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Warum Corona beim Oktoberfest wurscht ist


Zum Glück findet das Oktoberfest 2022 statt
Corona feiert mit – ja und?

MeinungVon Christof Paulus

10.09.2022Lesedauer: 3 Min.
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Ein Gast leert unter Jubel seinen Maßkrug auf dem Oktoberfest (Archivbild): Solche Bilder wird es nach zwei Jahren Pause 2022 wieder zu sehen geben. Und das ist ein Segen.Vergrößern des Bildes
Ein Gast leert unter Jubel seinen Maßkrug auf dem Oktoberfest (Archivbild): Solche Bilder wird es nach zwei Jahren Pause 2022 wieder zu sehen geben. Und das ist ein Segen. (Quelle: Ralph Peters/imago-bilder)

Das Oktoberfest wird stattfinden. Einige wollen das nach zwei Pandemiejahren nicht wahrhaben. Sie haben weder das Leben, noch das Virus verstanden.

Es wird der Moment, in dem jedem bewusst wird: Das Leben nach Corona, es ist endlich wieder voll da. Am nächsten Samstag wird Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter seinen Holzhammer nehmen, ein- bis fünfmal auf den Zapfhahn schlagen und dann laut rufen: "O'zapft is!" Und dann beginnt das Oktoberfest. Machen wir uns nichts vor: Es wird viele Kranke, vielleicht sogar Tote fordern. Aber so absurd das jetzt klingt, und bitte lassen Sie es mich ausführen: Das ist es wert. Ja, ehrlich.

Zuvor ist klarzustellen: Ich bin kein Fan der Wiesn. Man sollte einmal da gewesen sein, aber nur um den Irrsinn erlebt zu haben, ein zweites Mal ist überflüssig. Die Bierzelte sind nüchtern nicht zu ertragen, die Musik plump, die Gäste peinlich, das Bier viel zu teuer, und ohne Alkohol verdammen zu wollen: Wenn etwas nur so auszuhalten ist, ist das ein Problem. Einen typisch bayerisch gemütlichen Tag kann man zwar auf Fahrgeschäften oder der Oidn Wiesn erleben, aber das geht auch auf vielen anderen Volksfesten, da sogar besser. Würde die Wiesn nie wieder stattfinden, fehlte mir gar nichts.

Oktoberfest in München: Warum die Wiesn 2022 wieder stattfinden muss

Doch einige Millionen Menschen sehen das anders, so viele Besucher hat das Oktoberfest jährlich. Und wenn sie es wollen, sollen sie ihr Volksfest bekommen, sie haben lange genug gewartet. Die Wiesn wird eine dringend nötige Zäsur sein, der Moment, in dem auch dem Letzten klar wird: Die Corona-Pandemie war lange genug bestimmend. Wir haben uns lange genug zurückgehalten. Jetzt wird wieder gelebt.

Zugegeben: Trotzige Kinder oder mancher Politiker mit ähnlicher Rhetorik würde das nicht viel anders formulieren. Aber es ist wie mit einer Uhr, die stehen geblieben ist: Auch sie geht zweimal am Tag richtig. Und jetzt ist einer dieser Momente: War es bei Hunderten Toten täglich, einstelligen Impfquoten und drohender Triage noch blanker Zynismus, sich gegen Corona-Maßnahmen auszusprechen, ist es jetzt bloß unbeholfen, noch das Gegenteil zu tun.

Corona ist weiterhin eine gefährliche Krankheit, die Menschen schwer beutelt, hochansteckend und nicht selten tödlich ist. Aber: Es gibt eine Impfung, die großen Schutz bietet. Die vorherrschende Omikron-Variante ist gefährlich, aber löst weit weniger schwere Krankheitsverläufe aus als die Delta-Variante. Eine neue Mutation könnte entstehen, muss aber nicht.

Corona-Pandemie sollte auf Wiesn keinen Einfluss mehr haben

Wer weiterhin derart heftige Einschnitte ins öffentliche Leben fordert wie etwa die Absage von Massenveranstaltungen wie dem Oktoberfest, dem muss klar sein: Die Situation verbessert sich womöglich nie wieder. Immer noch gegen das Oktoberfest zu sein, hieße konsequenterweise: nie wieder internationale Großveranstaltungen.

Aber schon ein Toter ist zu viel für ein bisschen Spaß, werden manche sagen. Klingt so, als könne man dem nicht widersprechen. Doch der sinnvolle Grundsatz lautet in der Pandemie: Infektionen zu verhindern, ist nur ein guter Nebeneffekt von Corona-Maßnahmen. Eigentlich geht es darum, dass das Gesundheitssystem nicht überlastet wird. Und die Gefahr besteht aktuell nicht.

Und sieht man genauer hin, haben wir sogar Menschenleben und Gesundheit schon immer gegen alles Mögliche abgewogen. Fährt man das Sozialleben zurück, schützt das gut gegen Viren, klar. Einsam und krank werden kann man davon trotzdem.

Warum das Oktoberfest eine Zäsur sein wird

Aber soll jetzt wirklich dieses stumpfe Trinkgelage Oktoberfest, eine Gelddruckmaschine für die Münchner Gastronomie, zum Symbol der Freiheit und Therapie der Corona-Vereinsamten werden? Natürlich nicht, die Wiesn hat keine moralische Bedeutung. Viele nervt das Fest, manche fürchten es gar, andere freuen sich oder leben davon, all das hat seine Berechtigung. Dadurch wird das Oktoberfest aber weder zu etwas Gutem, noch zu etwas Schlechtem.

Deshalb ist es auch fehl am Platz, Menschen noch verbieten oder vorwerfen zu wollen, auf das Oktoberfest zu gehen. Natürlich ist es ein größerer Infektionsherd als zum Beispiel die Bahn – aber: Anstecken kann man sich nun mal auch dort. Wer die Wiesn ablehnt, sollte sich eingestehen: Die Grenzen dessen, was im Leben mit dem Coronavirus erlaubt ist oder nicht, zieht er schon ziemlich willkürlich nach eigenen Maßstäben. Sich moralisch über Wiesn-Besucher zu erheben, ist nicht geboten. Lasst die Leute feiern.

Verwendete Quellen
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