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Nationalspielerin Johanna Elsig: "Fußballspielen hat nichts mit dem Geschlecht zu tun"


Johanna Elsig
"Fußballspielen hat nichts mit dem Geschlecht zu tun"

  • Noah Platschko
InterviewEin Interview von Noah Platschko

06.06.2019Lesedauer: 5 Min.
Interview
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Johanna Elsig am Ball: Die Potsdamerin ist Teil des Kaders der WM 2019 in Frankreich.Vergrößern des Bildes
Johanna Elsig am Ball: Die Potsdamerin ist Teil des Kaders der WM 2019 in Frankreich. (Quelle: photoarena/Eisenhuth/imago-images-bilder)

Im Interview mit t-online.de spricht die Innenverteidigerin von Turbine Potsdam über ihre Vorfreude auf die WM, ihre Masterarbeit und darüber, was sich in Bezug auf den Frauenfußball ändern muss.

Sie hat es geschafft. Als eine von 23 Spielerinnen ist Johanna Elsig Teil des WM-Kaders bei der Frauen-WM 2019 in Frankreich – vorausgesetzt, sie bleibt verletzungsfrei.

Am 8. Juni startet das DFB Team gegen China (Samstag, ab 15 Uhr im Liveticker auf t-online.de) in die WM. Die 26-jährige Innenverteidigerin von Turbine Potsdam kann den Start ins Turnier kaum erwarten – äußert aber auch kritische Töne.

Frau Elsig, bei der Kaderbekanntgabe vor drei Wochen sorgte der Werbespot einer Ihrer Sponsoren für Aufruhr. Unter anderem hieß es im Voice-Over: "Wir brauchen keine Eier – wir haben Pferdeschwänze". Wie finden Sie den Spot?

Johanna Elsig (26): Ich finde ihn sehr gelungen, weil das angesprochen wird, was viele als Vorurteil im Fußball sehen und der Spot gezeigt hat, dass Fußballspielen nichts mit dem Geschlecht zu tun hat – sondern mit Können. Das Video bringt eine Botschaft rüber, die zum Denken bzw. zum Umdenken anregt, sich auch mehr Frauenfußball anzuschauen.

Wollte das Team mit dem Spot auch bewusst gesellschaftlichen Einfluss nehmen?

Ich denke schon. In England oder Spanien wird immer mehr gemacht für den Fußball, in Spanien kamen zum Ligaspiel zwischen Atlético und Barcelona mehr als 60.000 Zuschauer ins Stadion. Deutschland ist da hinterher. Alle schauen auf den Männerfußball, der immer mehr gepusht wird. Frauenfußball kann dann irgendwann nicht mehr mitgehen und braucht einfach auch mehr finanzielle Unterstützung, um nicht den Anschluss zu verlieren – wenn man überhaupt von Anschluss reden kann.


Wenn man den Frauenfußball besser vermarktet, ist es auch einfacher, die Stadien voll zu bekommen. Schauen wir uns nur mal die Anstoßzeiten an: Wenn wir ein Spiel an einem Dienstag um 16 Uhr haben, dann ist es selbsterklärend, dass nicht viele Menschen ins Stadion kommen – geschweige denn, sich die Partie im Fernsehen angucken können.

Was können die Vereine tun?

Jeder Klub muss gezielt ansprechendere Werbung machen, um den Menschen zu zeigen: Frauenfußball kann genauso gut sein wie Männerfußball. Der einzige Unterschied ist die physische Komponente. Aber in der Leichtathletik sagt auch keiner: "Die Frauen rennen langsamer als die Männer". Nur da fällt es eben nicht so auf. Ich denke, da steht uns noch viel Arbeit bevor. Aber vielleicht ist dieser Werbespot ein erster Schritt in die richtige Richtung.

"Ihr müsst euch unsere Gesichter nicht merken", heißt es unter anderem in dem Werbespot. Wie ist das gemeint?

Im Hinblick auf die WM ist es wichtig, ein Team zu bilden und als Team aufzutreten. Es ist schwieriger bei Frauen, Stars rauszubringen, weil es nicht so polarisiert. Vielleicht kann man die Aufmerksamkeit besser über die Mannschaft erreichen. Der Einzelne ist da zweitrangig.

Jetzt steht die Weltmeisterschaft vor der Tür. Wie groß ist die Vorfreude?

Super groß. Ich habe mir immer gewünscht, ein großes Turnier zu spielen – dieser Traum geht jetzt in Erfüllung. Ich habe mich riesig über die Nominierung gefreut.

Sie haben bislang 12 Länderspiele bestritten, bei keinem hat die Nationalmannschaft verloren. Wie sicher waren Sie sich, in Frankreich dabei zu sein?

Ich wusste, dass in der Innenverteidigung die Konkurrenz sehr stark war – und dass ich deswegen in der Bundesliga-Saison kontinuierlich meine Leistung bringen musste. Das ist mir zum Glück gelungen und ich bin mit der Nominierung dementsprechend belohnt worden.

Es ist Ihr erstes großes Turnier. Mit welchen Erwartungen gehen Sie in die WM?

Ich glaube, die Stimmung wird richtig geil sein. Wir haben dieses Jahr schon mal in Frankreich (im Februar in Laval, Anm. d. Red.) gespielt und die Atmosphäre war unfassbar. Schon im Frühjahr wurde in Frankreich viel Werbung für den Frauenfußball gemacht, was nicht in jedem Land selbstverständlich ist.


Das ganze Land weiß, dass die WM bald losgeht. Die Vorfreude ist dementsprechend groß. Andererseits darf man, glaube ich, die Reisestrapazen auch nicht unterschätzen und muss darauf achten, die richtigen Regenerationsphasen abzupassen.

Was ist Ihr Ziel? Ihr Trainer in Potsdam, Matthias Rudolph, traut Ihnen den Titel zu.

Ich denke, dass wir als Mannschaft in der Lage sind, um den Titel zu spielen. Gerade gegen Frankreich haben wir gezeigt, dass wir den Gastgeber schlagen können. Wir sollten positiv ins Turnier gehen und das Ziel haben, ins Finale zu kommen. Und dann wollen wir natürlich auch gewinnen.

Sie studieren Sportpsychologie und haben kürzlich Ihre Masterarbeit abgegeben. Was war das Thema?

Für meine Masterarbeit habe ich Interviews mit Trainer- und Trainerinnen geführt, in denen es darum ging, erfolgreiches Coachingverhalten herauszufinden – in Bezug auf das Coachen von Männer- und Frauenmannschaften.

Ist das Studium für Sie ein intellektueller Ausgleich zum Fußball?

Ich würde jedem empfehlen, noch etwas neben dem Fußball zu machen. Wenn es mal in der Mannschaft nicht so läuft, dann hat man nicht so viel Zeit, darüber nachzudenken, was denn alles falsch läuft. Im Frauenfußball ist man nach der Karriere nicht abgesichert – umso wichtiger ist es, etwas in der Tasche zu haben, womit man im Anschluss beruflich weiter leben kann.

Wie schaffen Sie es, Bundesliga, Nationalmannschaft und Studium unter einen Hut zu bringen?

Ich habe beide Studiengänge im Fernstudium gemacht, den Bachelor an der Europäischen Sportakadamie (ESA), den Master an der DHGS Berlin. Natürlich ist es eine stressige Zeit. Gerade, wenn Klausurenphase ist oder Hausarbeiten geschrieben werden müssen, muss man aufpassen, dass man sich die Zeit gut einteilt und den Fokus auf den Fußball nicht verliert. Trotzdem waren mir sowohl das Bachelor- als auch das Masterstudium sehr wichtig – und ich bin sehr froh, es gemacht zu haben.

Was sagt Ihr Coach in Potsdam dazu?

Unser Vereinstrainer (Matthias Rudolph, Anm. d. Red.) legt viel Wert darauf, neben dem Fußball etwas zu machen. Er ist eigentlich auch hauptberuflich Lehrer. Es wird bei uns gerne gesehen, etwas nebenher zu machen, aber am Ende ist es die Entscheidung von jedem selbst.

Im Februar verlängerten Sie Ihren Vertrag in Potsdam. Wäre für Sie ein Wechsel, vielleicht auch nach Frankreich, eine Option?

Ich bin nicht abgeneigt, ins Ausland zu gehen. Es war auch eine Option, bevor ich meinen Vertrag verlängert habe. Ich habe mich dann aber für die Unterstützung des Trainerteams und des Vereins entschieden – und auch für mein privates Umfeld hier in Potsdam. Aber ich bin mit 26 noch nicht am Ende meiner Karriere. Mal schauen, was noch kommt.

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