t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomeRegionalMünchen

Zugunglück bei München: Fahrer soll Sicherheitsvorschriften missachtet haben


Bericht zum S-Bahn-Unfall bei Schäftlarn
Fahrer soll gegen Vorschriften verstoßen haben

Von t-online, wan

Aktualisiert am 23.06.2022Lesedauer: 3 Min.
Die aufeinander geprallten S-Bahnen an der Unfallstelle in der Nähe des Bahnhofes Ebenhausen-Schäftlarn.Vergrößern des BildesDie aufeinandergeprallten S-Bahnen an der Unfallstelle in der Nähe des Bahnhofes Ebenhausen-Schäftlarn (Archivbild): Jetzt ist ein Zwischenbericht veröffentlicht worden. (Quelle: Matthias Balk/dpa)
Auf Facebook teilenAuf x.com teilenAuf Pinterest teilen
Auf WhatsApp teilen

Bei dem Unglück nahe München starb ein Mensch, 57 Personen wurden verletzt. Ein Untersuchungsbericht legt nahe: Ein Lokführer hat offenbar Vorschriften nicht befolgt.

Die Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchung hat einen ersten Zwischenbericht zu einem S-Bahnunglück vor vier Monaten bei München vorgelegt. Demnach wurden von einem der Lokführer Sicherheitsvorschriften und Warnsignale missachtet. Im Februar waren auf der eingleisigen Strecke unweit der bayerischen Landeshauptstadt zwei S-Bahnen kollidiert, ein Mensch starb, 57 Personen wurden teils schwer verletzt.

In dem Bericht heißt es, dass der Zug S 6785 nach der Ausfahrt vom Bahnhof Ebenhausen-Schäftlarn an einem Haltesignal vorbeigefahren sei. Eine daraufhin automatisch ausgelöste Notbremsung sei vom Lokführer aufgelöst worden. Er "setzte die Fahrt nach kurzer Standzeit in Richtung des eingleisigen Streckenabschnittes nach Baierbrunn fort, ohne vorher den zuständigen Fahrdienstleiter (Fdl) über Zugfunk verständigt zu haben", ist in dem Bericht zu lesen.

Planmäßig sei laut Bericht die Zugkreuzung der beiden Züge im Bahnhof Icking vorgesehen gewesen. Weil dort ein Bahnübergang gestört war, hatte die S-Bahn aus Baierbrunn etwa 10 Minuten Verspätung. Deshalb wurde die Zugkreuzung nach Ebenhausen-Schäftlarn verlegt.

Zwangsbremsung ausgelöst

Zur gleichen Zeit hatte sich ersten Ermittlungen zufolge die S-Bahn aus Baierbrunn genähert. Kurz bevor er ein Einfahrsignal erreichte, wurde wegen des anderen Zuges ein sogenannter Signalhaltfall ausgelöst. Der Lokführer des S 6776 habe diesen erkannt und eine Schnellbremsung ausgelöst. Gleichzeitig sei auch eine Zwangsbremsung erfolgt.

Um 16.35 Uhr sei dann die aus Ebenhausen-Schäftlarn kommende Bahn mit etwa 57 km/h auf den stehenden Zug aufgefahren. Der Bericht verweist auf eine Fahrtenregistrierung, nach der der S 6785 bereits vor der Einfahrt in den Bahnhof eine Zwangsbremsung wegen zu hoher Geschwindigkeit erhalten habe. "Der Tf (Triebfahrzeugführer, Anm. d. Red.) löste auch dort die Zwangsbremsung durch Betätigung der Freitaste aus und setzte seine Fahrt nach einer kurzen Standzeit ohne Verständigung des Fdl (Fahrdienstleiter, Anm. d. Red.) fort", heißt es im Zwischenbericht.

Keine Verständigung mit Fahrdienstleiter

In beiden Fällen habe das Zugsicherungssystem funktioniert und den Zug zum Halten gebracht. Allerdings sei die vorgeschriebene Verständigung zwischen dem Triebfahrzeugführer und dem Fahrdienstleiter ausgeblieben. Im Rahmen dieser – so der Bericht – hätte die unzulässige Vorbeifahrt festgestellt werden müssen.

Im August 2014 hatte es einen ähnlichen Vorfall gegeben: Damals kollidierten ein Güterzug und ein Personenzug im Bahnhof Mannheim – vier Personen wurden schwer und mehrere leicht verletzt. Im Zuge der Untersuchung seien 2015 Sicherheitsempfehlungen ausgesprochen worden. Diese hätten unter anderem zum Inhalt gehabt, die Kenntnis der Mitarbeiter im Umgang mit Zwangsbremsungen "kontinuierlich zu stärken."

Diese Kompetenz hatte offenbar ein Bahnmitarbeiter, als 2022 in Hanau eine Kollision vermieden wurde. Er setzte einen sofortigen Nothaltauftrag ab, nachdem ein Zug an einem Haltesignal vorbeigefahren war.

Bislang noch keine Anklage

Im Falle der Kollision bei München sieht der Bericht die Ursache im Verhalten des Lokführers. "Nach dem Erkenntnisstand zum Zeitpunkt der Berichtserstellung war ein Arbeitsfehler des Triebfahrzeugführers (Tf) des Zuges S 6785 primär ursächlich für den Eintritt der Zugkollision in Ebenhausen-Schäflarn." Er habe die betrieblichen Regeln nicht beachtet und "die Fahrt unzulässig" fortgesetzt.

Die Bundesstelle regt an, die Abläufe zu verbessern. "Um das Bewusstsein der Mitarbeiter im Bahnbetrieb für die verantwortungsvolle Aufgabe in Bezug auf das regelgerechte Abarbeiten einer PZB-Zwangsbremsung hinreichend zu stärken, wird empfohlen, im Sicherheitsmanagementsystem der Eisenbahnen Prozesse zu entwickeln bzw. zu verbessern, mit denen sich die Wirksamkeit der Einhaltung der Regeln nach Eintreten einer PZB-Zwangsbremsung effektiv überprüfen lassen." Angestellte sollten auch besser auf solche Ereignisse vorbereitet werden.

Loading...
Symbolbild für eingebettete Inhalte

Embed

Die Staatsanwaltschaft München hatte Anfang Juni erklärt, dass Ermittlungen gegen einen der Lokführer laufen. Zu diesem Zeitpunkt war aber noch nicht klar, ob es zu einer Anklage komme. Man habe ein Gutachten in Auftrag gegeben, das aber noch nicht vorliege. Die Untersuchung der Bahn ist davon unabhängig – sie basiert auf der Eisenbahn-Unfalluntersuchungsverordnung, die Zwischenberichte vorschreibt.

Der "Spiegel" zitierte am Mittwoch einen Sprecher der Bahn, dass die Ermittlungshoheit bei den Strafverfolgungsbehörden liege und man einem Ermittlungsergebnis nicht vorgreifen wolle. Eine Behördensprecherin bestätigte dem "Spiegel", dass im Zusammenhang mit dem Unfall gegen einen Beschuldigten wegen des Anfangsverdachts der fahrlässigen Tötung, fahrlässigen Körperverletzung und der Gefährdung des Bahnverkehrs ermittelt werde.

Verwendete Quellen
  • Zwischenbericht der Bundesstelle für Eisenbahnuntersuchung
  • Nachrichtenagentur dpa
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website