Für t-online schreibt der Wuppertaler Kabarettist Jürgen Scheugenpflug exklusiv die Kolumne "Scheuges Talfahrt". Diesmalige Themen: Interessante Orte für Corona-Tests in Wuppertal und eine Panne im Gesundheitsamt.
Kurz vor seiner Abdankung richtet der scheidende Wuppertaler Oberbürgermeister, Andreas Mucke, noch einen flammenden Appell an sein Volk: Abstand halten, Maske tragen, lüften. Nur so verhindern wir, dass die Lage außer Kontrolle gerät. Zusätzlich wurde bereits am Montag eine weitere private Corona-Teststation in Betrieb genommen. Dort können in einem knallroten Container, zwei Fuß größer als ein Dixi-Klo, täglich bis zu 300 Tests vorgenommen werden. 300 täglich? Doch so viele? Bis vor kurzem wurden ergebnishungrige Wuppertaler zum Düsseldorfer Flughafen geschickt. Dort könnten täglich bis zu ca. 3.000 Menschen getestet werden.
Und doch war die Warteschlange in der Landeshauptstadt fast so lang wie bei einem Live-Auftritt von Helene Fischer in der Lanxess-Arena. Nachteil: In der Warteschlange war der Sicherheitsabstand nur rudimentär einzuhalten und gesungen hat da keiner. Der Vorteil in Barmen liegt sicher darin, dass gleich nebenan das Brauhaus steht. Da kann man sich die Wartezeit mit zwei Maß Festbier schön trinken und gleich nebenan noch einen Alkoholtest machen.
Panne bei Corona-Tests
In der zweiten Stadt Wuppertals, in Elberfeld, gibt es jetzt auch einen Rachenkontakthof. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Der Eingang dazu versteckt sich hinter den erschütternden Resten des ehemaligen Schauspielhauses. Vorbei an schmutzigen Wänden und mit Sperrholz vernagelten Fenstern der einstigen Hochkulturstätte geht’s im Gänsemarsch und bei Bergischem Dauerregen zum Test-Container. Ohne Festbier, nüchtern. Da wird die Laune doch etwas getrübt.
Klar ist, dass die Corona-Krise sich täglich verschärft. Interessant ist die Feststellung des Krisenleiters, Johannes Slawig. "Die dramatische Entwicklung führt an den Rand des Kontrollverlustes." Nicht nur bis zum Rande, Herr Slawig. Denn trotz personeller Verstärkung des Gesundheitsamtes hat die Stadt mal locker mehr als 1.000 falsche Corona-Bescheide verschickt. Ähnliches passiert womöglich schon mal im westlichen Tansania oder in der östlichen Mongolei. Und, wie erlebt, auch in Wuppertal. Dazu der zuständige Ordnungsdezernent, Matthias Nocke. "Wir werden bald klären, an welcher Schnittstelle der Fehler entstanden ist. Auch wenn der Fehler im automatisierten Verfahren entstanden ist, entschuldigen wir uns dafür in aller Form." Ja sicher, Herr Nocke, sehr tröstlich für die Betroffenen, die tagelang daheim vor sich hin vegetierten.
Maskenpflicht in den Fußgängerzonen
In den Fußgängerzonen blickt man derzeit nicht nur in leere Gesichter, sondern auch zum allergrößten Teil auf Masken. Bis auf die, die es immer noch nicht begriffen haben. Und nur, wenn jemand ruft: "Maske auf, Polizei kommt", werden Mund und Nase zügig verdeckt. Wenn die es aber zufällig gesehen haben, wird zur Kasse gebeten. Mehr als 400.000 Euro sind so bei der Ordnungsamt-Kollekte eingegangen. Und über 1.500 Verfahren wurden eingeleitet, verkündet Stadtsprecher Thomas Eiting schon einigermaßen stolz. Denn die Stadt will aufzeigen, dass sie bei Maskenverstößen unerbittlich zupackt. Auch dazu meldet sich noch einmal unser Dezernent für Ordnung: "Hunde, die bellen, müssen auch beißen können". Das klingt nach den diversen, teils zumindest am Rande der Legalität einzuordnenden Geschehnissen zu Beginn des Jahres gerade aus dem Mund von Matthias Nocke wirklich komisch.
Immerhin hat Wuppertal es geschafft, die sympathischen Querdenker in die Nachbarstadt abzuschieben. Wegen Platzmangels. Klingt lustig, ist es aber eigentlich nicht. Nun sollten diese Verstrahlten also ihren "Herbstspaziergang zur Stärkung des Immunsystems" in Remscheid machen. Was mich etwas irritiert, ist der Begriff Querdenker. Muss man, um das zu werden, nicht erst mal denken können? Da fällt mir der Satz des Kollegen Gerhard Polt ein, der einmal postulierte: "Was genetisch so versaut ist, lässt sich durch Prügel allein nicht korrigieren". Dem schließe ich mich uneingeschränkt an, Ehrenwort!
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Jürgen Scheugenpflug ist seit 1989 als Kabarettist, Moderator, Autor, Sänger und Kolumnist tätig. 2007 rief er die "Bergische Akademie für Kabarett & Comedy" ins Leben. Aktuell ist er Leiter der bundesweiten Comedy-Serie "Comedy im Bett" und als künstlerischer Leiter der Kleinkunstbühne "Schatzkiste" in Wuppertals Nachbarstadt Remscheid tätig.