t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



Menü Icon
t-online - Nachrichten für Deutschland
HomeRegionalKöln

Aus für Kölner Sitzungskarneval: "Situation ist demoralisierend"


Aus für Sitzungskarneval
Ensemble-Mitglied: "Die Situation ist demoralisierend"

InterviewVon Carlotta Cornelius

Aktualisiert am 17.12.2021Lesedauer: 3 Min.
Interview
Unsere Interview-Regel

Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.
Winni Rau spielt als Teil der Besetzung von "Köbes Underground" bei einer Stunksitzung Akkordeon: "Für uns kam diese Entscheidung aus dem Nichts."Vergrößern des Bildes
Winni Rau spielt als Teil der Besetzung von "Köbes Underground" bei einer Stunksitzung Akkordeon: "Für uns kam diese Entscheidung aus dem Nichts." (Quelle: Stunksitzung)

Am Dienstag verkündete NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst das Aus für traditionelle Karnevalssitzungen und Partys. Eine Vorwarnung gab es nicht, sagt Winni Rau, langjähriges Ensemble-Mitglied der Kölner Stunksitzung.

Seit Ausbruch der Corona-Pandemie steht kaum ein beruflicher Sektor auf so wackligen Beinen, wie die Kulturbranche. Veranstaltungsabsagen und geringe Planungssicherheit machen Veranstaltern zu schaffen.

Das Aus für den Sitzungskarneval, das NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) in Absprache mit den rheinischen Karnevalsverbänden am Dienstag verkündete, trifft Kölner Kulturschaffende besonders hart. Winni Rau, langjähriges Ensemble-Mitglied und Pressesprecher der beliebten Kölner Stunksitzung, ärgert sich im Gespräch mit t-online über schlechte Kommunikation vonseiten der Politik.

t-online: Herr Rau, am Dienstag wurde das Aus für den diesjährigen Sitzungskarneval verkündet. Zwei Tage vor der geplanten Premiere der Stunksitzung. Eine Absage mit Ansage?

Winni Rau: Für uns kam diese Entscheidung aus dem Nichts. Es gab vorher keine Absprachen, keine Kommunikation. Rein rechtlich unterliegen wir der normalen Corona-Schutzverordnung und hätten die Sitzung machen können. Allerdings ist die Verunsicherung beim Publikum so groß – da kann man nicht zwei Tage nach der Meldung eine komplette Show mit über tausend Gästen machen.

Sie haben gleich ein Treffen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Was ist der aktuelle Stand der Dinge?

Wir haben Karten zurückgekauft und alle Shows bis zum 9. Januar abgesagt. Die erste Show soll dann am 14. Januar stattfinden. Wir prüfen jetzt, ob das mit geringerer Bestuhlung und einem anderen Sitzungscharakter möglich ist. Mitsing-Nummern und alles, wobei man schunkelt, hatten wir im Programm schon gar nicht mit eingeplant. [Im Nachgang des Interviews verkündete die Stunksitzung am 27. Dezember die Absage der kompletten Session, Anm. d. Red.]

Was bedeutet die Absage finanziell für Sie?

Finanziell gesehen kam die Absage für uns zum schlimmsten Zeitpunkt. Wir haben dieses Jahr sehr vorsichtig mit der Planung begonnen, alles gemacht, was man ohne Geld umsetzen kann. Aber irgendwann kam der Punkt, wo wir uns entscheiden mussten: Entweder wir starten jetzt oder wir machen's nicht. Die Produktion ist komplett bezahlt, wir haben Autoren engagiert, Kostümbildner, Schauspieler … die Techniker haben seit über einem Jahr keine Aufträge mehr. Die haben sich mit uns auf vierzig Shows eingestellt, für die sie regelmäßig ihre Rechnungen schreiben können. Es gibt zwar Hilfsprogramme, aber wie viel man tatsächlich kriegt, weiß man immer erst am Ende.

Glauben Sie, eine Absage der Feiern am 11.11. hätte den Sitzungskarneval retten können?

Nein, laut dem Gesundheitsamt hat der 11.11. die Inzidenz ja nicht maßgeblich beeinflusst. Auch, wenn man bei dem aktuellen Zahlenchaos nicht weiß, was man glauben soll [aufgrund von Überlastung meldete das Kölner Gesundheitsamt zuletzt falsche Zahlen, Anm. d. Red.]. Und es wäre ja auch Quatsch gewesen, den Straßenkarneval abzusagen und dann hätten alle drinnen gefeiert.

Die "Lachende Kölnarena" soll im Januar mit 5.000 Leuten je Show wie geplant stattfinden. Wie stehen Sie dazu?

Ich will das gar nicht bewerten. Natürlich habe ich auch zwiespältige Gedanken dazu. Aber der Veranstalter macht nur das, was gesetzlich vorgegeben ist. Das ist sein gutes Recht. Wenn die Politik der Meinung ist, dass eine Show vor 5.000 Leuten zu gefährlich ist, dann müssen sie das verbieten und Hilfsprogramme organisieren.

Viele haben für diese Art von Veranstaltung derzeit wenig Verständnis.

Das ist der Zwiespalt: Rein rechtlich dürfen die Shows stattfinden. Was Wüst verkündet hat, ist eine freiwillige Absprache der Karnevalsverbände mit dem Land NRW. Aber der moralische Schwarze Peter wird auf uns Kulturschaffende abgewälzt. Die mangelnde Klarheit der Regeln, die uns die Politik auferlegt, ist wirklich frustrierend.

Hätten Sie sich vonseiten der Politik eine bessere Kommunikation gewünscht?

Anfang bis Mitte Oktober hieß es von der Politik, dass Veranstaltungen im Winter mit Geimpften zu schaffen sind. Beim Vorverkauf waren 50.000 Karten für unsere Shows sofort weg. Im letzten Jahr, wo der Tenor ein anderer war, waren die Leute vorsichtiger. Für die freie Kulturszene ist das eine demoralisierende Situation.

Wie geht es jetzt weiter? Gibt es Ideen, um die Zeit bis zum Sitzungsbeginn im Januar zu überbrücken? Der Rosenmontagszug im vorigen Jahr fand ja auch online statt.

Nein, derzeit ist dazu noch nichts geplant.

Herr Rau, vielen Dank für das Gespräch!

Anmerkung der Redaktion: Köln hat laut Feststellung des RKI vom 6. Dezember an drei aufeinanderfolgenden Tagen den Inzidenzwert von 350 überschritten. Deshalb gelten ab dem 7. Dezember strengere Kontaktbeschränkungen. Das Interview mit Winni Rau wurde vor dieser Änderung geführt.

Verwendete Quellen
  • Persönliches Gespräch mit Winni Rau via Telefon
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website