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Julian Nagelsmann im Interview: "Pep Guardiolas Fußball hatte viel RB-DNA"


Julian Nagelsmann
"Pep Guardiolas Fußball hatte viel RB-DNA"

InterviewVon Guido Schäfer und Anton Zirk

Aktualisiert am 17.07.2019Lesedauer: 5 Min.
Interview
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Julian Nagelsmann steht ab dieser Saison bei RB Leipzig an der Seitenlinie.Vergrößern des Bildes
Julian Nagelsmann steht ab dieser Saison bei RB Leipzig an der Seitenlinie. (Quelle: Picture Point LE/imago-images-bilder)

Mit Hoffenheim qualifizierte er sich für die Europa und die Champions League, verpasste in seinem letzten Jahr aber das internationale Geschäft. In Leipzig greift Julian Nagelsmann jetzt wieder voll an.

Im Februar 2016 übernahm der damals noch völlig unbekannte Julian Nagelsmann das Traineramt bei der TSG Hoffenheim. Huub Stevens war krankheitsbedingt zurückgetreten, die TSG stand abgeschlagen auf einem Abstiegsplatz.

Nagelsmann, der eigentlich erst im Sommer 2016 den Neuanfang im Kraichgau einleiten sollte, schaffte mit Hoffenheim den Klassenerhalt. In den darauffolgenden Jahren qualifizierte er sich mit seinem Team zunächst für die Europa League, ehe ihm im Mai 2018 mit der Champions-League-Teilnahme der bisher größte Erfolg seiner Karriere gelang.

Seine gute Arbeit ließ auch die Branche aufhorchen, der FC Bayern und Real Madrid zeigten Interesse am noch heute erst 31 Jahre alten Coach – doch RB Leipzig machte das Rennen. Im Interview spricht der neue RB-Trainer unter anderem über Pep Guardiola, Kommunikation im Team und das perfekte Spiel.

Herr Nagelsmann, wann haben Sie gedacht: Julian, Du bist ein richtig guter Trainer?

Dass ich was kann, habe ich vorher gewusst. Das erste Mal, als wir 2014 Deutscher Meister mit der U19 von Hoffenheim wurden.

Wie groß war der Unterschied für Sie zwischen dem Coachen im Nachwuchs und bei den Profis?

Der Fußball ist ähnlich, der Umgang mit den Spielern auch. Aber im Profibereich gibt es sehr viel Drumherum – mit entsprechenden Aufgeregtheiten. Daran musste ich mich gewöhnen und ein Stück weit reinkommen in die Blase Profifußball.

Als Sie die TSG-Profis übernahmen waren Sie 28 und lagen fünf Punkte hinter einem Nichtabstiegsplatz. Es hätte auch schief gehen können...

Hätte, ja. Ein paar Tage, nachdem ich übernommen habe, haben wir in Bremen viel von dem, was wir trainiert haben, gut gemacht. Da habe ich gemerkt, dass es was werden kann. Mit der TSG, Nagelsmann und dem Klassenerhalt.

Welche Trainer, welcher Fußball entspricht Ihrem Gusto?

Pep Guardiola hat gerade zu seiner Barcelona-Zeit einen Fußball gespielt, der viel von den Elementen der RB-DNA hatte. Gegenpressing-Aktionen wurden durch eigenen Ballbesitz sehr gut eingeleitet. Der Ballbesitz war nie Selbstzweck, diente immer als Vorbereitung zum Erspielen von Torchancen. Thomas Tuchel war auch prägend. Als ich nach Hoffenheim gekommen bin, haben Xaver Zembrod und Tayfun Korkut sehr viel von der spanischen Schule reingebracht in das, was Ralf Rangnick hinterlassen hat.

Wie bilden Sie sich weiter?

Ich schaue mir viele Spiele an, habe einen guten Draht zu Trainern, die in Europa unterwegs sind. Da gibt es mal eine Whatsapp, ein Telefonat oder Videos, über die wir diskutieren. Es ist nicht ganz einfach, in diesem Business Rat zu finden, weil es schwer ist, zu unterscheiden, wer nur was von dir will und wo Du selber einen Profit hast.

Ich habe ein paar Berater und Coaches außerhalb des Fußballs, die mich in verschiedenen Themen unterstützen, die den Teamsport wissenschaftlich begleiten. Wie entwickelt sich eine Gruppe, was passiert, wenn ein neuer Trainer kommt? Da habe ich Experten, die mich auf den neuesten Stand bringen.

Überforderung im Training, organisiertes Chaos – alles systemimmanent?

Gewollt, ja. Wenn ich meinen Spielern drei Dinge vorgebe und sie merken sich drei, ist das gut. Wenn sie sich von zehn fünf merken, ist es besser. Das ist meine Marschroute im Umgang mit Spielern. Erst recht bei einer neuen Mannschaft. Man sieht jeden Tag kleine Schritte.


Wir werden am ersten Spieltag sicher nicht den mit Nagelsmann-Ideen kombinierten perfekten RB-Fußball spielen. Es wäre ungewöhnlich, wenn die Mannschaft nach fünf, sechs Wochen den Fußball spielt, den man sehen möchte. Man sieht auch bei Teams wie Manchester City oder bei Jürgen Klopp mit Dortmund und Liverpool, dass es eine gewisse Zeit braucht, um Dinge auf den Platz bringen.

Die erste Ansprache muss sitzen. Waren Sie überzeugend?

Man ist vorher tatsächlich etwas angespannt, macht sich Gedanken, welche Botschaften man senden will. Wo will man miteinander hin, wie geht man miteinander um, wie sieht der Tagesablauf aus? Aber machen Sie sich diesbezüglich keine Sorgen. Ich bin spontan, habe nichts abgelesen und ein ganz gutes Feedback bekommen.

Wie redselig sind Ihre neuen Gesprächspartner?

Sehr offen und mitteilsam. Das war in Hoffenheim zu Beginn anders. Da musste ich meinen Spielern eher vieles aus der Nase ziehen.

Ihr Ex-Spieler Andrej Kramaric kritisierte Sie öffentlich hart. Wie weit darf man bei Ihnen gehen?

Grundsätzlich bin ich immer offen für Meinungen von Spielern. Kritik ist erwünscht, soll und muss aber intern geäußert werden und hat nichts in den Medien verloren. Das gehört sich nicht, das hat Andrej auch verstanden. Wir hatten am Abend ein gutes Gespräch am Telefon. Am nächsten Tag hat er mir zwei Tafeln Schokolade und einen kleinen Brief mitgebracht. Er ist ein super feiner Kerl. So wie er es gesagt hat, hat er es in der Intensität nicht gemeint.

Die halbe Welt war hinter dem Trainer Nagelsmann her. Stolz darauf?

Ich habe kein großes Problem damit. Mein Familien- und Freundeskreis erdet mich. Die sind gern dabei, müssen für ihr Lebensglück aber nicht jeden Tag Fußball schauen. Ich habe viel Kontakt zum normalen Leben und Berufen. Ich weiß, dass ich privilegiert bin und halte mir das vor Augen. Aber klar ist auch: Ich habe über die Erfolge im Nachwuchs und bei den Profis Selbstvertrauen getankt und traue mir zu, den Weg erfolgreich weiterzugehen.

Fußball ist ...

... wichtig, aber nicht alles. Es gibt auch andere Dinge, die mich begeistern. Zum Beispiel Wassersport oder Mountainbiken. Wenn ich durch die Berge fahre, komme ich total zur Ruhe. Ich habe dann nicht das Gefühl, ich sitze auf dem Rad und bin ein geiler Bundesligatrainer, sondern ein normaler Typ, der gern Mountainbike fährt, wie jeder andere, der mir auf irgendeiner Alm oder unterwegs begegnet.

Gibt es das perfekte Spiel?

Das gibt es nicht. Es gibt immer Dinge, die man verbessern kann. Es gibt Spiele, die nahe am Optimum sind. Wir haben in der Champions League richtig geile Spiele gemacht und keins gewonnen. Es spielen immer viele verschiedene Facetten eine Rolle. Performance, Ergebnis, Wetter. Perfektion? Lieber nicht, man muss ja auch was zu arbeiten haben als Trainer.

t-online.de und das RedaktionsNetzwerk Deutschland der Madsack-Mediengruppe, zu der das Portal "Sportbuzzer" gehört, kooperieren im Sport.

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