Der Zweikampf der Woche Dann hören auch diese dämlichen Fragen auf

Deutschlands Basketballer schwelgen im Erfolg, der deutsche Fußball stottert in die neue Saison. Vergleiche zwischen beiden Sportarten sind schwierig. Oder doch nicht?
Es war eine Schlüsselszene in Borussia Dortmunds Auftaktspiel der neuen Champions-League-Saison gegen Juventus Turin (4:4): Beim Stand von 3:2 bekam der BVB einen Elfmeter zugesprochen. Serhou Guirassy und Ramy Bensebaini stritten daraufhin, wer denn nun den Elfmeter schießen dürfe. Viele Fans wunderten sich, dass sich da zwei Profis vor Millionenpublikum eine solche Diskussion leisteten.
- Streit um Elfmeter: BVB-Stars liefern sich Wortgefecht in Turin
Überhaupt ist der deutsche Fußball in den vergangenen Wochen immer mal wieder in die Kritik geraten: lethargische Auftritte der Nationalmannschaft, Elfmeter-Streit auch in Leverkusen, Uli Hoeneß, der sich öffentliche Scharmützel mit Max Eberl leistete. Ganz anders die Auftritte der deutschen Basketballer bei der EM, die sie am Ende auch gewann. Sie bildeten eine Einheit, zogen an einem Strang, traten auf wie die vier Musketiere: einer für alle, alle für einen. Da stellt sich die Frage:
Kann der deutsche Fußball von den Basketball-Europameistern etwas lernen?
Ja, denn so sehr hinkt der Vergleich gar nicht
Ein Basketball ist größer als ein Fußball. Schon klar. Und natürlich sind unrunde Äpfel noch lange keine Birnen. Trotzdem: Schon als Deutschlands Basketballer die EM-Trophäe emporreckten, fühlte es sich so an, als passiere bei den Korbjägern gerade etwas, das man beim deutschen Fußball bereits länger vermisst.
So sehr hinkt der Vergleich gar nicht. Dortmunds zankende Ego-Zocker haben es bewiesen: Es gibt tatsächlich einen Unterschied zwischen Deutschlands Kickern und Basketballern. Die Wahrheit liegt aber nicht auf dem Feld, sondern im Herzen.
Egal, ob das Runde ins Eckige muss oder der Ball huschhusch ins Körbchen: Spieler spielen das Spiel, Teams gewinnen Titel. Wenn Basketball-Kapitän Dennis Schröder nach dem Titel seinem Mannschaftskameraden Daniel Theis weinend in den Armen liegt, während sich die Vertragskicker um die Ausführung eines Strafstoßes balgen, dann steckt eine Lehre in diesen Szenen. Wenn Deutschlands Nationalfußballer seltsam unbeteiligt über den Platz rumpeln, während ihre Körbe werfenden Kollegen wie Flummis ins EM-Finale springen, dann sagt das etwas aus.
Ein Team ist mehr als die Summe seiner Teile. Diese Binse gilt beim Fußball wie beim Basketball. Psychologen sprechen von "Purpose": Eine Mannschaft, die dem gemeinsamen Ziel alle persönlichen Ambitionen unterordnet, wird immer erfolgreicher sein als eine Zweckgemeinschaft von Karrieresportlern. Kickende Ich-AGs, die vor allem den eigenen Marktwert steigern wollen, tun nur eines gemeinsam: scheitern.
Der deutsche Fußball hat es selbst bewiesen. Den WM-Sieg 2014, einer der letzten Sternstunden des DFB-Teams, holte eine verschworene Bruderschaft, der bewusst war: Wenn wir dieses Jahr nicht gewinnen, sind die meisten von uns zu alt. Die 2014er wollten nicht "unvollendet" abtreten. Das machte sie stark. Dieser Hunger ist ihren Nachfolgern verloren gegangen. Die Basketballer dagegen haben ihn. Gemeinsame Gier gewinnt Titel. Egal, wie groß der Ball ist.
Nein, das ist so zielführend wie ein Fußmarsch zum Mond
Es ist immer dasselbe: Die Basketballer, die Handballer, wer auch immer, gewinnen einen großen Titel, die Fußballer haben eine Durststrecke – und dann kommt diese Frage auf: Was die Fußballer vom Basketball in dem Fall lernen können? Die Antwort kann nur lauten: nichts. Sie können sich gegebenenfalls etwas abschauen. Aber die Diskussion ist so zielführend wie ein Fußmarsch zum Mond.
Die Basketballer haben etwas Großartiges geleistet, das steht außer Frage. Sie haben die Fans emotional mitgerissen, allerdings in einer Extremsituation. Ein Turnier verlangt einem Sportler alles ab – ab Minute eins. Er hat nur wenig Zeit, wenige Spiele. Wenn er etwas erreichen will, muss er gleich alles geben. Das haben die Basketballer getan.
Haben allerdings auch die Fußballer vor einem Jahr bei der Heim-EM. Sie wollten den Titel, sind dann bitter im Viertelfinale wegen einer falschen Schiedsrichterentscheidung rausgeflogen. Jetzt die Beispiele der letzten Test-Länderspiele heranzuziehen, bei denen die DFB-Elf tatsächlich keine guten Leistungen gebracht hat? Oder das Elfmeter-Gezanke der Dortmunder? Das ist beliebig und unangemessen.
Würde Deutschland Fußballweltmeister und die Basketballer früh bei einem großen Turnier scheitern, würde doch auch niemand die Frage aufwerfen: Was können die Basketballer von den Fußballern lernen? Und das ist gut so. Was der Fußball und die sogenannten Randsportarten stattdessen machen sollten? Sich mehr austauschen, sich unterstützen und voneinander lernen.
Dann steht der Basketball vielleicht irgendwann auf einem Podium wie der Fußball, und dann hören auch diese dämlichen Fragen auf.
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