Sandro Wagner Ein Schlag ins Gesicht

Sandro Wagner wollte dem FC Augsburg neuen Schwung verleihen. Doch nach wenigen Monaten steckt der Klub in einer Ergebniskrise.
Der Kraft von Sprache ist sich Sandro Wagner bewusst. Seit Saisonbeginn nutzt der Trainer des FC Augsburg viele Gelegenheiten, um seiner Mannschaft Selbstvertrauen einzuflößen. Nach der 2:3-Niederlage gegen den FC Bayern Ende August sagte er: "Ich sehe nicht, dass wir weniger Qualität haben als Bayern, sehen Sie vielleicht so, ich sehe das nicht so. Ich sehe uns auf keiner Position im ganzen Verein von der Qualität weniger aufgestellt."
Und auch nach der 0:6-Niederlage gegen Leipzig oder dem Aus im DFB-Pokal gestern am Dienstag gegen den Zweitligisten VfL Bochum blieb Wagner selbstbewusst. "Ich bin total überzeugt von unseren Spielern. Und wenn ich das nicht wäre, hätte ich, glaube ich, eine Verunsicherung. Aber ich bin nicht verunsichert – null Komma null."
Für dieses Auftreten bekommt Wagner aber auch Gegenwind. Gerade die Aussage nach dem Bayern-Spiel löste einige Diskussionen aus. Mario Basler bezeichnete ihn bei Sport1 als "überheblich und arrogant", Lothar Matthäus unterstellte ihm in seiner Sky-Kolumne eine "falsche Wahrnehmung". Von Stefan Effenberg gab es nach dem 0:6 gegen Leipzig Kritik für die löchrige Defensive und die – aus Effenbergs Sicht falsche – Begründung der vielen Gegentreffer. "Da stimmt etwas im defensiven Verbund nicht. Das ist für mich nicht nachvollziehbar. Es ist auch schwer zu verstehen, wenn du 0:6 verlierst und sagst, wir haben nicht so schlecht gespielt. Das passt nicht", sagte er im Sport1-"Doppelpass".
- Zweikampf der Woche: Sandro Wagner – das Experiment ist gescheitert
Wagner und die Mourinho-Taktik
Die Debatten um Sandro Wagner erinnern teilweise an die um José Mourinho. Auch der Portugiese provoziert mit seiner Art und seinen Aussagen, verärgert gegnerische Fans und Experten. Mourinho macht das aber auch aus einem besonderen Grund. Er will in der Krise seine Mannschaft aus der Schusslinie holen, die öffentliche Kritik auf sich selbst ziehen, um die Spieler zu schützen.
Auch beim FC Augsburg wird aktuell kaum über schlechte Einzelleistungen von Spielern gesprochen. Größtenteils geht es um den Trainer Sandro Wagner. Die Mourinho-Taktik geht auf. "Ich finde es gut, dass es heißt, 'Wagner ist schuld' und ich so für die Spieler als Schutzschild fungiere", sagte der Ex-Nationalspieler am Wochenende.
Wagners Problem: Den sportlichen Erfolg eines José Mourinho konnte er noch nicht kopieren. In der Bundesliga steht Augsburg auf Rang 15, hat erst zwei Siege einfahren können. Ein schmeichelhafter Erfolg in Freiburg zum Auftakt und ein Heimsieg gegen völlig verunsicherte Wolfsburger Anfang Oktober.
Ansonsten: deutliche Heimpleiten gegen Mainz (1:4) und Leipzig (0:6), Niederlagen in der Fremde gegen direkte Konkurrenten wie St. Pauli (1:2) und Heidenheim (1:2) – und nun auch noch das Aus im DFB-Pokal gegen Bochum. Die aktuellen Ergebnisse sind ein Schlag ins Gesicht. Und seine offensive und selbstbewusste Art könnte ihm bei weiteren Rückschlägen um die Ohren fliegen, auch wenn er selbst laut eigener Aussage gut damit klarkommt.
In Augsburg ist die Stimmung angespannt. Und die Gegner bis zur Länderspielpause haben es in sich. Die Wagner-Elf hat am Freitag Borussia Dortmund zu Gast, in der Folgewoche geht es zum VfB Stuttgart. Zwei schwere Aufgaben, doch es müssen dringend Punkte her, sonst droht ein Absturz auf einen Abstiegsplatz.
Bisher gab es viel Rückendeckung von Klubseite aus. Präsident Markus Krapf sagte vor zwei Wochen der "Augsburger Allgemeinen": "Bei sieben Pflichtspielen mit drei Siegen und vier Niederlagen, eine davon gegen den FC Bayern, haben wir zwar Luft nach oben, holprig ist aber anders."
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Doch seitdem folgten drei sieglose Spiele. Die Pfeifkonzerte im heimischen Stadion werden immer lauter. Der Glaube im Verein an das Trainertalent Sandro Wagner ist groß. Schließlich arbeitete er zuvor erfolgreich in Unterhaching und beim DFB. Noch konnte er das nicht nachhaltig auf Augsburg übertragen. Die Hoffnung, dass sich das noch ändert, ist da. Am Ende zählen aber die Ergebnisse.
Angesprochen auf Notfallpläne bei einer weiteren Zuspitzung der nicht mehr zu ignorierenden Krisenlage, sagte Sportdirektor Benjamin Weber: "Wir brauchen keinen Notfallplan. Aber einen Plan für Dortmund sollten wir haben." Besser wäre es, denn sonst könnte auch für Wagner die Luft allmählich dünner werden.
- Eigene Beobachtungen
- TV-Übertragung bei Sky
- Material der Nachrichtenagenturen dpa, SID
- youtube.com: "Basler rechnet mit Sandro Wagner ab! | Reif ist live vom 28.10.2025"
- 90min.de: "Extrem scharfe Kritik im Dopa: Basler nimmt Sandro Wagner auseinander"
- transfermarkt.de: "Augsburg-Präsident Krapf verteidigt Wagner: 'Alle schreien immer nach Typen im Fußball'"
- instagram.com: "Reel von @sport1"
- spox.com: "'Glaube, dass ich zwei Stunden später einen Tick anders geantwortet hätte': Sandro Wagner erklärt seine forschen Aussagen zum FC Bayern"
- sport1.de: "Scharfe Kritik an Sandro Wagner im Doppelpass: 'Das ist nicht nachvollziehbar'"



