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Kevin Kuranyi kritisiert seinen Ex-Klub FC Schalke 04: "Es fehlt an allem"


Kevin Kuranyi
Ex-Nationalspieler kritisiert Schalke: "Es fehlt an allem"

  • Noah Platschko
InterviewVon Noah Platschko

Aktualisiert am 30.10.2020Lesedauer: 5 Min.
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Kevin Kuranyi: Der Ex-Schalker kritisiert die aktuellen Spieler seines ehemaligen Klubs.Vergrößern des Bildes
Kevin Kuranyi: Der Ex-Schalker kritisiert die aktuellen Spieler seines ehemaligen Klubs. (Quelle: Norbert Schmidt/imago-images-bilder)

Kevin Kuranyi spielte sowohl für den FC Schalke 04 als auch den VfB Stuttgart. Im Interview mit t-online spricht er über seine Zeit bei beiden Klubs und das Spiel am Freitag.

Beim VfB Stuttgart begann er seine Fußballerkarriere, auf Schalke setzte er sie fort – und stand 2007 kurz vor dem wohl größten Titel seiner Laufbahn: dem Gewinn der deutschen Meisterschaft.

Ausgerechnet der VfB Stuttgart schnappte den Gelsenkirchenern den langersehnten Meistertitel weg. Umso bitterer für Kuranyi, der erst zwei Jahre zuvor von den Schwaben nach Schalke wechselte.

13 Jahre später sind beide Mannschaften von der Meisterschaft meilenweit entfernt. Doch während der VfB als Aufsteiger einen passablen Saisonstart feierte, befindet sich S04 in der wohl schlimmsten Krise der Vereinsgeschichte.


Vor dem Duell beider Klubs am Freitag (20.30 Uhr, im Liveticker auf t-online) hat t-online mit dem ehemaligen Nationalspieler gesprochen. Über die aktuelle Situation auf Schalke, das Drama von 2007 und darüber, was beide Klubs in den vergangenen 13 Jahren falsch gemacht haben.

Herr Kuranyi, am Freitagabend trifft Schalke 04 auf den VfB Stuttgart. Welchem ihrer beiden Ex-Klubs drücken Sie die Daumen?

Ich wünsche beiden Klubs immer nur das Beste, weil ich sie im Herzen trage. Aber es ist kein Geheimnis, dass Schalke in der aktuellen Situation die Punkte dringender braucht als der VfB. Darum hoffe ich, dass sie sich am Freitag ein wenig aus ihrer kritischen Lage befreien können – und der VfB danach trotzdem eine super Saison spielen wird.

Schalke 04 steckt in der Krise. In letzter Zeit wird viel darüber gesprochen, dass die Schalke Spieler den Klub nicht verstehen. Warum bauen die Spieler nur so schwer eine echte Bindung zum Klub auf?

Was Schalke ist, wie man Schalke lebt, was Schalke bedeutet, ist bekannt: Schalke bedeutet alles. Die Fans malen ganze Häuser in den Vereinsfarben an, sind verrückt nach dem Klub. Als Spieler musst du nicht der beste Techniker sein, musst nicht 100 Tore schießen. Das erwartet auch niemand. Aber du musst dein Leben auf dem Platz geben. Kämpfen. Laufen. Einfach das, was jeder Mensch, der in seinem Leben ein bisschen Sport gemacht hat, eben kann.

Wie kritisch sehen Sie die Entwicklung der vergangenen Monate?

Wenn man die Spiele seit Januar verfolgt hat, muss man sagen: Es fehlt an allem. Leider. Ich habe mir gewünscht, dass es mit dem Trainerwechsel besser wird und sich die Mannschaft besser motivieren kann. Individuell ist Schalke eigentlich gut besetzt, aber es fehlt fast alles, was ein Team ausmacht. Laufbereitschaft, 100 Prozent zu geben und sich für den Verein zerreißen zu wollen. Das merken auch die Fans.

Wenn der Trainer bislang wenig oder nichts ändern konnte, bei wem liegt ihrer Ansicht nach die Verantwortung für die schwierige Lage?

Sportdirektor Jochen Schneider hat die Mannschaft in weiten Teilen so übernommen, wie sie jetzt ist. Er konnte aufgrund der misslichen finanziellen Situation auch nicht viel ändern. Aber er hatte zumindest drei Transferfenster Zeit, um den Kader etwas umzustrukturieren. Das ist ihm nicht besonders gut gelungen. Er hätte einen größeren Umbruch machen sollen.

Schalke ist ein Verein, der immer oben mitgespielt hat. Das wird in dieser Saison schwierig.

Allen sollte klar sein, dass es dieses Jahr um nichts anderes geht als den Klassenerhalt. Die nächsten zwei Spiele gegen einen Aufsteiger (VfB Stuttgart, Anm. d. Red.) und Mainz 05 werden unfassbar wichtig, um sich zu fangen. Diese Partien muss Schalke gewinnen. Wenn das nicht funktioniert, wird es ganz, ganz schwierig.

Sie haben nicht nur eine Schalker, sondern auch eine Stuttgarter Vergangenheit. 2005 wechselten Sie von den Schwaben nach Gelsenkirchen, obwohl sie erst kurz davor ihren Vertrag um mehrere Jahre verlängert hatten. Wie denken Sie heute über den Wechsel?

Die Situation war damals nicht einfach für mich. Wir hatten beim VfB Erfolg, aber mir war klar, dass ich den nächsten Schritt gehen wollte. Schalke war eine absolute Topmannschaft, bei der ich die nächste Herausforderung für mich gesehen habe.

Wie oft haben Sie sich Gedanken darüber gemacht, was gewesen wäre, wenn Sie in Stuttgart geblieben wären? Zwei Jahre nach ihrem Wechsel holte der VfB die deutsche Meisterschaft.

Das hat mich gar nicht beschäftigt. Worüber ich manchmal nachdenke, ist, wie schlimm es eigentlich war, acht Spieltage vor Saisonende einen Vorsprung von sieben Punkten noch aus der Hand gegeben zu haben. Wir hätten 2007 Deutscher Meister werden müssen. Das war extrem bitter.

Haben Sie sich im Nachhinein wenigstens ein bisschen für den VfB freuen können?

Das war das einzig Gute, dass die Stuttgarter die Meisterschaft geholt haben. Wenn schon nicht wir (lacht).

Von der Meisterschaft ist der VfB aktuell als Aufsteiger weit entfernt, die junge Mannschaft überzeugt aber mit erfrischendem, mutigem Fußball. Wächst beim VfB derzeit eine neue Generation der "Jungen Wilden" heran?

Die Mannschaft macht Spaß, hat auch verdient die Punkte geholt, die sie jetzt haben. Wen ich wirklich toll finde, ist Sasa Kalajdzic. Ich habe ihn während seiner Reha ein paar Mal getroffen. Der Junge ist ein Profi durch und durch. Angenehm und respektvoll. Ich habe in ihm auch etwas von mir damals gesehen, als meine Karriere in Stuttgart losging. Er hat eine Topkarriere vor sich.

Mit acht Punkten ist der VfB mehr als gut in die Saison gestartet, ist aktuell Vierter. Was trauen Sie den Schwaben zukünftig noch zu?

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Nach dem Aufstieg und den Ambitionen, die der Verein insgesamt hat, muss die Mannschaft schon wieder dahin kommen, international zu spielen. Zumindest in der Europa League. Vielleicht dieses Jahr noch nicht, aber in den nächsten zwei Jahren muss das internationale Geschäft das Ziel sein. Es kann nicht der Anspruch des VfB sein, zu einer Fahrstuhlmannschaft zu verkommen.

2007, zu ihrer sportlichen Hochphase, stritten sich Stuttgart und Schalke um die Meisterschaft. 13 Jahre später kämpft Schalke gegen den Abstieg, Stuttgart stieg zwei Mal in drei Jahren ab. Was haben beide Vereine im vergangenen Jahrzehnt falsch gemacht?

Wie man eine Mannschaft aufbaut und führt, welche Strategie man als Verein fährt, obliegt immer der Klubführung. Und da muss man sagen: Bei beiden Klubs gab es auf dieser Ebene eine viel zu große Fluktuation. Unzählige Leute kamen und gingen, es war keine klare Linie zu erkennen. Beide Vereine täten gut daran, eine neue Generation an ehemaligen Spielern heranzuführen und sie dort weiterzuentwickeln. Schauen Sie mal zum FC Bayern München.

Oliver Kahn wird Karl-Heinz-Rummenigges Nachfolger, Hasan Salihamidzic ist Sportdirektor …

… und Miroslav Klose Co-Trainer. Simon Rolfes in Leverkusen, Arne Friedrich in Berlin, Sebastian Kehl in Dortmund. Sie werden langsam herangeführt, um den Klub, den sie selbst als Spieler kennengelernt haben, irgendwann zu führen. Ich würde mir wünschen, dass Schalke und der VfB mehr Ex-Spieler einbauen. Mario Gomez wäre beim VfB sicher ein Kandidat, Gerald Asamoah auf Schalke. Der VfB geht mit Thomas Hitzlsperger zumindest den richtigen Weg, Schalke hat noch Nachholbedarf.

Sie haben Miroslav Klose angesprochen. Würden Sie denn für ein Amt beim VfB oder auf Schalke zur Verfügung stehen?

Die Frage stellt sich nicht. Ich baue gerade meine eigene Sportmarketing-Agentur auf, das hat Priorität. Klar mache ich mir auch Gedanken, was die Zukunft bringt und ob es eine Option ist, bei einem der alten Vereine einzusteigen. Aber ich bin aktuell absolut glücklich und zufrieden.

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