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11.11. in Köln: "Manche Männer denken, es wäre alles erlaubt"


Sexualisierte Gewalt an Karneval
"Manche Männer denken, es wäre alles erlaubt"


Aktualisiert am 09.11.2023Lesedauer: 3 Min.
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Jecken beim Karneval in der Kölner Innenstadt (Archivbild): Sexualisierte Gewalt ist in der 5. Jahreszeit ein großes Problem.Vergrößern des Bildes
Jecken beim Karneval in der Kölner Innenstadt (Archivbild): Sexualisierte Gewalt ist in der 5. Jahreszeit ein großes Problem. (Quelle: imago stock&people/imago-images-bilder)

Sexuelle Belästigungen und Übergriffe sind an Karneval leider keine Seltenheit. Die Kampagne "Edelgard" unterstützt betroffene Frauen und Mädchen.

Neben dem Schunkeln und dem Bützen gehören für viele Jecken auch das Kölsch und andere Spirituosen zu Karneval. Das sorgt mitunter für aggressive Stimmung und körperliche Auseinandersetzung. Der Alkoholkonsum und die Ausgelassenheit bringen jedoch noch eine andere Schattenseite mit sich: sexualisierte Gewalt.

Nach dem 11.11. im letzten Jahr gab die Polizei an, es sei zu 15 angezeigten Straftaten aus dem Bereich der Sexualdelikte gekommen. Eine Zahl, die nicht nur den bisherigen Höchststand im Jahr 2018 erreichte, sondern wohl auch über das wirkliche Ausmaß des Problems hinwegtäuscht.

Laut Irmgard Kopetzky vom Vorstand des Vereins Frauen gegen Gewalt e.V. sei das nämlich nur "die Spitze des Eisbergs", wie sie im Gespräch mit t-online erklärt. "Bei den Sexualverbrechen ist die Dunkelziffer enorm hoch", so die Diplom-Sozialpädagogin. "Die wirklichen Fallzahlen liegen in diesem Bereich generell zehn bis 20 Mal höher als die Zahl der angezeigten Straftaten."

Das "Edelgard-Mobil" ist in der Stadt im Einsatz

Kopetzky und ihre Kolleginnen helfen und unterstützen betroffene Frauen und Mädchen, die Opfer von Sexualdelikten geworden sind. Zusammen mit anderen Vereinen haben sie dafür die "Kölner Initiative gegen sexualisierte Gewalt" und die Kampagne "Edelgard" ins Leben gerufen. Das "Edelgard-Mobil" etwa ist auch an den Karnevalstagen in Köln unterwegs, dient als Informationsstelle und betroffenen Frauen als Anlaufpunkt.

Nach Großveranstaltungen wie Karneval sei der Bedarf an Beratung und der Vermittlung von weiteren Hilfsangeboten deutlich höher als sonst, erklärt Kopetzky. "Da das Bewusstsein dafür in den letzten Jahren gestiegen ist, werden mehr sexuelle Belästigungen angezeigt." Gerade Opfer von Übergriffen aber würden sich häufig noch immer nicht trauen, Delikte zur Anzeige zu bringen.

Das liege laut Kopetzky zum Beispiel daran, dass viele sich selbst eine Mitschuld an dem gäben, was ihnen passiert ist. "Besonders dann, wenn sie vorher getrunken haben", erklärt die Sozialpädagogin. "Dann ist schnell der Gedanke da: Mir glaubt doch eh keiner." Es muss jedoch nicht immer zum Äußersten kommen: anzügliche Sprüche hier, Grapscher an Brust und Po da. Für viele Frauen sei das im Karneval allgegenwärtig: "Da muss noch mehr Bewusstsein dafür geschaffen werden, dass das auch an Karneval nicht in Ordnung ist. Dass es auch beim Feiern Grenzen gibt", sagt Kopetzky.

Übergriffe auch in Freundeskreisen

Das Bewusstsein dafür würde bei den Frauen, Mädchen und auch vielen Männern zwar steigen. Dennoch gebe es auch Männer, für die ein solches Verhalten ganz normal sei. "Das kriegen wir dann auch mit, wenn wir im Einsatz sind. Dann sagen Männer – meistens alkoholisiert – Dinge wie: Das ist an Karneval halt so, da sollen sich die Frauen mal nicht so haben." Schließlich, so Kopetzky, kämen manche Männer sogar deswegen nach Köln: "Weil sie denken, an Karneval wäre alles erlaubt."

Bei den Tätern handle es sich aber nicht immer um Fremde. Zu vielen Übergriffen komme es auch im näheren Umfeld, im Freundeskreis und auf privaten Feiern. "Wenn Alkohol im Spiel ist, werden Situationen wie an Karneval auch in Freundesgruppen ausgenutzt", sagt die Sozialpädagogin. "Oder von Männern, die man gerade erst auf einer Party kennengelernt hat."

"Ein 'Nein' ist auch an Karneval ein 'Nein'"

Ein großes Problem stellen an Karneval auch sogenannte K.-o.-Tropfen dar. Dabei handelt es sich um Substanzen, die in Getränke gemischt werden, um das Opfer wehr- und orientierungslos zu machen. Die Verabreichung dieser Drogen lässt sich aber nicht immer nachweisen – sie verflüchtigen sich oftmals schon nach acht oder zwölf Stunden. Deshalb, so Kopetzky, sei es nach einem Übergriff mit K.-o.-Tropfen wichtig, alle Spuren so schnell wie möglich sichern zu lassen. Auch dann, wenn man nicht direkt eine Anzeige erstatten will.

Das geht zum Beispiel über eine anonyme Spurensicherung. Ansonsten sei es wichtig, an den Karnevalstagen – wie auch sonst – aufeinander zu achten. "Gerade Frauen sollten nicht alleine unterwegs sein, sondern besser mit Freundinnen", erklärt Irmgard Kopetzy. "Man sollte seine Freundin auch nicht alleine mit Männern losziehen lassen, die sie gerade erst kennengelernt hat." Und für die Männer gilt: "Es ist auch beim Feiern nicht alles erlaubt. Auch an Karneval gibt es Grenzen, und ein 'Nein' ist auch dann immer noch ein 'Nein'."

Hier finden Betroffene Hilfe an den Karnevalstagen

Am 11.11. wird das "Edelgard-Mobil" im Kölner Stadtgebiet unterwegs sein, Mitarbeiter sind aber auch zu Fuß an den Hotspots vor Ort. Außerdem findet sich auf der Website der Kampagne eine Karte, auf der Anlaufstellen für Betroffene eingetragen sind, die auch außerhalb der Karnevalstage zur Verfügung stehen. Auch Mitarbeiter der städtischen Rettungs- und Ordnungsdienste können angesprochen werden und sind mit dem Projekt vertraut. Die erste Kontaktaufnahme sollte im Zweifelsfall jedoch über die folgende Telefonnummer erfolgen: 0221 / 221-27777.

Verwendete Quellen
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