Von Michael Glang
"Harte Arbeit" hatte Trainer Tayfun Korkut zu Beginn des Trainingslagers von Hannover 96 angekündigt. Der 40-Jährige steht seit einem halben Jahr bei den Niedersachsen in der Verantwortung und er weiß, wovon er spricht: Nach einer durchwachsenen Saison 2013/2014 stehen die 96er erneut vor einer Spielzeit, die ihnen alles abverlangen wird. Vorbei scheinen die Jahre, in denen fast schon regelmäßig in der Europa League gespielt wurde.
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Nach der Trennung von Mirko Slomka im Dezember 2013 hatte Korkut die Mannschaft übernommen. Aus dem Abstiegskampf führte er das Team schnell heraus, doch in der neuen Saison steht ein Umbruch an. Die Stützen der Offensive sind weg, neue vielversprechende Spieler sind gekommen. Aber es wird dauern, bis sich die Elf findet. Mit der Rückkehr ins internationale Geschäft wird es nichts.
1. Personelle Situation
Hannover muss in der Saison 2014/2015 seinen Angriff umbauen. Szabolcs Huszti (Changchun Yatai), Didier Ya Konan (Al Ittihad Jeddah) und Top-Torjäger Mame Diouf (Stoke City) haben den Klub verlassen. Das Trio zählte in der Vergangenheit zu den stärksten und zuverlässigsten Kräften in der Offensive. Auch Adrian Nikci sucht bei den Young Boys Bern eine neue Herausforderung. Dazu kehrt der ausgeliehene Artjoms Rudnevs zum HSV zurück. Die entstandene Lücke sollen Joselu, der von Eintracht Frankfurt kommt, sowie Mittelfeldspieler Hiroshi Kiyotake (1. FC Nürnberg) und Angreifer Kenan Karaman (1899 Hoffenheim) schließen.
In der Defensive sieht es besser aus. Zwar hängt Dauerbrenner Steven Cherundolo (370 Bundesliga-Spiele seit 1999) seine Schuhe an den Nagel. Und auch Sebastien Pocognoli ist nicht mehr mit an Bord, er wechselt zu West Bromwich Albion. Dafür kommt mit Ceyhun Gülselam ein Mann mit Champions-League-Erfahrung. Der 26-Jährige, der in der Jugend auch beim FC Bayern spielte, ist im defensiven Mittelfeld zu Hause und kommt von Galatasaray Istanbul. Und auch Miiko Albornoz (Malmö FF) soll für Stabilität sorgen. Den chilenischen Linksverteidiger und WM-Teilnehmer verpflichtete Manager Dirk Dufner noch vor Turnierstart am Zuckerhut. Stefan Thesker, der wie Karaman aus Hoffenheim kommt, ist eine Alternative als Innenverteidiger.
2. Stärken und Schwächen
In der letzten Saison kassierten die Niedersachsen 59 Gegentore. Das sind einfach zu viele, um mehr als einen Mittelfeldplatz zu erreichen. Zudem sind 49 geschossene Treffer weit entfernt von der Ligaspitze. Mit den Neuzugängen sollte Korkuts Team mehr Stabilität in der Defensive erreichen. Hier werden besonders Gülselam und Albornoz im Fokus stehen. Gelingt ihnen eine schnell Eingewöhnung, sollte die Anzahl generischer Treffer auf unter 50 gedrückt werden können. Mehr Fragezeichen ergeben sich in der Offensive. Hier liegt die Last auf den Schultern von Neuzugang Joselu, der sich etwas überraschend für die 96er entscheiden hatte. Ob er die Lücke schließen kann, die Rudnevs und Diouf hinterlassen haben, wird sich zeigen müssen.
Einen Schwachpunkt konnte Hannover in der letzten Spielzeit bereits ausmerzen. Während in der letzten Vorrunde die ersten acht Auswärtsspiele verloren wurden, sammelte die Mannschaft nach der Winterpause fleißig Punkte auf des Gegners Platz. Eine ähnliche Seuchenserie sollte der Klub unbedingt vermeiden. Nicht zuletzt deshalb musste Slomka Ende 2013 seinen Hut nehmen.
3. Der Trainer
Korkut geht in seine erste komplette Saison als Chefcoach. Der in der Nähe von Stuttgart ausgewachsene Ex-Profi gilt als Trainer der neuen Generation, seine Spieler schätzen seine ausgeprägte Kommunikation. Korkut wünscht sich auf dem Feld eine agierende und selbstbewusste Mannschaft. In seinem ersten halben Jahr hatte sich der Mut der 96-Bosse, auf einen frischen Mann statt einen alten Hasen zu setzen, bereits ausgezahlt. Das Projekt ist ohnehin längerfristig ausgelegt, der Vertrag läuft noch bis 2016. Für den Vertrauensvorschuss erwarten Präsident Martin Kind und Dufner nun aber auch Ergebnisse.
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4. Die Prognose
Es riecht nach grauem Mittelmaß. Mit dem Abstieg wird Hannover - anders als im Vorjahr - zu keinem Zeitpunkt etwas zu tun haben. Genauso wenig wird es einen Vorstoß in Richtung internationales Geschäft geben. Die Konkurrenten um Klubs wie Borussia Mönchengladbach scheinen einen Schritt voraus und werden die 96er hinter sich lassen. Nach einem turbulenten Jahr ist den Niedersachsen ein Rang zwischen neun und elf zuzutrauen. Angesichts des zu bewältigenden Umbruchs dürfte das auch für die Verantwortlichen ein zufriedenstellendes Ziel sein.