Liga-Präsident Reinhard Rauball hat die Bundesregierung mit Blick auf den Kampf gegen Rechtsextremismus scharf kritisiert. "Dass sich der Bund aus Angst vor einer Niederlage vor dem Verfassungsgericht aus dem Verbotsverfahren gegen die NPD rauszieht, ist für mich nicht akzeptabel und hat mich persönlich enttäuscht", sagte der Chef des Ligaverbandes (DFL) bei einem Fan-Kongress in Frankfurt/Main. Anlass war das Jubiläum der Initiative "Nie wieder".
Gemeinsam mit DFB-Präsident Wolfgang Niersbach sprach sich Rauball für einen Schulterschluss aller Demokraten aus, um gegen Neonazis und Rechtsradikale im Umfeld des Fußballs vorzugehen. "Wir müssen mit voller Überzeugung gerade den Anfängen entgegentreten", sagte 63-Jährige. Niersbach und Rauball legten den Klubs nahe, das Bekenntnis gegen Diskriminierung und Rassismus in ihre Satzungen aufzunehmen, um so mit Vereinsausschlüssen und Stadionverboten reagieren zu können.
Videobotschaft von Hitzlsperger
"Homophobe haben jetzt einen Gegner mehr"
Der Ex-Fußball-Profi äußert sich zu den Hintergründen seines Coming-Outs. Video
Problemfälle sollen intensiver betreut werden
Seit zehn Jahren setzt sich der DFB dafür ein, dass in den deutschen Stadien regelmäßig an die Verbrechen der Naziherrschaft erinnert und zur Zivilcourage aufgerufen wird. Im Dialog mit Rauball betonte Niersbach ausdrücklich die gesellschaftliche Verantwortung des Fußballs und nahm auch die Politik in die Verantwortung: "Die Vereine fühlen sich oft ohnmächtig und alleingelassen von Polizei und Staat, weil sie Randalierer nicht nachhaltig sanktionieren können. Deswegen müssen wir öffentlich umso aktiver mit dem Thema umgehen", sagte der Spitzenfunktionär. Er versprach zudem, Problemfälle wie Alemannia Aachen, wo die rechte Szene die Fankurven massiv unterwandert, intensiver zu betreuen.
Auch Rauball sprach sich für eine klare politische Positionierung des Fußballs aus und berichtete in seiner Funktion als Präsident von Borussia Dortmund über die Rückkehr von Neonazis in die Südkurve des Signal Iduna Parks. "Wir gehen absolut konsequent in diesen Fällen vor: mit Stadionverboten und Vereinsausschlüssen. Es ist wichtig zu sehen, dass es uns vor zehn Jahren gelungen ist, die Situation in unserem Stadion weitgehend in den Griff zu kriegen", sagte er und betonte auch, dass die Lage weitaus weniger dramatisch sei als noch vor zehn Jahren.
Fans wollen ein Zeichen setzen
Am ersten Rückrundenspieltag am 27. Januar wollen die Fans mit Choreographien in den Kurven und vielfältigen Aktionen ein Zeichen gegen den alltäglichen Rassismus in Stadien setzen. "So schön die Atmosphäre in unseren Stadien ist, dürfen wir die Entgleisungen, ob sie nun rechter oder homophober Art seien, nicht übersehen. Unsere Stadien sind zu groß, als dass wir alles im Griff haben könnten", betonte Niersbach.
Derweil hat Rauball an gleicher Stelle den Medienhype nach dem Outing von Thomas Hitzlsperger kritisiert. "Da wurden Themen von Talkshows kurzfristig geändert, ich habe eigentlich nur noch auf einen Brennpunkt gewartet. Wie mit diesem Thema umgegangen wurde, war der deutschen Gesellschaft nicht würdig", sagte Rauball.
Rauball zur Outing-Debatte: Der Fußball ist noch nicht soweit
DFB-Präsident Wolfgang Niersbach gestand ein, dass andere Bereiche der Gesellschaft dem Fußball beim Umgang mit dem Thema Homosexualität "weit voraus sind". Rauball fügte hinzu, dass es "zu idealistisch ist zu glauben, dass der Fußball so weit ist". Deshalb könne er keinem Profi anraten, sich zu outen.
Weitere News aus der Bundesliga
- Keine Rücksicht auf Stars: Stöger greift beim BVB gnadenlos durch
- Abstieg in Spanien: Kommt das einstige Barça-Wunderkind zurück zum HSV?
- Europa-Quali wackelt: Die Gründe für den Leipzig-Absturz
- Manager sauer: Maulwurf-Affäre beim VfL Wolfsburg
- Reds sparen Millionen: Warum Liverpool von der Leipziger Formkrise profitiert
"Wenn ein Spieler mit dem Gedanken zu mir käme, würde ich jeden Aspekt mit ihm diskutieren, und ihm dann die Entscheidung überlassen", sagte Rauball: "Raten würde ich ihm, sich gegenüber seinem Trainer, seinem Vorstand und seinen Mannschaftskameraden zu outen, damit er seine persönliche Freiheit in seinem Arbeitsleben bekommt."