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Mario Gomez beendet Karriere: "Eine Legende verlässt die Fußball-Bühne"


Stürmer beendet seine Karriere
Mario Gomez: Eine Legende verlässt die Fußballbühne

  • Noah Platschko
Von Noah Platschko

Aktualisiert am 29.06.2020Lesedauer: 7 Min.
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Mario Gomez: Der VfB-Stürmer traf in seinem letzten Spiel für den VfB, steigt in die Bundesliga auf und beendet nun seine Karriere.Vergrößern des Bildes
Mario Gomez: Der VfB-Stürmer traf in seinem letzten Spiel für den VfB, steigt in die Bundesliga auf und beendet nun seine Karriere. (Quelle: Pressefoto Baumann/imago-images-bilder)

Das war's! Mario Gomez verlässt zum Ende der Saison den VfB Stuttgart – und beendet seine aktive Laufbahn. Ein Blick zurück auf eine bewegte Karriere.

Es ist der 10. März 2007. Der 25. Spieltag in der Bundesliga. Der VfB Stuttgart empfängt den VfL Wolfsburg. Es ist ein durchschnittlicher Kick im alten Gottlieb-Daimler-Stadion. Die Heimmannschaft, immerhin Bundesliga-Dritter, spielt sich kaum Chancen heraus. Wolfsburg hingegen ist immer wieder gefährlich mit seinen Angriffen.

Um 16.15 Uhr pfeift Schiedsrichter Wolfgang Stark pünktlich zur Pause. Für einen Spieler auf dem Platz wird es im zweiten Durchgang nicht weitergehen.

Gomez und der Medizinkoffer

Mario Gomez, 21 Jahre alt, muss in der Kabine bleiben, für ihn kommt Benjamin Lauth ins Spiel. Die Partie wird auch in der zweiten Halbzeit nicht spannender. Von größerem Interesse ist ohnehin, wie sich im Nachhinein herausstellt, was in den Katakomben passiert.

Bei einem missglückten Schussversuch reißt sich Gomez das Innenband und muss ausgewechselt werden. Aus Frust über seine Verletzung schlägt er wütend mit solch einer Gewalt auf einen Medizinkoffer, dass er sich die Hand bricht.

Es ist der Ehrgeiz, den Gomez seine komplette Karriere lang auszeichnen wird – gepaart mit der Bürde, dass ihm nicht alles gelingen soll. Wie an jenem Tag im März 2007 in Stuttgart.

Denn statt vier Wochen fällt Gomez doppelt so lange aus. Erst am vorletzten Spieltag der Saison 2006/2007, beim 3:2-Sieg in Bochum, feiert er sein Comeback. Bei jenem Spiel also, das den Grundstein legt für die Überraschungsmeisterschaft des VfB im Jahr 2007.

Die Anfänge in Stuttgart

Für Mario Gomez war es die erste Saison als Stammspieler in Stuttgart. Zusammen mit Cacau bildete er unter Trainer Armin Veh die Doppelspitze in einem 4-4-2 mit Raute, dass den VfB zum Titel führen sollte. Für 15-Millionen-Einkauf Jon Dahl Tomasson, 2006 als Star-Spieler vom AC Mailand gekommen, blieb nur die Bank.

"Mario war damals ein ganz junger Spieler, der sich in die Mannschaft kämpfen musste. Man muss sich auch erst einmal gegen Jon Dahl Tomasson durchsetzen können. Das schafft nicht jeder", erinnert sich Meistertrainer Armin Veh an seinen ehemaligen Schützling.

"Er ist und war ein charakterlich einwandfreier Junge, damals wie heute. Anfangs hatte er ein kleines Phlegma. Aus dem was er konnte, hätte er mehr machen müssen. Das hat er aber schnell abgelegt und deswegen auch diesen tollen Weg eingeschlagen."

Die Saison 2006/2007 war für den “Torero”, so Gomez' Spitzname aufgrund seines Torjubels als Stierkämpfer, der Startschuss in eine – ja, in was für eine Karriere eigentlich?

Gomez wird Fußballer des Jahres – und "liegt sich wund"

Der Fußballer Gomez, er hat die Fans gespalten. Meister mit dem VfB 2007, von den Stuttgarter Fans bejubelt und gefeiert als neuer Shootingstar. Im selben Jahr vom “Kicker” zum Fußballer des Jahres gekürt.

Ein Jahr später wird Gomez zum Buhmann in der Nationalmannschaft. Sein Fehlschuss gegen Österreich wird ihm seine ganze DFB-Karriere lang anhängen, das Verhältnis zu den Fans ist geprägt von dieser Aktion des Scheiterns in Klagenfurt im Juni 2008.

Gomez wird ausgepfiffen und gilt ab sofort als Chancentod. 2012 ist er in der Vorrunde gegen Portugal sowie die Niederlande mit seinen Toren der Mann des Spiels, Mehmet Scholl hatte trotzdem Sorge, dass er “sich wund liegt”.

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Auch in Stuttgart macht er sich unbeliebt, doch nicht, weil er sich etwas zu Schulden kommen lässt, sondern weil er im Sommer 2009 zum ungeliebten Nachbarn nach München wechselt. Dabei hätte der Transfer auch schon zwei Jahre früher über die Bühne gehen können.

Veh: "Diesen Charakter hat nicht jeder"

"Mario hatte nach der Meisterschaft 2007 ein Riesenangebot aus München", berichtet Veh. "Die Bayern wollten ihn unbedingt haben und Mario wollte auch wechseln. Ich habe mit ihm dann ein längeres Gespräch geführt – dann war das Thema erledigt. Kein Nachkarten, sondern ein loyales Verhalten. Diesen Charakter hat nicht jeder."

Zwei Jahre später dann doch der Wechsel zum Rekordmeister. Unter Louis van Gaal tut sich Gomez zu Beginn schwer, setzt sich im Sturm dennoch gegen die Konkurrenz durch. 2012 macht Gomez als Stammspieler fast alle Spiele beim FC Bayern, bereits ein Jahr zuvor wurde er zum ersten Mal in seiner Karriere Torschützenkönig in der Bundesliga.

“Mario Gomez war immer ein sehr angenehmer Spieler: Sehr geradeaus, sehr direkt. Mit klarer Meinung und klarer Kante. Auf dem Platz war er für mich immer ein Ansprechpartner”, erinnert sich der ehemalige Bundesliga-Schiedsrichter Knut Kircher. “Wir sind uns immer auf Augenhöhe begegnet. Trotz aller Erfolge, die er erreicht hat, ist er immer bodenständig geblieben. Offen für Dialog, immer nahbar, immer fair. Natürlich gab es auch mal Meinungsverschiedenheiten – aber die gehören dazu.”

2013 feiert Gomez den Triumph in der Champions League und holt das Tripple. Er selbst steuert mit seinen zwei Toren im DFB-Pokalfinale gegen seinen Ex-Klub Stuttgart dazu bei. Nach der Saison endet seine Zeit in München. Guardiola kommt, Gomez geht – nach Florenz. Seine Zeit in Italien soll die einzige bleiben, in der es zum Saisonende nie etwas zu feiern geben wird.

Von Verletzungen geplagt zieht er 2015 weiter nach Istanbul, wo er mit Andreas Beck auf seinen ehemaligen Mannschaftskameraden aus Stuttgart und der Nationalmannschaft trifft.

Istanbul liegt Gomez zu Füßen

“Mario rief mich im Sommer 2015 an. Er war mit Florenz im Trainingslager in den USA und überlegte, zu wechseln. Ich meinte zu ihm: ‘Es ist deine Entscheidung, aber ich würde mich freuen, wenn du zu uns kommst.’ Dass es dann so kam und wir ein fantastisches gemeinsames Jahr bei Besiktas hatten, war außergewöhnlich."

Mit 33 Toren wird er Torschützenkönig in der Türkei, die Fans liegen ihm zu Füßen. Trotzdem verlässt er den Bosporus nach nur einem Jahr – auch wegen der politischen Unruhen im Land. Es folgt das vorletzte Kapitel in seiner Karriere. Gomez schließt sich dem VfL Wolfsburg an.

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Ambitioniert gestartet wird schnell klar, dass es für den VfL in der Saison 2016/2017 nur um den Klassenerhalt geht. Am letzten Spieltag unterliegt der VfL beim HSV mit 1:2. Hamburg ist gerettet, Wolfsburg muss in die Relegation gegen Braunschweig.

Relegation mit den Wölfen und der Abstieg

Ein zweifelhafter Elfmeter von Gomez sichert den Grün-Weißen im Relegations-Hinspiel eine hervorragende Ausgangsposition fürs Rückspiel. Auch das gewinnen die Wölfe mit 1:0 und feiern euphorisch und selbstironisch den Klassenerhalt.

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Ein halbes Jahr später befinden sich die Wölfe erneut im Abstiegskampf. Doch dann kommt der Anruf von Michael Reschke aus Stuttgart. Der VfB ist auf der Suche nach einem neuen Stürmer. “Meine Frau und ich waren im Winter der Saison 2017/2018 im Urlaub. Auf einmal lesen wir, dass Mario Gomez zum VfB Stuttgart zurückkehren wird – ein halbes Jahr nachdem ich zurück zum VfB bin. Da dachte ich mir: 'Mensch, schon wieder. Das kann kein Gerücht sein. Das muss stimmen'", erinnert sich Beck.

Und tatsächlich: Gomez reizt die Aufgabe bei seinem Heimatklub. Der verlorene Sohn kehrt zurück – mit Erfolg, “Wir haben dann zusammen eine fantastische Rückrunde gespielt und waren die zweitbeste Rückrundenmannschaft hinter den Bayern“, erinnert sich Beck.

Beck: "Mario war einer, der immer polarisiert hat"

Doch Platz sieben sollte sich als trügerisch herausstellen. In der Saison 2018/2019 beschäftigt der VfB Stuttgart drei Trainer – und steigt in der Relegation ab. Es ist der erste Abstieg in Gomez’ Karriere. “Wenn man so eine Karriere hinlegt wie Mario und nach Rückschlägen wieder aufsteht – das ist unfassbar beeindruckend. Da ziehe ich meinen Hut”, schwärmt Ex-Kollege Beck. “Mario war einer, der immer polarisiert hat. Aber er hat auch immer geliefert."

Auch in seiner letzten Saison in der 2. Liga. Unter Trainer Tim Walter tut sich Gomez schwer, agiert meist glücklos. In Sandhausen trifft er dreimal – seine Treffer werden aber alle vom Videoassistenten zurückgenommen. “Vielleicht ist er trotz seines fortgeschrittenen Alters immer noch zu schnell im Antritt”, lacht DFB-Schiedsrichterbeobachter Kircher. Gomez ist frustriert und sagt nach der Partie: “Ich bin froh, dass der Großteil meiner Karriere vorbei ist."

In der Rückrunde trifft er dann wieder regelmäßig, insgesamt viermal zwischen dem 19. und 25. Spieltag. Darunter fällt auch das wichtige 1:0 gegen Meister Arminia Bielefeld. Es ist das bis zum 34. Spieltag letzte Tor in Gomez’ Karriere. Im letzten Spiel in der 1. und 2. Bundesliga vor der Corona-Pause.

Der Abschied

Gegen Darmstadt 98 durfte Gomez noch einmal von Anfang an ran. Ein Geschenk zum Abschied, eine Würdigung seiner Leistungen in 230 Spielen für den VfB Stuttgart. In der 42. Minute legt Silas Wamangituka von links quer auf Gomez, der macht sich lang – und trifft zum 1:1. Ein typischer Gomez-Treffer. Der VfB verliert zu seinem Abschied mit 1:3, doch das ist nur eine Randnotiz. Es war der letzte Akt im Kapitel Profifußball für ihn.

"Mario war immer bodenständig. Er ist ein Typ, ein richtig intelligenter Bursche", lobt Ex-Trainer Veh den 34-Jährigen. "Ich denke, er kann sich nach seiner Zeit beim VfB selbst heraussuchen, was er machen will."

“Er hätte einen großen Abschied vor Publikum verdient”, trauert VfB-Legende Guido Buchwald Gomez' Ende vor leeren Rängen nach. “Aber ich bin mir sicher, dass der VfB das angemessen nachholt und ihn für seine Leistungen gebührend ehren wird”, so der 59-Jährige zu t-online.de, der sich “sehr gut vorstellen kann, dass Mario Gomez in den kommenden Jahren eine wichtige Position beim VfB einnehmen wird.”

"Ich bin dankbar für die Zeit beim VfB. Es war immer mein Traum, hier meine Karriere zu beenden. Dass es jetzt so gekommen ist, mit diesem grandiosen Erfolg dieses Jahr, ist umso schöner", sagte Gomez selbst am Sonntag nach seinem letzten Spiel bei "Sky".

Ein Tor zum Abschluss, eine Niederlage zum Ende, ein Aufstieg zum Abschied. Mario Gomez geht nicht perfekt. Der Abgang passt zu einer beispiellosen, großen Karriere.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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