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Skitourismus: Schneekanonen in Bayern – wahres Problem ist nicht der Strom


Skitourismus vor dem Aus?
Schneekanonen in Bayern: Das wahre Problem ist nicht der Strom

MeinungVon Jennifer Lichnau

Aktualisiert am 12.01.2023Lesedauer: 3 Min.
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Schneekanone wartet auf ihren Einsatz (Archivbild): Bei frühlingshaften Temperaturen helfen selbst die Schneekanonen nichts.Vergrößern des Bildes
Eine Schneekanone wartet auf ihren Einsatz (Archivbild): Bei frühlingshaften Temperaturen helfen selbst sie nichts. (Quelle: Michael Kristen i/imago-images-bilder)

Die Schneekanone wird Bayerns Skitourismus nicht retten. Dabei spielt der Energieverbrauch kaum eine Rolle. Das eigentliche Problem ist ein anderes.

Angesichts der andauernden Energiekrise stehen Schneekanonen und ihr Stromverbrauch in der Kritik. Die Grünen reden von staatlich subventioniertem Umweltvandalismus. Der bayerische Wirtschaftsminister und Chef der Freien Wähler, Huber Aiwanger, hält die Förderung von Liften und Schneekanonen für notwendig. In einer Sendung des Bayerischen Rundfunks (BR) sagte er kürzlich: "Seit 30 Jahren heißt es, es wird bald kein Schnee mehr sein." Da könne man jetzt nicht hinwerfen und zusehen, wie beispielsweise Österreich das Geld verdiene, weil wir eh bald sterben würden.

Doch während Umweltverbände und Politik über den Einsatz der Schneekanonen diskutieren, sind diese in Bayern schon längst außer Betrieb. Denn es ist zu warm, selbst für Kunstschnee. Und da liegt das Problem. 2022 ist als das wärmste Jahr seit den Wetteraufzeichnungen eingegangen. Auch wenn es immer wieder schneereiche Winter geben wird, der Klimawandel sorgt im Durchschnitt für längere Wärmeperioden und weniger Schneefall in Bayern. Diese Entwicklung lässt sich nicht aufhalten.

In Bayern wird es bis auf wenige Ausnahmen irgendwann keinen Skitourismus mehr geben. Eine Realität, die Klima- und Tourismusforscher immer wieder betonen, die Hubert Aiwanger und die Vertreter des bayerischen Wintertourismus weiterhin leugnen. Egal wie viele Schneekanonen am Pistenrand stehen, wie leistungsstark sie sind oder auch wie viel Strom und Wasser zur Verfügung stehen: Wenn die Temperaturen im Winter weit über null liegen, ist Skifahren in Bayern unmöglich.

Gäbe es keine Schneekanonen, gäbe es schon lang keinen Skitourismus mehr in Bayern. In der logischen Konsequenz würden viele deutsche Wintertouristen nach Österreich fahren. Ohne Kunstschnee geht in Bayerns Skigebieten nichts mehr. In der Energie- und Klimakrise sind die Beschneiungsanlagen zum Sinnbild der Umweltsünde geworden.

Doch auch mit Schneekanonen ist die Skisaison dieses Jahr alles andere als ein Erfolg. Zwar ziehen die Liftbetreiber nach den Winterferien eine positive Bilanz, was Umsatz und Besucherzahlen angeht. Die Bilder von grünbraunen Matschhügeln, über die sich vereinzelt weiße Streifen ziehen, gehen durch die Nachrichten. Sie muten an wie ein gruseliger Blick in die Zukunft. Die Skigebiete versuchen, ihren Betrieb um jeden Preis am Laufen zu halten, ob es schneit oder nicht. Die Kunstschneestreifen auf den sonst grünen Pisten halten sich seit der Kälteperiode im Dezember. Kunstschnee ist viel schwerer als natürlicher Schnee. Durch seine Dichte schmilzt er nicht so schnell und bleibt länger liegen.

Und einige Skifahrer scheinen kein Problem zu haben mit den neuen Verhältnissen im Skigebiet. Bayerns Liftbetreiber ziehen eine positive Bilanz nach den Weihnachtsferien. Letztlich habe die technische Beschneiung die einnahmewichtigste Zeit im Jahr gerettet, sagte der Vorstand des Deutschen Seilbahnverbands Matthias Stauch dem BR.

Schneekanonen: "staatlich subventionierter Umweltvandalismus der Söder-Regierung"

Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) sieht darin den Beweis: Skifahren in Bayern ist weiterhin möglich und muss trotz des Klimawandels weiter mit staatlichen Geldern gefördert werden. Seit 2009 wurden knapp 52 Millionen Euro für den Ausbau von Liften und Schneekanonen genehmigt. Das ergab eine Anfrage der Grünen im Landtag. Ludwig Hartmann, der bayerische Grünen-Fraktionschef, findet das absurd. Er bezeichnet das Schneekanonen-Wettrüsten als staatlich subventionierten Umweltvandalismus der Söder-Regierung.

Die sogenannte Schneekanone ist selbst unter Beschuss geraten. Angesichts der Energiekrise, in der viele aufgrund der hohen Kosten lieber frieren, als die Heizung einzuschalten, fehlt der breiten Masse das Verständnis für den energieaufwendigen Betrieb. Schneekanonen verbrauchen viel Energie, das ist Fakt. In der Skisaison 2001/2002 verbrauchten Schneekanonen im europäischen Alpenraum in wenigen Monaten so viel Strom wie 130.000 Vier-Personen-Haushalte in einem Jahr. Die Zahlen veröffentlichte das Bayerische Landesamt für Umwelt auf Grundlage eines Forschungsberichts aus Frankreich. Seither steigt die Einsatzdauer der Kanonen in den Skigebieten stetig.

Das Aus für den bayerischen Skitourismus ist auch schlecht für das Klima

Doch das Aus für den bayerischen Skitourismus wäre noch keine Errungenschaft für das Klima. Denn den größten Schaden nimmt die Umwelt durch die Anfahrt der Wintersportler zu den Skigebieten. Und wenn in Bayern die Pisten geschlossen oder nicht mehr vorhanden sind, werden die deutschen Skifahrer nach Österreich, in die Schweiz oder nach Frankreich fahren.

Auch dort kommen die Skigebiete oft nicht ohne Kunstschnee durch die Saison. Doch sie liegen höher als in Bayern. Je höher ein Skigebiet liegt, umso niedriger sind die Temperaturen und umso besser die Voraussetzungen für Kunstschnee. Doch auch hier ist die Entwicklung nicht aufzuhalten. Sie wird nur später einsetzen. Bis dahin sorgen längere Anfahrten für mehr Schadstoffemissionen.

Verwendete Quellen
  • lfu.de: "Künstliche Beschneiung im Alpenraum"
  • br24.de: "Hubert Aiwanger will an Schneekanonen-Förderung festhalten"
  • Telefoninterview mit Maximilian Witting
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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