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Bäcker streicht Insekten-Krapfen von der Karte


Meinungen sind gespalten
Bäcker bietet Krapfen mit Heuschrecken an


Aktualisiert am 21.02.2023Lesedauer: 3 Min.
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Krapfen in der Auslage eines Bäckers: Ein bayerischer Bäcker bietet Faschingskrapfen mit zerkleinerten Insekten an. (Quelle: IMAGO/Norbert SCHMIDT)

Insekten-Krapfen zu Fasching: Dieses Gebäck spaltet die Gemüter der Kunden – deshalb streicht es ein oberbayerischer Bäcker wieder von seiner Karte.

Ein Bäcker aus dem Landkreis Ebersberg, rund 30 Kilometer südlich von München, sorgt derzeit mit einem besonderen Angebot für Aufsehen. In seinem Sortiment befinden sich Krapfen mit einer außergewöhnlichen Zutat: Im Gebäck befinden sich Insekten.

Zerkleinerte Mehlwürmer werden dafür mit Eiern, Butter und Mehl zu einem Teig verrührt. Eine fein gemahlene Wanderheuschrecke befindet sich außerdem in der Schoko-Karamell-Glasur. Garniert wird der Krapfen schließlich mit einer Grille. "Die Mischung schmeckt nach Schokolade und Karamell, das Insekt selber eher nussig", sagt Florian Postel, Chef der gleichnamigen Bäckerei aus dem oberbayerischen Anzing, im Gespräch mit t-online.

Ein Insekten-Krapfen gegen den Welthunger

Erfinder des außergewöhnlichen Krapfens ist Postels französischer Bäcker Ludovic Gerboin. "Der Krapfen ist durch ein Projekt mit der Technischen Universität München und der Schweizer Hochschule Sion entstanden", erzählt Postel weiter. Der Hintergedanke dabei: "Wie kann man die Weltbevölkerung weiter ernähren, wenn wir immer mehr Menschen werden?" Weitere Pluspunkte: die Insektenaufnahme helfe sogar gegen Armut und fördere die Gesundheit.

Ins Spiel könnte dabei auch eine neue EU-Richtlinie kommen, die seit dem 24. Januar in Kraft ist. Demnach dürfen inzwischen nicht nur Mehlwürmer und Wanderheuschrecken verarbeitet werden, sondern auch Grillen und Getreideschimmelkäfer. Doch ein Kilogramm Insekten-Mehl kostet bis zu 20 Euro – rund zehnmal so viel wie gewöhnliches Mehl. Deshalb sind Insekten-Gebäcke für die meisten Bäckereien kein gewinnbringendes Geschäft und werden wohl ein Nischenprodukt bleiben.

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Auch Kunden brauchen sich keine Sorgen zu machen, versehentlich Insektenprodukte zu essen. Denn derartige Produkte müssen wiederum deutlich als solche gekennzeichnet sein. Wie in der Bäckerei Postel in Anzing: "Proteine in Form von Insekten" steht auf dem Warenschild des Krapfens.

"Herr Aiwanger ist sehr konservativ"

Auch Bayerns stellvertretender Ministerpräsident Hubert Aiwanger mischte sich bereits in die Debatte ein. "Wir haben es satt, dass Fleischverzehr von Rind/Schwein/Geflügel kritisiert wird, aber Insekten ins Essen sollen. Früher wurde ein Lebensmittelbetrieb bei Mehlwürmern und Schaben geschlossen, heute soll es 'in' sein", twitterte der Chef der Freien Wähler Ende Januar. Darauf entgegnet Florian Postel: "Herr Aiwanger ist sehr konservativ und die ältere Generation ist nicht so offen." Die jüngere Gesellschaft hingegen Postel zufolge schon.

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Doch die Rückmeldungen der Kunden zum 2,60 Euro teuren Insekten-Krapfen sind gespalten. "Backwaren mit Heuschrecken und Mehlwürmern, euer Ernst?", schreibt ein Rezensent auf Google.

"Einfach nur eklig", ergänzt ein weiterer Kommentator. "Nicht zu empfehlen, die Insekten könnt ihr behalten", heißt es weiter.

"Warum wollen die selbsternannten Klimaretter, die in Privatjets um den Erdball kurven, dass ein Otto Normalbürger dieses Zeug frisst?" Manche finden den Krapfen auch nur "halb so wild": "Verstehe die Empörung nicht, es ist ja jedem freigestellt, diesen einen Krapfen zu probieren oder nicht."

Landesinnungsmeister überzeugt: "Insekten werden sich durchsetzen"

Heinrich Traublinger, Landesinnungsmeister für das bayerische Bäckerhandwerk meint: "Ich persönlich bin davon überzeugt, dass sich dieser "Rohstoff" in den kommenden Jahren, das können auch zehn bis 20 Jahre sein, in der Verarbeitung und der Akzeptanz durchsetzen wird."

Studien hätten Traublinger zufolge gezeigt, dass Insekten im Vergleich zu Fleisch klimafreundlicher sind. Sie bräuchten weniger Platz, weniger Wasser und verursachen deutlich weniger Treibhaus-Emissionen. Insekten seien außerdem sehr eiweißreich, reich an einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren sowie an Vitaminen und Mineralien. Rund zwei Milliarden Menschen würden Traublinger zufolge bereits jetzt Insekten essen.

Trotzdem ist das Aus des Insekten-Krapfens aus dem Landkreis Ebersberg schon besiegelt. "In den vergangenen Tagen hat es zu viele Anfeindungen gegeben", sagt Florian Postel. Die Produktion wird demnach nach Fasching vorerst eingestellt.

Verwendete Quellen
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