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Kanzler Olaf Scholz macht Urlaub im Allgäu: Doch dort "ist alles tot"


"In Nesselwang ist alles tot"
Kanzler Scholz urlaubt im Allgäu – dort ist das allen recht egal

Von Christof Paulus

Aktualisiert am 22.07.2022Lesedauer: 4 Min.
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Olaf Scholz macht derzeit Urlaub in Nesselwang im Ostallgäu (Archivbilder): Mit dem Bundeskanzler gehen die Menschen vor Ort ganz gelassen um.Vergrößern des Bildes
Olaf Scholz macht derzeit Urlaub in Nesselwang im Ostallgäu (Archivbilder): Mit dem Bundeskanzler gehen die Menschen vor Ort ganz gelassen um. (Quelle: Christof Paulus / photothek/imago-bilder)

Hoher Besuch auf dem Dorf: Bundeskanzler Olaf Scholz urlaubt in Bayern. Aber die Einheimischen lässt das fast kalt.

Wenn Sie berühmt sind oder es mal werden sollten, kommen Sie nach Nesselwang. Klar, auch jedermann kann seine Freude haben an den Bergen, zum Wandern im Sommer oder Skifahren im Winter, nur wenige Kilometer von Schloss Neuschwanstein entfernt. Die Leute hier, in den Dörfern des Ostallgäus, sind aber noch für eine weitere Qualität bekannt, die Promis wichtig sein dürfte: Sie gelten als kauzig. Und lassen sich nicht aus der Ruhe bringen. Das erlebt nun auch der Bundeskanzler.

Wenn man nicht wüsste, dass der Kanzler in einer Ferienwohnung in der Nähe von Nesselwang urlaubt, würde man im Ort davon wohl nichts mitbekommen. Am Freitag unterbrach Scholz den Urlaub, um bei kurzfristig einberufenen Pressekonferenz, die Deutschen auf steigende Gaspreise einzustellen – und zu erklären, dass der Bund mit 30 Prozent beim in finanzielle Schieflage geratenen Energieimporteur Uniper einsteigt.

Und in Nesselwang? Will man den Kanzler bislang nicht gesehen haben. "Im Café oder im Ort war er bislang noch nicht", sagt Sieglinde Wolter, die in der Bäckerei neben der Kirche arbeitet. Der Besuch stelle Nesselwang nicht gerade auf den Kopf, sie und viele andere sehen den berühmten Gast gelassen, sagt sie. Nur ein Militärhubschrauber, der zwei Mal über den Ort fliegt, lässt aufhorchen.

Olaf Scholz beim Urlaub in Bayern geschützt, aber unauffällig

Und das, obwohl sich im Ort natürlich alles schnell herumspricht. Wo der Kanzler untergekommen ist, weiß Wolter. Die Ferienwohnung erkenne man, ergänzt Marco Hauffe, der für die Gemeinde in der Tourist-Info arbeitet. Wie die Sicherheitskräfte den Kanzler dort mit Personal oder Zäunen schützen, falle auf. Doch in Nesselwang wolle man den Kanzler in Ruhe lassen. Die Erholung sei ihm gegönnt.

Nicht viel Aufheben um den Kanzler, das ist es, was die Nesselwanger machen wollen. "Man bekommt im Ort wenig mit", sagt Hauffe. Ein wenig Routine habe man ohnehin: Nesselwang hat zwar nicht einmal 4.000 Einwohner, zählt damit aber trotzdem zu den größten und bekanntesten Ortschaften der Gegend.

Der Ort lebt vom Tourismus und Wintersport, Biathlon-Olympiasieger Michael Greis etwa kommt von hier. Auch wenn die wenigsten so außergewöhnlich wie der Bundeskanzler sind: Der ein oder andere berühmte Name sei schon einmal da gewesen, erzählt Hauffe. Nach Tipps gefragt habe Scholz im Tourismusbüro der Gemeinde nicht. "Aber ich gehe davon aus, dass er alle Infos hat, die er braucht – und es eine passende Reiseplanung gibt."

Olaf Scholz sucht nach Ruhe im Ostallgäu

Klar ist: Der Ort freue sich über Scholz. "So ein Besuch ist für uns natürlich die beste Werbung", sagt Hauffe. Und wenn es nach John Philipps geht, hat Nesselwang die auch nötig.

Er sitzt am Freitag im Biergarten seines "Gasthofs Zur Hirschwirtin". Trotz Sonne und Mittagszeit ist niemand da, kein Wunder: Der Biergarten ist für die Öffentlichkeit inzwischen geschlossen. Und so gehe es vielen Lokalen hier. "In Nesselwang ist alles tot", sagt Philipps. Früher habe es im Ort Kneipen gegeben und viele Lokale, jetzt schließe bald das nächste. Sollte es Scholz mal ins Dorf ziehen, um zu essen, habe er wenig zur Auswahl.

Aber stimmt das? Womöglich ist es sogar genau das, was Scholz sucht. Für ihn ist Nesselwang ganz offensichtlich ein Kontrast zum alltäglichen Großstadtleben. Und streift man durch Nesselwang, drängt sich der Eindruck auf: Philipps übertreibt ohnehin.

Der ein oder andere Biergarten hat geöffnet. Der Verkehr quetscht sich durch die Straßen. Mit dem Trubel einer Metropole hat das freilich nichts zu tun. Aber gerade im Süden des Ortes, dort wo die Alpen aufzusteigen beginnen und die Berghütten nach Wanderern rufen, wird es lebendiger.

Reporter lauert Scholz bei Urlaub im Allgäu auf

Dort war Scholz am Mittwoch unterwegs, wie aus einem Video der "Bild" hervorgeht. Ein Reporter hatte ihn erwischt und befragt, als er bei einer der Hütten oberhalb von Nesselwang einkehren wollte. Zuvor hatte der Bundeskanzler über den Wasserfallweg den Berg erklommen, wie die "Bild" berichtet. Doch selbst die anderen Touristen in Nesselwang interessiert Scholz' Programm in der Region nur am Rande.

Lässt man bei einer der vorbeiziehenden Wandergruppen fallen, dass hier Olaf Scholz vor Kurzem entlanggelaufen ist, erntet man meist nicht mehr als ein kurzes Nicken. "Aha, hier war also der Kanzler", sagt eine Wanderin mit sächsischem Dialekt. "Vielleicht treffen wir ihn noch", bekommt sie als Antwort.

Auch Lorenz Klotz hat vom Kanzlerurlaub bisher noch nichts mitbekommen. Er arbeitet im Allgäuer Käseladen an der Hauptstraße. "Ich finde es gut, dass er in Deutschland Urlaub macht", sagt er. "Das zeigt, er ist heimatverbunden. Man muss nicht immer ins Ausland fahren."

Allgäuer Käse gehöre zu einem Urlaub in Nesselwang jedenfalls dazu, findet er. Und welcher? "Einen Bergkäse, acht Monate gereift, den würde ich Scholz empfehlen", sagt Klotz für den Fall, dass Scholz hier vorbeikomme. "Ein Achtmonatiger ist für den Allgäuer das täglich Brot." Und kommt der Kanzler denn auch? Das wisse er natürlich nicht, sagt Klotz. Aber Allgäuer Käse, der sei schließlich berühmt bis nach Hamburg.

Für Scholz ist sein Urlaub schon der zweite Trip nach Bayern innerhalb weniger Wochen. Ende Juni war er zum G7-Gipfel in Oberbayern, hielt sich drei Tage auf Schloss Elmau auf. Doch die Vorzeichen sind nun ganz andere: Standen in Elmau stressige Tage auf dem Plan, ist Scholz dieses Mal zum Entspannen da. Und brachte er im Juni mit den anderen Regierungschefs noch den Rummel mit in die Berge, hat er ihn dieses Mal offenbar in Berlin gelassen.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Lorenz Klotz, Sieglinde Wolter, John Philipps und Marco Hauffe
  • Eigene Beobachtungen
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