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Alfons Schuhbeck ein gerissener Betrüger? Prozess gegen Starkoch in München


Prozessauftakt in München
Mitangeklagter schildert Alfons Schuhbeck als gerissenen Betrüger

Von Christof Paulus

Aktualisiert am 12.10.2022Lesedauer: 5 Min.
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Starkoch Alfons Schuhbeck vor Prozessbeginn im Landgericht München I: Er ist wegen Steuerhinterziehung angeklagt.Vergrößern des Bildes
Starkoch Alfons Schuhbeck vor Prozessbeginn im Landgericht München I: Er ist wegen Steuerhinterziehung angeklagt. (Quelle: Sven Hoppe/dpa)

Sein Mitangeklagter lässt den Starkoch am ersten Prozesstag wie einen Betrüger aussehen. Für Alfons Schuhbeck geht es um seinen Ruf und seine Freiheit.

Warum sie in diesem Moment an Olaf Scholz dachte, wird wohl nur die vorsitzende Richterin selbst wissen. Ein "Wumms" sei es gewesen, den der Mitangeklagte von Alfons Schuhbeck eben habe verlesen lassen, sagte sie mit Verweis auf den Bundeskanzler. Von dem müsse sich das Gericht nun erst einmal erholen.

Für mindestens eine Woche bleibt das so stehen: Die Verhandlung im Verfahren gegen Starkoch Schuhbeck, 73, die an diesem Mittwoch begann und sich wohl bis ins neue Jahr ziehen wird, ist vorerst unterbrochen – kurz, nachdem Schuhbecks ehemaliger Dienstleister und jetziger Sitznachbar im Gericht ein Geständnis abgelegt hatte, gespickt mit schweren Vorwürfen gegen Schuhbeck.

Schon vor Beginn der Verhandlung ist klar: Der Alfons Schuhbeck, den Millionen Menschen aus dem Fernsehen kennen, hat mit jenem Schuhbeck vor Gericht nichts zu tun. Auch wer ihn bereits einmal persönlich erlebt hat, in einem seiner Lokale in Sichtweite des Hofbräuhauses, kennt ihn anders.

Zehn Minuten vor angesetztem Beginn betritt Schuhbeck mit seinen Anwälten Markus Gotzens und Sascha König den Gerichtssaal im Münchner Justizpalast, lässt das Blitzlichtgewitter der Fotografen über sich ergehen. Als wolle er etwas sagen, aber finde nicht die richtigen Worte, steht er leise am Rand des Raumes.

Prozess gegen Alfons Schuhbeck startet in München

Im Fernsehen, da kennt man Schuhbeck als Entertainer in Sendungen wie der "Küchenschlacht" im ZDF oder der nach ihm benannten Kochsendung im Bayerischen Rundfunk, begeistert von seinen Gästen und dem Essen. Er scherzt, kocht und plaudert. Im Lokal behält er mit einem Lächeln im Gesicht alles im Blick. Im Gericht aber meidet er den Kontakt, sagt nichts; zumindest heute, wie seine Anwälte am Ende des Verhandlungstages festhalten, später vielleicht dann doch.

Das wird wohl auch nötig sein, allein schon, um seinen Ruf zu retten. Denn wenn bis zum Ende des Prozesses unwiderlegt, womöglich gar unwidersprochen, stehen bleibt, was Staatsanwaltschaft und vor allem sein Mitangeklagter an diesem Tag verlauten ließen, dürfte ein Eindruck bei vielen hängen bleiben: Dieser nette Fernsehkoch Alfons Schuhbeck ist auch ein gerissener Betrüger.

20 Minuten dauert die Verlesung der Anklageschrift, Schwerstarbeit für die Protokollführerin. Es geht um Gewerbesteuern, Körperschaftssteuern, Fristen und Eingänge, dazwischen immer wieder Daten und Geldsummen, manche fünf-, andere siebenstellig. Was hängen bleibt: Schuhbeck soll Steuern in Höhe von mehr als einer Million Euro hinterzogen haben. Geholfen haben soll ihm dabei ein ehemaliger Dienstleister und Angestellter – eben jener Mann, der jetzt mit ihm angeklagt ist und gleich zu Beginn der Verhandlung auspackt.

Mitangeklagter belastet Alfons Schuhbeck schwer

Und wie er das tut: Dabei kennt der Mann, der in München geboren wurde, Schuhbeck bereits seit rund 30 Jahren, wie er sagt. Ins Geschäft seien die beiden gekommen, weil seine Schwester als Angestellte Schuhbecks mit dem von ihr beruflich genutzten Computerprogramm nicht zufrieden war. Der Bruder programmierte ein besseres – und arbeitete fortan immer wieder für Schuhbeck, wie er erzählt.

Als Dienstleister nahm er immer wieder Aufträge von Schuhbeck an, auch einen, den er nicht erfüllen konnte, weil sein Unternehmen vorher pleite ging, lässt der Münchner verlauten. Er geriet in finanzielle Not, Schuhbeck erfuhr davon und erteilte ihm neue Aufträge – verbunden mit der Ansage, dass der zuvor nicht erfüllte Auftrag auch ihn viel Geld gekostet habe.

Er habe sich von Schuhbeck "finanziell abhängig gefühlt", heißt es weiter in der Erklärung des Mitangeklagten, die dieser von seiner Anwältin verlesen lässt. Deshalb habe er auch weiter für ihn gearbeitet, obwohl Schuhbeck von ihm erwartete, dauerhaft erreichbar zu sein. Seine Entlohnung habe der Koch immerhin indes Stück für Stück erhöht.

Mit Programm soll Schuhbeck Einnahmen verschleiert haben

Und so erklärt der Mitangeklagte auch, warum er tatsächlich bei der Schuhbeck vorgeworfenen Steuerhinterziehung mitgewirkt habe. Und diese trieb wirklich bunte Blüten, vorausgesetzt, sie ging so vonstatten, wie es der Mitangeklagte schildert: Er habe ein Abrechnungsprogramm auf Schuhbecks Anweisung so programmiert, dass es nachträglich möglich war, verbuchte Einnahmen zu verringern, lässt er verlesen.

Mit Schubecks Zugang und einem zugleich eingesteckten USB-Stick sei es möglich gewesen, über einen eigenen Pfad die verbuchten Tageseinnahmen zu verringern und so am Fiskus vorbeizuschmuggeln – auch einige Tage rückwirkend. Weil die tatsächlichen Einnahmen über die Kassenbons jedoch womöglich nachvollziehbar gewesen wären, habe Schuhbeck sie vernichten lassen. Die demnach vorgeschobene Begründung: Das Thermopapier, auf dem die Bons gedruckt wurden, sei eh schnell nicht mehr lesbar.

Als Finanzbeamte einmal die fehlenden Belege bemängelt hätten, habe der Betrieb in einer Hauruck-Aktion Hunderte Ausdrucke mit einer Thermoschicht überzogen. Wie die Einnahmen zu verschleiern und das Programm zu verbessern seien, dazu habe Schuhbeck selbst permanent seine Ideen beigetragen. Als der Fiskus ihnen auf die Spur gekommen sei, habe der Koch zugesichert, dem Programmierer "einen guten Anwalt zu besorgen". "Danach hatte ich bis heute keinen Kontakt mehr zu Herrn Schuhbeck", heißt es in der Erklärung.

Wie die Anwälte Alfons Schuhbeck verteidigen wollen

Schubecks Anwälte bauen darauf, dass es "weder Indizien noch Belege" dafür gebe, dass der Starkoch Geld aus der Kasse genommen habe, wie es in ihrer Erklärung heißt. Am Ende des Prozesses werde sich womöglich herausstellen, dass er nicht Täter, sondern Opfer sei: Denn nicht er habe das Geld aus der Kasse genommen. Tatsächlich sei er bestohlen worden, betrogen sogar noch um weit mehr als der Fiskus, so das Narrativ von König und Gotzens.

Einig sind sich alle vor Gericht: Dass in der Kasse etwas nicht stimmte, das ist eindeutig. Es gebe aber noch Ungereimtheiten in der Anklage und sie seien froh, dass das Gericht diesen nun nachgehe, sagte König nach dem Prozessauftakt.

Es ist Schuhbeck, über den an diesem ersten und wohl auch an den folgenden Prozesstagen alle reden. Sogar das Thema der einzigen Worte, die Schuhbeck spricht, ist er selbst: als die Richterin mit ihm die Personalien abgleicht. Als sie ihn nach seinem Beruf fragt, hebt er die Hände leicht von den Oberschenkeln, als wolle er sagen: "Das wissen wir alle, oder?"

Und weil er damit Recht hat, geht es für ihn in den noch weiteren 17 angesetzten Prozesstagen nicht nur darum, ob er weiter in Freiheit leben darf oder nicht – sondern auch darum, was all die Beobachter des Prozesses danach von ihm denken. Wird er schuldig gesprochen und ins Gefängnis gehen, dürfte ohnehin gelten, was seine Anwälte in den Besprechungen mit der Richterin festgehalten haben: "Eine Haftstrafe würde Alfons Schuhbeck ruinieren."

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
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