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FC Bayern: Uli Hoeneß vor Abschied – Er hinterlässt ein großes Problem


Letzter Tag als Präsident
Uli Hoeneß hinterlässt dem FC Bayern ein großes Problem


Aktualisiert am 15.11.2019Lesedauer: 6 Min.
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Sagt Servus: Uli Hoeneß wird sich als Präsident des FC Bayern zurückziehen.Vergrößern des Bildes
Sagt Servus: Uli Hoeneß wird sich als Präsident des FC Bayern zurückziehen. (Quelle: t-online.de/imago-images-bilder)

Nach über 40 Jahren wird sich der Präsident bei der Jahreshauptversammlung beim FC Bayern aus der ersten Reihe zurückziehen. Es soll ein großer Abschied werden. t-online.de ordnet ein, was von Hoeneß bleibt.

Die Bayern mussten umplanen. Das ist nichts Neues beim Rekordmeister in den vergangenen Wochen. Nachdem Niko Kovac gehen musste, Hansi Flick die launische Mannschaft übernahm, und der Situation entsprechend binnen kürzester Zeit unerwartet großen Erfolg hatte.

FC Bayern: Jahreshauptversammlung in Olympiahalle

Nun ist die Jahreshauptversammlung beim Rekordmeister eine feste Institution, wie es sich für einen Verein gehört, der ja eigentlich kein Verein mehr ist, sondern ein Weltkonzern. Ein Global Player in einer Branche, die mitunter keine Grenzen mehr kennt.

Spätestens als im Sommer publik wurde, dass Uli Hoeneß die vorderste Reihe räumen wird und längst dabei ist, seine Nachfolge zu regeln, reservierte der Klub die Olympiahalle München. Hier, in der Sportstätte der Sommerspiele 1972, passen mehr als 10.000 Mitglieder rein. Und so viele werden an diesem Freitagabend (ab 19 Uhr im Liveticker auf t-online.de) auch erwartet. Ein geschichtsträchtiger Ort für einen historischen Tag, selbst in den Dimensionen des FC Bayern. Es wird Hoeneß' großer Abschied – t-online.de ordnet ein, was von ihm bleibt.

Familiäre Säbener Straße: Hoeneß hinterlässt Weltverein mit Herz

Idyllisch ist es an der Säbener Straße 51 immer geblieben, zwischen gehobenen Einfamilienhäusern und einem erhöhten Wall, zwischen zwei städtischen Fußballfeldern hat der Klub seine Heimat. Weltverein mit Herz, so beschreiben sich die Bayern gerne. Man kauft es ihnen ab. Man kauft es vor allem Hoeneß ab.


Die Namen der Spieler aufzuzählen, die Hoeneß zu Ruhm – und viel Geld – geführt hat, erübrigt sich, weil die Liste schlicht zu lang ist. Auffällig war, dass er sich stets mit viel Herzblut den Problemfällen annahm: Dem Brasilianer Breno, der wegen Brandstiftung ins Gefängnis musste, Sebastian Deisler, der wegen Depressionen seine Karriere beendete, und allen voran Franck Ribéry, in seiner Heimat Frankreich teilweise verpönt, aber in München geliebt.

Sehr eigenes Verständnis von Gerechtigkeit

"Diesen Mann werde ich in meinem Leben niemals vergessen. Was er für mich getan hat, war unglaublich", sagte der Franzose unlängst im Interview mit der Deutschen Welle über seinen Mentor: "Er war immer für mich und meine Familie da, war oft auch mit uns unterwegs oder bei uns zu Besuch. Er ist ein Mensch mit Herz, der immer möchte, dass es seinen Spielern und dem Klub gut geht. Uli Hoeneß war für mich wie ein Vater."

Beiden wird in München nachgesagt, dass sie ein sehr eigenes Verständnis von Gerechtigkeit hätten. Was sich bei Hoeneß in der nachträglichen Beurteilung seiner Steueraffäre äußerte, und bei Ribéry nach schier unzähligen Unsportlichkeiten gegenüber Gegenspielern. Vielleicht verbindet sie auch diese Abwehrhaltung, bei Angriff sofort zum Gegenangriff überzugehen.

Hoeneß und seine Vertrauten

Hoeneß scharte zumindest über Jahre seine Vertrauten um sich, auch bei seiner Nachfolge-Regelung: Herbert Hainer, sein guter Freund, wird wohl zum neuen Präsidenten gewählt; Hasan Salihamidzic, noch eine Art Sohn, ist trotz viel Kritik aus der Öffentlichkeit unumstößlich Sportdirektor, und der einstige "Aggressive Leader" Oliver Kahn wird der künftige Vorstandsboss werden.

So ging es Hoeneß möglicherweise auch nicht selten um ein gutes Gefühl für sich selbst, was der berühmt gewordene Kritiker bei der Jahreshauptversammlung 2018, Johannes Bachmayr, anprangerte: "Es ist nicht ihr Stadion, und der Verein ist nicht ihr Eigentum."

Sehnsucht Champions League: Hoeneß hinterlässt deutschen Fußball-Riesen

Doch der Erfolg gab Hoeneß recht: Sage und schreibe 62 Titel holte der FC Bayern unter und mit dem heute 67-Jährigen. 21 Trainer arbeiteten unter ihm.

Heute ist der FC Bayern auch vor allem dank Hoeneß einer der erfolgreichsten und mächtigsten Klubs in ganz Europa, und – während Borussia Dortmund um Stabilität ringt – der letzte richtige Wettbewerber aus Deutschland, wenn es um den Champions-League-Titel geht. Ein weiterer Gewinn der Königsklasse blieb Hoeneß nach 2013 verwehrt, aber sieben Meisterschaften in Folge sind wahrlich eine grandiose Abschiedsbilanz.

Hunderte Millionen Umsatz: Hoeneß hinterlässt einen Weltkonzern

"Sein Vermächtnis ist, dass er aus dem FC Bayern einen Global Player und eine Weltmarke geformt hat", sagte Ex-Trainer Jupp Heynckes über den Mann, der nach dem Champions-League-Sieg 2013 erstmal nicht mehr mit ihm zusammenarbeiten wollte.


Vor 40 Jahren startete Hoeneß das Projekt Weltkonzern mit vergleichbar bescheidenen Mitteln, der Verein war damals mit einem Umsatz von zwölf Millionen D-Mark weit weg von einer Aktiengesellschaft – und dazu noch mit drei Millionen D-Mark verschuldet. Der Meniskus im rechten Knie machte nicht mehr mit, der Weltmeister von 1974 wechselte am 1. Mai 1979 mit nur 27 Jahren ins Management des Klubs, der sich damals in der Bundesliga einen harten Spitzenkampf mit Gladbach und später dem Hamburger SV lieferte. 30 Jahre lang war er Manager, ehe er ins Präsidentenamt wechselte.

In den USA lernte Hoeneß das Merchandising kennen

"Ich bin in der Anfangszeit viel rumgeflogen. Dahin, wo das große Business war, nach England und in die USA. Ich war zum Beispiel in San Francisco bei den 49ern", erzählte er einmal. In den Vereinigten Staaten lernte Hoeneß das Merchandising kennen, Geld damit zu machen, Fanartikel an den Mann und die Frau zu bringen. Meilensteine, die heute regelrecht banal erscheinen, damals aber revolutionär waren. "Ich sah meine wichtigste Aufgabe darin, den FC Bayern unabhängiger von Zuschauereinnahmen zu machen. Als ich anfing, machten diese 85 Prozent des Umsatzes aus", erklärte er. Der Plan ging auf, Schritt für Schritt, bis im Geschäftsjahr schließlich ein Umsatz von 750 Millionen Euro erzielt wurde.

Der populärste Meilenstein war sicher der Bau der Allianz Arena für 340 Millionen Euro, den auch Hoeneß' enger Vertrauter und Vorgänger als Präsident, Franz Beckenbauer, entscheidend vorantrieb. "Ich habe das Gefühl, dass wir unseren Fans mit diesem Stadion einen Traum erfüllt haben. Mit der Allianz Arena ist es uns gelungen, unseren Fans eine Heimat zu geben", meinte Hoeneß später und bekräftigte: "Das ist keine private Sache von Uli Hoeneß. Unsere Fans sind das Herz des Vereins, und für die machen wir das."

Für die Finanzierung holte er nach und nach mit der Allianz, Audi und Adidas drei Großaktionäre in den Verein, die bis heute Hunderte Millionen Euro für Anteile und Sponsoring zahlten – zum Dank gab es Plätze im Aufsichtsrat. Doch die schier unendliche Expansion barg von Anfang an eine Gefahr: den schleichenden Identitätsverlust.

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Fragezeichen Identifikation: Hoeneß hat's gegeben, Hoeneß hat's genommen

Was in anderen Teilen Deutschlands, wo auch viele Bayern-Fans zu Hause sind, nicht bemerkt wird, ist in München und Oberbayern unter Anhängern des Rekordmeisters ein großes Thema: Ist der FC Bayern noch Bayern?

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Es war der Kern der Attacke von Fan Bachmayr bei der letztjährigen Jahreshauptversammlung. "Zum einen gehen Sie PSG übel an als Staatsverein von Katar, aber das Sponsoring aus Katar nehmen wir gerne", wetterte das Vereinsmitglied seinerzeit unter dem Jubel der anwesenden Ultras. Der vermeintlich unantastbare Patriarch wirkte sichtlich angegriffen. Es war nicht das erste Zeichen von Misstrauen aus der organisierten Fanszene.

Immer wieder hatte er das "Mia san mia" betont, Spieler mit Identifikation zurück- und dazugeholt. Doch das familiär Bayerische und die Anforderungen des internationalen Geschäfts ließen sich mit der Zeit kaum noch vereinen. Vor diesem Hintergrund ist das konsequente Werben um einen Verbleib von Identifikationsfigur Thomas Müller zu verstehen, denn bis auf den Weltmeister und den zweiten Ersatzkeeper Christian Früchtl gibt es beim FC Bayern keinen echten Bayern mehr.

Leseraufruf: Was bleibt Ihnen von der Bayern-Ära Uli Hoeneß in Erinnerung? Schreiben Sie uns Ihre Eindrücke in den Kommentarbereich unter diesem Artikel oder schicken Sie uns eine Mail an leseraufruf@t-online.de. Eine Auswahl der Einsendungen werden wir in einem separaten Artikel mit Nennung des Namens veröffentlichen.

Lautsprecher Hoeneß: Der letzte Patriarch verlässt die Bundesliga

Einen echten Typen verliert die Bundesliga in Hoeneß allemal. Darin sind sich Gegner wie Partner einig. Den gewaltigen Respekt dokumentieren im Vereinsmagazin "51" abgedruckte Abschiedsbriefe der einstigen Kontrahenten Willi Lemke (früher Manager von Werder Bremen), Hans-Joachim Watzke (Geschäftsführer von Borussia Dortmund), Louis Van Gaal (Ex-Trainer des FC Bayern) und nicht zuletzt Christoph Daum, der im Zuge der "Koksaffäre" im Jahr 2000 auch wegen Hoeneß nicht Bundestrainer wurde.

Daum schrieb exemplarisch: "Sie waren nie artig, aber immer einzigartig." Keine Frage: Hoeneß ist der letzte echte Patriarch des deutschen Fußballs, sozialisiert in einer Ära, in der eigenmächtige Männer wie Gerhard Mayer-Vorfelder (Ex-Präsident des VfB Stuttgart) und Rudi Assauer (Ex-Manager FC Schalke) alleine das Sagen hatten. Mit Hoeneß geht aber auch ein Stück Risiko – denn mitunter schoss er über das Ziel hinaus. Zum Beispiel, als er sich bei der Jahreshauptversammlung 2007 die eigenen Fans vorknöpfte – und eine seiner legendären Wutreden hielt.


"Eure Scheiß-Stimmung, da seid ihr doch dafür verantwortlich und nicht wir! Was glaubt ihr eigentlich, wer euch alle finanziert? All die Leute aus der VIP-Loge, denen wir das Geld aus der Tasche ziehen. Was glaubt ihr eigentlich, wer ihr seid?", schrie es damals lauthals in den Saal – und war einmal mehr nicht zu bremsen: "Dafür, dass wir uns hier seit Jahren den Arsch aufreißen? Dass wir dieses Stadion hingestellt haben. Aber das hat 340 Millionen Euro gekostet. Und das ist nun mal mit sieben Euro in der Südkurve nicht zu finanzieren."

Wie die meisten Fans über sein Lebenswerk denken dürften, zeigte unlängst jedoch eine Ehrung der Mannschaft für die Meisterschaft 2019. Ende August hatten sich Hunderte Fans vor der Bayerischen Staatskanzlei eingefunden und feierten den Vereinspatron mit Sprechchören: "Ulllllliiii Hoeneß, du bist der beste Mann!" Er wird fehlen – seinen Kritikern und Befürwortern gleichermaßen.

Verwendete Quellen
  • eigene Beobachtungen und Recherchen
  • BR.de: Uli Hoeneß – Manager zwischen Anbetung und Beschimpfung
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