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WM 2018: Überheblichkeit? Berti Vogts sieht "Parallelen zu 1994"


Überheblichkeit? "Ich sehe Parallelen zu 1994"

Die Kolumne von Berti Vogts bei t-online.de

Aktualisiert am 21.06.2018Lesedauer: 4 Min.
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Mesut Özil (v.l.), Thomas Müller und Toni Kroos bei der Auftaktpleite gegen Mexiko. Berti Vogts war schockiert von der Vorstellung der deutschen Mannschaft.Vergrößern des Bildes
Mesut Özil (v.l.), Thomas Müller und Toni Kroos bei der Auftaktpleite gegen Mexiko. Berti Vogts war schockiert von der Vorstellung der deutschen Mannschaft. (Quelle: Ulmer Pressebildagentur/imago-images-bilder)

Als amtierender Weltmeister in ein Turnier? Berti Vogts kennt die Probleme, die das mit sich bringt. Hier erklärt er, warum das so schwierig ist.

Das ist schon überheblich gewesen, wie die deutsche Mannschaft gegen Mexiko aufgetreten ist. Man hat wohl gedacht: Mexiko hat man immer geschlagen. Die Mexikaner, sagt man, sind nur stark, wenn sie zu Hause in 2.000 Meter Höhe spielen. Dazu kam dann noch der Gewinn des Confed-Cups, der 4:1-Sieg in diesem Turnier über Mexiko im Halbfinale vergangenes Jahr. Aber: Die Zeiten haben sich geändert. Das liegt zum einen an der mexikanischen Mannschaft, die eine andere ist als damals. Zum anderen liegt das an der deutschen.

Viele Spieler denken: Wir sind Weltmeister, wir gewinnen locker

Die hat eindeutig Probleme, die sie abstellen muss. Es wurde bei der Auftaktniederlage zu wenig gearbeitet, wenn der Gegner in Ballbesitz war. Wenn man sich das Tor von Mexiko anschaut: Da war keine Staffelung da, man ist nicht rechtzeitig reingerückt und hat gedacht, da wird schon nichts passieren. Das ärgert mich. Das Problem war, dass der Defensivblock gegen Mexiko nicht richtig funktioniert hat. Hier hätte ich erwartet, dass die erfahrenen Spieler, die schon eine Weltmeisterschaft gespielt haben – immerhin waren acht Weltmeister gegen Mexiko dabei – sagen: Ok, so geht es nicht mehr weiter.

Die aktuelle Situation erinnert mich nicht nur an 1994, sondern auch an 1978 – jeweils das Turnier vier Jahre nach einem Weltmeistertitel. Viele Spieler denken einfach: „Wir sind der amtierende Weltmeister. Natürlich gewinnen wir das erste Spiel und die Gruppe.“ Und dann gibt es ganz schnell die Quittung. 1978 haben wir das erste Spiel 0:0 gegen Polen gespielt, 1994 nur 1:0 gegen Bolivien gewonnen.

Ich gehe davon aus, dass Löw auf den Tisch gehauen hat

Man glaubt, man fährt als Weltmeister nach Russland und spielt einfach wieder so wie vier Jahre zuvor. Aber einige Spieler fühlen sich zu sicher. Das überrascht mich, weil die letzten Spiele unserer Mannschaft alles andere als überragend waren. Ich habe in den letzten sieben, acht Spielen kein gutes Länderspiel der DFB-Elf gesehen. Da hätte ich erwartet, dass jeder Spieler sich denkt: Verdammt noch mal, wir müssen mehr Gas geben! Vielleicht wäre es ganz gut gewesen, wenn das Spiel gegen Saudi-Arabien kurz vor Schluss noch unentschieden ausgegangen wäre. Vielleicht hätten sich dann die erfahrenen Spieler zusammengesetzt und gesagt: Da müssen wir drüber reden, so kommen wir nicht weiter.

Ich glaube, dass auch Joachim Löw jetzt intern richtig auf den Tisch gehauen hat. Das dringt nicht nach draußen, aber mit Sicherheit hat er das gemacht. Jetzt stehen wir schon mit dem Rücken zur Wand.

Aber: Jetzt wird die Mannschaft – und davon bin ich überzeugt – ihr wahres Gesicht zeigen.

1994 hatten wir wirklich Grüppchen

Es wird gerade viel über eine vermeintliche Grüppchenbildung im deutschen Team spekuliert. Da lohnt sich ein Blick auf die WM 1994: Da hatten wir es tatsächlich mit drei Gruppen zu tun. Wir hatten die Gruppe der Weltmeister, wir hatten die jungen vorpreschenden Spieler, die in den letzten vier Jahren in der Bundesliga auf sich aufmerksam gemacht hatten und dann hatten wir die Spieler aus der früheren DDR. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das heute auch so ist. Allein die Spieler vom FC Bayern sind doch alle offen. Da ist nicht einer dabei, der ein großer Egoist ist.

Auch über die Bedingungen wird viel diskutiert. Lange Flugreisen, falsche Unterkunft. Auch das erinnert mich an 1994. Wir hatten unser Hauptquartier in Chicago und genauso lange Flugreisen wie die heutige Mannschaft in Russland. Aber so ist das halt, wenn die Weltmeisterschaft in so großen Ländern stattfindet.

Unterkunft kann keine Entschuldigung sein

Auch die Unterkunft in Watutinki kann keine Entschuldigung für die bisherige Leistung sein. Wenn man ein Spiel verliert, dann ist alles schlecht. Nur weil man in Sotchi den Confed-Cup gewonnen hat, ist es noch nicht das bessere Quartier. Warum hätte man in Sotchi bei 30 Grad und der Mückenplage im Sommer sein WM-Hauptquartier aufschlagen sollen? Man hat beim DFB schon genau überlegt, warum man nach Moskau geht. Man kann das eine und andere in Frage stellen, aber mit Sicherheit ist der Mannschaftsrat auch in die Entscheidung einbezogen worden.

Gerade nach dem Vorfall in Dallas, als Stefan Effenberg den Zuschauern den Mittelfinger gezeigt hatte, wurden ernste Worte ausgesprochen. Und dabei ist es durchaus mal lauter geworden.

Sie müssen es jetzt abrufen

Gegen Schweden muss sich die deutsche Elf jetzt auf ein sehr körperbetontes Spiel einstellen. Die Schweden wissen, dass die deutsche Mannschaft angeschlagen ist. Sie selbst befinden sich nach dem Sieg gegen Südkorea in einem Hochgefühl. Sie werden versuchen, ihre Stärken – bei Standards und Kontern – durchzubringen und die Deutschen wieder zu überraschen. Bei dieser WM wird sehr körperbetont gespielt und das kommt den Schweden natürlich entgegen. Die Schiedsrichter lassen das Spiel zum größten Teil laufen. Wir müssen uns auf eine sehr robuste schwedische Mannschaft einstellen. Das müssen wir annehmen.

Allerdings: Wenn die Deutschen zu ihrer normalen Form finden und ihr schnelles Passspiel durchziehen, dann werden die Schweden große Probleme haben, mit dem deutschen Spiel klar zu kommen. Die deutschen Spieler wissen, wie stark sie spielen können, wenn sie es müssen. Nur: Sie müssen es jetzt abrufen!

Wenn es wieder so losgeht, muss Löw ein Zeichen setzen

Ich glaube an den deutschen Fußball und unsere Nationalmannschaft. Den Gedanken an ein frühes Aus lasse ich gar nicht hochkommen. Joachim Löw ist auch weiter der richtige Mann am Steuer und er wird die richtige Elf finden, die uns gegen Schweden drei Punkte bescheren wird.

Wir müssen positiv denken. Und wenn man in den ersten 10, 15 Minuten sieht, dass der eine oder andere Spieler wieder nicht so in die Zweikämpfe geht, wie man das gegen die Schweden machen muss, dann muss man einfach ein deutliches Zeichen an die Mannschaft setzen und einen Spieler nach 20 Minuten auswechseln. Ende! Das wird Joachim Löw auch tun.

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