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Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Deutschland besiegt Frankreich Sie wurden zu Unrecht unterschätzt

Die DFB-Frauen überraschten nicht nur Frankreich im EM-Viertelfinale. Nach einem Nervenspiel war für das unterschätzte deutsche Team vor allem eines entscheidend.
Aus Basel berichtet Kim Steinke
Sie standen eng beieinander, Schulter an Schulter, Arm in Arm. Deutschland wirkte geschlossen und formierte sich am Mittelkreis stehend zu einer Einheit. Auf der anderen Seite Frankreich: verteilt, distanziert und jede Spielerin für sich. Dieses Bild während des Elfmeterschießens im EM-Viertelfinale sprach Bände – und es war kein Zufall.
Nach der 1:4-Niederlage gegen Schweden wurden sie unterschätzt und heruntergeschrieben. Die wenigsten trauten diesem Team den großen Wurf zu – zu Unrecht. Denn was viele im Vorfeld nicht sahen oder nicht sehen wollten, war genau dies: den großen Zusammenhalt, die innere Stärke dieser DFB-Frauen. Das war die Voraussetzung dafür, dass Deutschland trotz 105-minütiger-Unterzahl gegen das schier unschlagbar geglaubte Frankreich (6:5 nach Elfmeterschießen) ins Halbfinale der Europameisterschaft in der Schweiz einziehen konnte.
Das ist entscheidender
Der nervenaufreibende Sieg nach 120 kampfbetonten Minuten und der Zitterpartie vom Elfmeterpunkt war dabei keine glückliche Fügung. Er zeigte den Charakter des Teams. Frankreich hatte zwar mehr Chancen und Spielanteile. Aber die französischen "Les Bleues" haderten mit Präzision und Ideen im Offensivspiel, es fehlte ihnen an Nervenstärke.
Deutschland hingegen behielt die Nerven und bewies zudem Herz, die Spielerinnen spielten füreinander und ließen es jeden Zuschauer im Stadion und vor dem Fernseher spüren. Einige Spielerinnen im deutschen Team wuchsen zudem über sich hinaus. Nach Carlotta Wamser, die in der Gruppenphase die verletzte Kapitänin Giulia Gwinn (Innenband) ersetzte, wurde plötzlich auch Franziska Kett wichtig. Die 20-Jährige debütierte bei der EM und absolvierte erst ihr viertes Länderspiel insgesamt. Von Nervosität ließ sie sich nichts anmerken und setzte den Französinnen mit Robustheit und Handlungsschnelligkeit zu.
Selbst eine Giovanna Hoffmann sackte nach ihrer Auswechslung nach 98 Minuten nicht etwa in sich zusammen. Als sie in Richtung Seitenlinie ging, heizte sie die Fans im Basler St. Jakob-Park ordentlich an. Auch Bundestrainer Christian Wück gab alles, coachte sein Team ununterbrochen. Als der Pfiff nach 120 Minuten ertönte und es ins Elfmeterschießen ging, verwandelte er das Stadion in einen Hexenkessel. Was für eine Energie.
Elfmeterheldin Ann-Kathrin Berger brachte es nach dem Abpfiff auf den Punkt: "Jetzt muss jede Mannschaft vor uns Angst haben." Tatsächlich scheint inzwischen alles möglich, auch der EM-Titel. Wieder geht Deutschland als Außenseiter ins Halbfinale mit dem Weltmeister aus Spanien. Aber dieses Mal ist auch den meisten klar: Dieses Team sollte niemand unterschätzen.
- Eigene Beobachtungen vor Ort