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Streit um Nord-Stream-2-Stiftung: Sellering macht Vorschlag


Schwerin
Streit um Nord-Stream-2-Stiftung: Sellering macht Vorschlag

Von dpa
22.03.2022Lesedauer: 4 Min.
Erwin Sellering (SPD)Vergrößern des Bildes
Erwin Sellering (SPD). (Quelle: Bernd Wüstneck/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild/dpa-bilder)

Der Vorstandschef der Klimastiftung MV, Erwin Sellering (SPD), schaltet im Streit um die Auflösung der umstrittenen Stiftung "Klima- und Umweltschutz MV" argumentativ einen Gang runter und bietet einen Kompromiss an. Um ein Zeichen an den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu senden, solle das Land Mecklenburg-Vorpommern 20 Millionen Euro aus dem Haushalt für humanitäre Hilfe für die Ukraine bereitstellen - ein Betrag, der dem von Nord Stream 2 in die Klimastiftung eingebrachten Kapital entspricht, wie Sellering gegenüber der Deutschen Presse-Agentur sagte. Sellering schließt sich damit einem Vorschlag der Opposition im Landtag an. Die Parteien im Landtag begrüßen überwiegend die Initiative, ob jedoch hierdurch eine Lösung zustande kommen wird, blieb offen.

Der Landtag hatte nach der russischen Invasion entschieden, die Stiftung aufzulösen. Die Auflösung gilt rechtlich als schwierig.

Nach dem Vorschlag des ehemaligen Ministerpräsidenten soll die Stiftung zunächst weiterarbeiten, bis die rechtlichen Fragen um die vom Landesparlament beschlossene Auflösung geklärt sind. Sobald dies geschehen sei - und falls die Stiftungsgründer eine Auflösung weiterhin wünschen -, "würde ich mich dem eben nicht verschließen", so Sellering. Er würde dies jedoch im Licht der bisherigen Arbeit für den Klimaschutz bedauern.

Angesichts des Krieges sei nicht die Zeit für Parteipolitik oder Rechthaberei oder für das Beharren auf einem Standpunkt, den man einmal eingenommen habe, "dieser furchtbare, brutale Angriff Russlands auf die Ukraine hat alles verändert", Sellering. Der Politiker gab sich betont selbstkritisch. Es sei eine Illusion gewesen, dass ein partnerschaftliches Verhältnis mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin möglich ist. Diese Vorstellung hätten viele im Land gehabt, "auch ich persönlich muss erkennen, dass ich mich getäuscht habe".

Die Regierungsfraktionen SPD und Linke begrüßten in einer ersten Reaktion die Bereitschaft Sellerings, an einer Lösung mitzuarbeiten. "Es ist gut, dass es nach dem Austausch am Freitag eine Auswertung und ein Nachdenken gibt", sagte der SPD-Fraktionschef Julian Barlen. Aus Sicht seiner Linken-Kollegin Jeannine Rösler erübrigt sich eine Diskussion um die Höhe des Betrages, mit dem das Land Hilfe für Geflüchtete leiste. Die Koalitionsfraktionen hätten bereits erklärt, "alle Mittel, die zur Unterstützung und Hilfe für Geflüchtete aus der Ukraine hier in Mecklenburg-Vorpommern erforderlich sind, bereitzustellen". Barlen betonte zudem, dass der Klima- und Umweltschutz unabhängig von einer Auflösung der Stiftung weiter aus dem Landeshaushalt gefördert werde.

Ob die beiden Parteien den ursprünglich von CDU, Grünen und FDP eingebrachten Antrag - der bereits im Landtag gescheitert war - nun noch einmal in Betracht ziehen, blieb offen.

Die CDU zeigte sich erfreut über den Vorstoß des Stiftungsvorsitzenden. "Zunächst einmal ist es erfreulich, dass Herr Sellering verbal deutlich abrüstet", sagte der Fraktionsvorsitzende Franz-Robert Liskow. Sollte der Vorschlag umgesetzt und die Stiftung später rechtssicher aufgelöst werden können, sei es aus seiner Sicht möglich, dieses Geld entweder ebenfalls für humanitäre Hilfe einzusetzen oder es dem Landeshaushalt zuzuführen. Der CDU-Politiker hält es jedoch auch für denkbar, dass der Stifter Nord Stream 2 im Rahmen eines im Raum stehenden Insolvenzverfahrens Anspruch auf das Geld erhebt.

Die Grünen im Landtag blieben zunächst zurückhaltend. "Die angebliche Kehrtwende Erwin Sellerings ist aus meiner Sicht nicht glaubwürdig. Er hätte die Stiftung mit dem bestehenden Vorstand innerhalb kürzester Zeit auflösen können, das hat er nicht getan", hieß es von Fraktionssprecher Tobias Wilmes. Aus Sicht der Fraktion sei die Rechtslage zudem bereits klar: Es sei offensichtlich, dass die Stiftung das Gemeinwohl gefährde, daher könne das Justizministerium sie auflösen. Das Ministerium hatte dieser Sichtweise zuvor bereits widersprochen.

Die AfD machte hingegen deutlich, dass sie den Antrag der anderen Oppositionsparteien weiterhin ablehnt. Mit Verweis auf die Rückzahlung der knapp drei Milliarden Euro an Sondervermögen sagte Fraktionschef Nikolaus Kramer, das Land solle sich davor hüten, das Stiftungsgeld anderweitig zu verwenden, solange die Rechtslage nicht geklärt sei. "Darüber hinaus lehnen wir den Vorschlag ab, die 20 Millionen Euro für die Ukraine-Hilfe zu verwenden", das Land leiste bereits seinen Beitrag in Form der Flüchtlingsaufnahme. Sellerings Handeln wird jedoch auch von Kramer positiv eingeschätzt. "Dass Herr Sellering zurückrudert, trägt zur Versachlichung bei", hieß es.

FDP-Fraktionschef René Domke machte deutlich, dass es seiner Fraktion um rasche humanitäre Hilfe für die Menschen in der Ukraine gehe, die dem Wert der Stiftungseinlage von 20 Millionen Euro entspreche. "Wenn dies nun aus dem Landeshaushalt abgebildet werden kann und zugleich die Gazprom-Mittel für echten Klima- und Umweltschutzmaßnahmen eingesetzt werden können, ist beiden Zielen geholfen, der schnellen humanitären Hilfe als auch dem Klima und der Umwelt", erklärte Domke. Der Ball liege im Spielfeld der Landesregierung. Der Landtag habe einen klaren Beschluss gefasst. Es sei daher gut, dass sich der Stiftungsvorstand dem Anliegen nicht mehr in Gänze verschließe.

Sellering hatte gegenüber der dpa zuvor zudem der öffentlichen Wahrnehmung widersprochen, wonach es Streit zwischen dem Landtag und der Stiftung gebe: Er bedauere das sehr, am Ende wolle man doch das Gleiche. Auch Parallelen zwischen seiner Stellung im Land und der von Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) im Bund trat er entschieden entgegen.

Er sehe zwei klare Unterschiede: "Ich habe nie Geld genommen für das, für was ich mich eingesetzt habe, für ein gutes Verhältnis mit Russland", so Sellering. Und er habe sich in einem Brief an den russischen Botschafter sehr früh klar positioniert. Der politische Ziehvater von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) sieht auch keinen Konflikt mit der Landeschefin: "Ich habe sie immer unterstützt und ich werde das weiter tun. Da besteht keine Gegnerschaft."

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