast Park soll eines der ersten Flüssiggas-Terminals in Deutschland entstehen.Vergrößern des Bildes
Proteste in Brunsbüttel gegen den Bau eines LNG-Terminals: Im ChemCoast Park soll eines der ersten Flüssiggas-Terminals in Deutschland entstehen. (Quelle: Tim Wagner/imago-images-bilder)

Zwei geplante Flüssiggas-Terminals bei Hamburg sollen Deutschland dabei helfen, unabhängiger von russischen Rohstoffen zu werden. Schon vor Baustart gibt es massiven Protest.

Im Großraum Hamburg sollen in den nächsten Jahren zwei Flüssiggas-Terminals entstehen. Es wären die ersten überhaupt in Deutschland. Doch nicht nur an den geplanten Standorten im Norden regt sich Widerstand gegen Gas als Brückentechnologie hin zu erneuerbaren Energien.

Am Freitagmorgen protestieren rund 30 Klimaaktivisten vor einem Hotel in Hamburg-St. Pauli. Hier findet eine Veranstaltung zu "LNG & Future Fuels" statt, organisiert von einem maritimen Fachmedium. Auf den Transparenten der Aktivisten vor dem Hotel steht unter anderem: "Klimakrise stoppen: Gasimporte verhindern" und "Clean Gas? Dirty Lie!"

Erdgas soll bei der Umstellung auf erneuerbare Energien helfen

Erdgas spielt in Deutschland nach wie vor eine wichtige Rolle bei der Erzeugung von Wärme sowie in der Chemieindustrie, bei der Stromerzeugung und der Speicherung von Energie. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) betont, Erdgas werde auch in den nächsten Jahrzehnten einen wesentlichen Beitrag zur Energieversorgung leisten. Erdgaskraftwerke gelten als flexibel und können so beim Ausgleich von Stromschwankungen aus erneuerbaren Energiequellen helfen.

Erdgas ist laut BMWK im Vergleich zu anderen fossilen Energieträgern klimafreundlicher, da der Einsatz mit geringeren CO2-Emissionen einhergeht. Nur knapp fünf Prozent des deutschen Erdgasaufkommens stammen aus inländischer Förderung, 95 Prozent aus Importen (Zahlen aus 2018). Die wichtigsten Importländer sind Russland, Norwegen und die Niederlande.

LNG-Hoffnung: Weniger Abhängigkeit von russischem Gas

Gerade die Abhängigkeit von Erdgas aus Russland bringt LNG (Liquefied Natural Gas) in den letzten Wochen vermehrt ins Gespräch. "Wir müssen unsere Abhängigkeit von russischen Energieimporten verringern. Wir brauchen eine beschleunigte Energiewende und einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien", erklärte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck im März bei einem Besuch in Schleswig-Holstein. "Gleichzeitig brauchen wir für den Übergang Gas und hier vor allem LNG, wenn wir uns aus der russischen Abhängigkeit befreien wollen", so Habeck weiter.

Die größten LNG-Exportländer sind Katar, Australien, die USA und Russland. Neben dem Einsatz als Energieträger soll LNG auch als Treibstoff für die Schifffahrt und den Schwerlastverkehr dienen. Es kann in großen Tankschiffen um die ganze Welt transportiert werden, nimmt weniger Volumen als Erdgas ein. Um das LNG verladen, speichern und wieder in Gas umwandeln zu können, braucht es spezielle Terminals.

Nach einem Antrag der CDU/CSU-Fraktion war die LNG-Infrastruktur am Donnerstag auch Thema im Bundestag. Das Ziel des Antrags: den Bau von LNG-Terminals in Deutschland so schnell wie möglich voranbringen. Die Antwort der Regierungsparteien ist deutlich. Sie sehen die meisten Punkte des Antrags schon in Arbeit. Die Fraktionen der Linken, der SPD, der Grünen und der FDP stimmten gegen ihn, die AfD enthielt sich.

Bei Hamburg sollen Deutschlands erste LNG-Terminal entstehen

Gleich zwei LNG-Terminals sollen in den nächsten Jahren im Großraum Hamburg entstehen – die ersten in Deutschland. Die beiden Standorte in Stade und Brunsbüttel liegen an der Elbe mit Zugang zur Nordsee sowie zum Hamburger Hafen. Das geplante Terminal in Brunsbüttel liegt am Eingang des Nord-Ostsee-Kanals in direkter Nähe zum größten zusammenhängenden Industriegebiet Schleswig-Holsteins. Das geplante Terminal in Stade soll Zugang zu zwei Autobahnen und dem größten europäischen Rangierbahnhof in Maschen bekommen.

Beide Standorte befinden sich noch in der Genehmigungsphase und werden erst in den nächsten Jahren gebaut werden können. Die Betreiber rechnen mit einem Regelbetrieb ab 2026. Eine kurzfristige Lösung sollen deshalb schwimmende LNG-Terminals bringen. Aktuell prüft auch die Stadt Hamburg in Abstimmung mit dem Bundeswirtschaftsministerium, ob und wie ein solches Terminal im Hamburger Hafen möglich ist.

Aber nicht alle sind so überzeugt von Erdgas als Brückentechnologie. Die Deutsche Umwelthilfe und zahlreiche Klimaaktivisten und -aktivistinnen kritisieren den Ausbau fossiler Energieträger. Seit mehreren Jahren gibt es immer wieder Protestaktionen. So besetzten Aktivistinnen und Aktivisten im Juni 2020 den zukünftigen Bauplatz des LNG-Terminals in Brunsbüttel, um Widerstand zu demonstrieren. Ende März präsentierten sich die Mitglieder der Turboklimakampfgruppe (TKKG) mit Transparenten in Brunsbüttel. Darauf zu lesen: "LNG = Fracking und koloniale Ausbeutung".

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"Wir finden es sehr schwierig, dass in der Debatte um LNG sehr lokal gedacht wird und der Einfluss unseres Handelns an anderen Orten ausgeblendet wird", erklärt Luna von der TKKG. "Das Gas aus den USA ist zu großen Teilen Fracking-Gas aus Mexiko und Texas, wo indigene Menschen und Menschen mit niedrigem Einkommen wohnen." Fracking gilt als umweltschädliche Methode zur Förderung von Öl und Erdgas in tiefen Gesteinsschichten. In Deutschland gelten seit 2017 weitreichende Verbote dieser Technik.

Von weiteren Investitionen in fossile Energieträger halten die Klimaaktivisten nichts. Die Deutsche Umwelthilfe beschreibt LNG insgesamt als klimaschädlich, da Emissionen aus Förderung, Transport, Verflüssigung, Regasifizierung, Einspeisung in die Gasnetze und dem Verbrauch beachtet werden müssen. Der Treibhauseffekt von Methan, dem Hauptbestandteil von Erdgas, ist laut IPCC in den ersten 20 Jahren bis zu 87-mal höher als bei CO2.

Aktivistin: LNG löst nicht das Problem akuter Gasknappheit

"Selbst wenn die LNG-Projekte zeitnah umgesetzt werden, löst das keine akuten Probleme einer Gasknappheit", sagt die Aktivistin Luna. Eine Untersuchung des Marktforschungsinstituts ICIS, über die das "Handelsblatt" berichtet, unterstützt diese Einschätzung. Nach Ergebnis der Studie könnten aktuell nur 40 Prozent des europäischen Gasbedarfs über LNG gedeckt werden.

Aus Sicht der Aktivisten müsse man stattdessen auf Abstandsregeln verzichten, die den Ausbau von Windkraftanlagen verhindern, und Gasheizungen in Privathaushalten umbauen. In der Bundestagsdebatte am Donnerstag kritisierte auch Grünenpolitikerin Ingrid Nestle die sogenannte 10H-Regelung beim Bau von Windkraftanlagen. Laut Koalitionsvertrag will die Ampelregierung diese Regelungen in den nächsten Monaten verändern. An LNG als notwendige Brückentechnologie halten dennoch fast alle Bundestagsfraktionen fest.

Verwendete Quellen
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