Diskussion um die kommende WM Es tut weh, aber es muss passieren

Bei der Klub-WM in den USA ächzten einige Spieler und Trainer wegen der hohen Temperaturen. Die Fifa überlegt nun, die Anstoßzeiten der anstehenden WM zu verändern. Eine gute Idee?
Die Spieltage der WM 2026 in den USA, Mexiko und Kanada stehen bereits fest. Auch, wie viele Partien an den Tagen stattfinden sollen. Doch die Uhrzeiten fehlen noch – aus gutem Grund. Denn bei der Klub-WM in den USA hatten viele Teams bei den Spielen am frühen Nachmittag mit extremen Temperaturen zu kämpfen. So kürzte etwa der FC Chelsea aufgrund der Hitze eine Trainingseinheit, und die Ersatzspieler von Borussia Dortmund und Bayern München verfolgten ihre Spiele teilweise aus der Kabine anstatt von der Seitenlinie.
Daher zieht die Fifa in Erwägung, die Spiele vor allem vormittags und abends stattfinden zu lassen. Das hätte Folgen für Fußballfans hierzulande. Denn aufgrund der Zeitverschiebung sechs bis neun Stunden bedeuten Spiele am Abend in Nord- und Mittelamerika Sendezeiten tief in der Nacht für Europa. Thomas Tuchel, Nationaltrainer Englands, sprach sich dennoch für die Verschiebung aus. Denn: "Wenn Sie um zwei Uhr nachmittags in Charlotte joggen gehen, wissen Sie, warum." In Charlotte wurde es nachmittags bei der Klub-WM bis zu 40 Grad heiß.
Bundestrainer Julian Nagelsmann stimmte zu und sagte, eine Verschiebung könne sinnvoll sein. Gleichzeitig wünsche er sich, dass möglichst viele Fans weltweit die Spiele anschauen können. Das führt zu der Frage:
Wäre eine Verschiebung von Spielen die richtige Entscheidung?
Ja, es darf keine andere Entscheidung geben
"Es ist so heiß, ich bin so müde. Ich fühle gar nichts mehr." Diese Worte stammen von Anatoliy Trubin, Spieler von Benfica. Er sagte sie nach der Klub-WM-Partie seines Vereins aus Lissabon gegen den FC Bayern. Rund 37 Grad heiß war es damals, und selbst Trubin, der als Torwart weitaus weniger laufen muss als die Feldspieler, war vollkommen erschöpft.
Wie Trubin wird es hunderten anderen Spielern gehen, wenn sie bei der WM im Hochsommer bei gefühlten 40 Grad Celsius in der Sonne zehn bis zwölf Kilometer über den Platz hetzen müssen, sofern die Fifa nicht eingreift. Ein Team vom Leibniz-Institut für Arbeitsforschung der TU Dortmund sprach in einer Studie sogar von gefühlten 49,5 Grad, die in einzelnen Stadien zu befürchten seien.
Das ist ein immenses Gesundheitsrisiko. Es darf keine andere Entscheidung geben, die Fifa muss die Spiele in den Vormittag und den Abend legen, auch wenn das für Fußballfans in Deutschland ein großer Nachteil wäre.
Sicher, Geld dominiert diesen Sport und für die Übertragungsrechte werden auch in Europa immense Summen gezahlt. Nur: Die Gesundheit der Menschen auf dem Rasen sollte dennoch wichtiger sein.
Und auch an die Gesundheit der Zuschauer sollte gedacht werden. Auch sie würden bei Hitze in den Stadien leiden. Dabei lebt der Fußball doch von der Energie auf dem Rasen und auf den Rängen. Wird das Spiel aber zu einer Qual und vom Warten auf die nächste Trinkpause geprägt, verliert der Fußball an Faszination. Oder wie es BVB-Trainer Niko Kovač nach einem Klub-WM-Spiel seiner Mannschaft ausdrückte: "Wir spielen zwar Fußball, aber mit dem Sport an sich hat das nichts zu tun."
Es schmerzt, aber es muss passieren.
Nein, denn es gibt genug andere Möglichkeiten
Die Spiele verschieben, weil es zu heiß ist? Auf diese Frage kann es nur eine Antwort geben: nein. Statt die Anstoßzeiten zu verschieben, hat die Fifa genügend andere Möglichkeiten, um die Gesundheit der Spieler zu schonen: mehrere verbindliche Trinkpausen pro Spiel, noch mehr Auswechslungsmöglichkeiten, klimatisierte Ersatzbänke.
Es kann nicht sein, dass am Ende erneut eine Entscheidung getroffen wird, die zulasten von Millionen Fußballfans, vor allem in Europa, geht. Dafür hat die Fifa ein wirkliches Talent entwickelt. Ex-Bundestrainer Jogi Löw hatte sich vor Jahren schon für Fan-freundlichere Anstoßzeiten ausgesprochen, damit vor allem Kinder die Chance haben, ihre Idole spielen zu sehen. Die wäre ihnen bei Anstoßzeiten um 22 Uhr oder mitten in der Nacht genommen. Abgesehen davon, dass es dann auch kaum Fanfeste und gemeinsames Fußballschauen geben wird.
Die Vergabe der WM 2026 an die USA, Mexiko und Kanada liegt schon sieben Jahre zurück. Die Fifa und auch die Veranstalter haben es verpasst, sich rechtzeitig zu überlegen, wie sie Vorkehrungen treffen können, um die Spieler vor zu großer Hitze zu schützen. Wenn sich also Trainer und Stars jetzt beschweren, sollten sie das direkt beim Weltverband tun und geeignete Maßnahmen einfordern, die sie auch bei Spielen am Tag schützen.
Anfang Dezember fällt die Entscheidung, wann, wie und wo die WM-Spiele stattfinden. Man kann nur hoffen, dass es dann für Millionen von Fußballfans kein böses Erwachen gibt.
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Die deutsche Nationalmannschaft muss sich aber erst einmal für die WM qualifizieren. Dafür sollte sie am heutigen Freitagabend gegen Luxemburg gewinnen, denn der Rückstand auf den Tabellenführer aus der Slowakei beträgt bereits drei Punkte.
Die gesamte Partie können Sie hier im Liveticker bei t-online verfolgen. Anstoß der Partie in Sinsheim ist um 20:45 Uhr.
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- Teilnahme an der Pressekonferenz mit Julian Nagelsmann am 9. Oktober 2025
- Material der Nachrichtenagenturen SID, dpa
- theguardian.com: "Enzo Maresca hopes to build Chelsea identity despite challenges at Club World Cup" (Englisch)
- sportschau.de: "Düstere Aussichten für die WM 2026: Klub-WM als Warnung?"
- welt.de: "Klub-WM – FC Bayern München: 'Es ist so heiß, ich bin so müde. Ich fühle gar nichts mehr'" (kostenpflichtig)
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