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DFB-Team vor der WM in Katar: Die große Ratlosigkeit der Nationalmannschaft


Letzter WM-Test wirft Fragen auf
Die große Ratlosigkeit

  • Noah Platschko
Von Noah Platschko, London

Aktualisiert am 27.09.2022Lesedauer: 4 Min.
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Thomas Müller: Der Bayern-Stürmer kam beim 3:3 in England zu einem Kurzeinsatz. (Quelle: IMAGO/Pressefoto Rudel/Robin Rudel)

2:0 geführt, 2:3 zurückgelegen – und am Ende einen Punkt geholt. Was fängt Deutschland mit diesem Spiel an? Gar nicht mal so einfach.

Es gibt Fußballspiele, die sind stinklangweilig. Es gibt solche, die man nie wieder vergisst. Und es gibt Spiele wie das 3:3 der deutschen Nationalmannschaft in England (zum Spielbericht gelangen Sie hier).

Nach dem verpatzten letzten Heimspiel des Jahres gegen Ungarn (0:1) hatte Bundestrainer Hansi Flick eine Reaktion seiner Mannschaft gefordert. Diese bekam er gegen England auch zu sehen – und gleichzeitig auch nicht. Denn wer das letzte Nations-League-Spiel der deutschen Mannschaft live verfolgte, der durfte am Ende recht ratlos auf ein Duell zurückblicken, das mehr Fragen aufwirft, als es Antworten gibt.

Die DFB-Elf hat auf den schwachen Auftritt am Freitag eine Reaktion gezeigt und bis zur 72. Minute mit 2:0 in Wembley geführt. Eine Führung, die sie aber binnen elf Minuten wieder komplett aus der Hand gab, nur um ein unverhofftes Comeback zu feiern und dann doch noch einen Zähler mitzunehmen.

"Es darf nicht passieren, dass wir so eine Führung hergeben", stellte der Bundestrainer logischerweise nach Abpfiff fest. "Aber wir sind wieder zurückgekommen, das ist das Positive. Es gibt einiges an Arbeit für uns, aber wir sind optimistisch, sonst könnten wir (bei der WM, Anm. d. Red.) schön zu Hause bleiben." Und das will bekanntlich niemand.

Maguire mit dem Geschenk

Dass die DFB-Elf ihren Vorsprung leichtfertig aus der Hand gab, ist die eine Sache. Wie diese überhaupt zustande kam, die andere. Denn ohne das dilettantische Abwehrverhalten des vom englischen Publikum schon vor Spielbeginn ausgepfiffenen Harry Maguire, wäre die DFB-Elf gar nicht erst in Führung gegangen. Ein Elfmeter-Geschenk, das Jungstar Jamal Musiala geschickt herausholte – und Mittelfeldstratege Ilkay Gündogan eiskalt verwertete.

Es kam also nicht von ungefähr, dass es einen Aussetzer des Gegners brauchte, um auf die Siegerstraße einzubiegen. Die deutsche Führung täuschte darüber hinweg, dass Deutschland wie schon gegen Ungarn etliche Mängel aufwies. Erneut spielte sich das Flick-Team kaum Torgelegenheiten heraus, agierte pomadig bei eigenem Ballbesitz – und musste sich beim glänzend haltenden Marc André ter Stegen (t-online-Note 1) bedanken, nicht schon zur Pause zurückzuliegen.

Beängstigende Stille in Halbzeit eins

Was die Analyse für den Bundestrainer nicht leichter macht: Auch England, bereits vor dem Klassiker feststehender Absteiger aus Gruppe 3 der Liga A, enttäuschte im ersten Durchgang komplett. Verglichen mit der spannungsgeladenen Atmosphäre 15 Monate zuvor bei der EM glich das Wembley-Stadion einem stillgelegten Fußballtempel, den besonders im ersten Durchgang eine beängstigende Stille durchzog.

Das änderte sich in der zweiten Hälfte. Das Stadion erwachte zum Leben. Auch, weil Deutschland es zuließ und trotz eines Zwei-Tore-Vorsprungs auf unerklärliche Weise die Spielkontrolle abgab. "Wir hatten alles im Griff und führen verdient 2:0. Dann werden wir viel zu passiv, schieben nicht mehr konsequent durch, verteidigen viel zu tief, haben nicht mehr den Mut, gegen den Ball zu spielen – irgendwo unerklärlich", zeigte sich Kapitän Joshua Kimmich nach der Partie ratlos.

Ein Blick in die Statistik unterstreicht Kimmichs Aussagen. 11 (!) der 13 Schüsse gab England innerhalb des deutschen Sechzehnmeterraums ab. Weder der Doppelsechs Kimmich/Gündogan noch der BVB-Innenverteidigung Schlotterbeck/Süle gelang es, den Angriffsbemühungen der "Three Lions" im Zentrum Einhalt zu gebieten. Auch die Außenverteidiger Gosens und Kehrer agierten viel zu passiv, bekamen von ihren offensiven Vorderleuten aber auch kaum Unterstützung. Es schien, als würde sich Deutschland apathisch und kampflos seinem Schicksal ergeben. Wäre da nicht noch das durch einen Torwartpatzer zustande gekommene 3:3 gewesen, das erneut der Wahl-Londoner Kai Havertz erzielte.

Vermutlich weiß Hansi Flick selbst nicht so richtig, was er mit diesen beiden Spielen anfangen soll. Selten hatten Länderspiele eine solch geringe Aussagekraft wie die beiden Duelle gegen Ungarn und England. Nun geht es für sechs Wochen zurück in die Vereine, auf etliche Spieler warten durchgehend englische Wochen. "Es ist wichtig, dass jeder einzelne Spieler in dieser Zeit noch ein bisschen an sich arbeitet. Das betrifft die Sicherheit, die Fitness und die Überzeugung im Passspiel. Wir können als Mannschaft noch einen Tick besser werden", zeigte sich Flick optimistisch. Doch ob das reicht?

Katar wird ein Turnier der Form

Stärker denn je scheint klar: Die WM in Katar wird ein Turnier der Form. Denn viel wird Flick mit seinen Mannen nicht mehr einstudieren können. Einzig die Leistungen in den Vereinen können den Bundestrainer nun noch in seiner Kader-Wahl beeinflussen. "Mit der Situation müssen wir umgehen und daraus das Beste machen. Wir sind schon viel unterwegs, um im Stadion zu sehen, was die Spieler machen. Ich glaube, dass wir, wenn wir uns treffen, alle heiß darauf sind, eine wirklich gute WM zu spielen", schloss Flick seine Pressekonferenz, ehe er sich auf den Weg zum Mannschaftsbus machte.

Dass die Spieler "heiß sind", eine gute WM zu spielen, dürfte das Mindestmaß an Anspruch sein, den man an die Nationalspieler haben kann. Ob sie dazu in der Lage sind, diese auch zu gewinnen, steht auf einem anderen Blatt. Das wilde 3:3 von London hat zumindest noch mehr Fragezeichen als Antworten geliefert.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen aus dem Wembley-Stadion
  • DFB-Pressekonferenz mit Hansi Flick
  • Statistiken auf fotmob.com
  • Tabelle der Nations League bei t-online
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