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Lockdown in Berchtesgaden: Georg Hackl über Leben im Corona-Risikogebiet


Rodel-Legende Hackl
Leben im Risikogebiet: "Deutschland zeigt mit dem Finger auf uns"

InterviewVon Robert Hiersemann

Aktualisiert am 21.10.2020Lesedauer: 3 Min.
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Zwei Mitarbeiter räumen am Königssee einen Biergarten leer: Im Landkreis Berchtesgadener Land gelten strenge Corona-Auflagen.Vergrößern des Bildes
Zwei Mitarbeiter räumen am Königssee einen Biergarten leer: Im Landkreis Berchtesgadener Land gelten strenge Corona-Auflagen. (Quelle: Peter Kneffel/dpa-bilder)

Wintersport-Held Georg Hackl kommt aus dem wunderschönen Berchtesgadener Land. Doch wie lebt es sich dort, wenn die ganze Republik auf einen schaut? Eindrücke aus dem Corona-Risikogebiet.

Georg Hackl ist eine der größten deutschen Rodel-Legenden aller Zeiten. Er gewann in seiner langen Karriere unter anderem drei Olympische Gold- und zwei Silbermedaillen. Heute ist der 54-Jährige als Trainer aktiv. Doch das letzte Trainingscamp mit den deutschen Rodlern musste nun kurzfristig abgebrochen werden.


Seitdem ist der "Hackl-Schorsch", so sein Spitzname, wieder zu Hause im Berchtesgadener Land. Der Region, in der aufgrund der hohen Zahlen von Corona-Infizierten am Dienstag der Lockdown ausgerufen wurde. Seitdem gelten dort strenge Regeln: Die Gastronomie, Schulen und Kitas mussten schließen, die Maskenpflicht im öffentlichen Raum wurde ausgeweitet. Und es herrschen strenge Ausgangsreglungen.

Wie lebt es sich in der Region, auf die aktuell ganz Deutschland schaut?

t-online: Herr Hackl, beschreiben Sie doch bitte einmal Ihre persönliche Situation vor Ort.

Georg Hackl: Ich war bis vor wenigen Tagen noch mit dem Rodelteam im Trainingslager. Allerdings wurde auch bei uns einer der Trainerkollegen positiv auf Corona getestet. Daraufhin wurde alles abgebrochen. Jetzt bin ich wieder in meinem Haus, welches nur fünf Minuten vom Berchtesgadener Marktplatz entfernt liegt.

Wurden Sie selbst schon getestet?

Natürlich. Ich habe mich sofort in Selbstisolation begeben, wohne aktuell im Gästezimmer, bis ich das Ergebnis meines Corona-Tests bekomme. Meine Frau stellt mir netterweise die Mahlzeiten vor die Tür. Ich kann den Garten nutzen, um etwas Abwechslung zu haben.

Ihre Region steht aktuell aufgrund der hohen Infizierten-Zahlen deutschlandweit im Fokus. Wie lebt es sich damit als Einheimischer?

Schön ist es nicht. Deutschland zeigt mit dem Finger auf uns. Dabei kann das, was hier gerade auftritt, überall passieren. Und ich kann versichern, dass sich die meisten Einheimischen die vergangenen Wochen sehr konsequent an die Corona-Regeln gehalten haben. Nur hatten wir in diesem Sommer wahnsinnig viele Touristen bei uns in der Region. Und wenn viele Menschen auf einem engen Raum zusammentreffen, wird es nun mal kompliziert – und jetzt haben wir den Salat.

Was beschäftigt Sie bezüglich der Corona-Lage am meisten?

Wir leben aktuell in Deutschland in Teilen leider aneinander vorbei. Menschen feiern weiter Partys, andere setzen die Maske auch im Supermarkt einfach nicht auf. Ich frage mich, wo das noch hinführen soll. Wir sind doch ein Land und müssen uns alle gemeinsam an die Regeln halten.

Was hat Sie zuletzt besonders geärgert?

Dass wir zu wenig Rücksicht aufeinander nehmen. Es kann doch nicht sein, dass Einzelne keine Maske tragen, weil sie davon ausgehen, dass sie an Corona schon nicht sterben werden. Diese Gedanken sind egoistisch. Beispielsweise bekomme ich auch den Satz von Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer nicht aus dem Kopf. "Wir retten in Deutschland möglicherweise Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären", sagte er im Frühjahr. Das ist menschenverachtend. Für mich zählt jedes Leben genauso viel, egal ob man acht oder 80 Jahre alt ist. Wir leben leider aktuell in einem Land, in dem Ignoranz und Selbstsüchtigkeit eine zu große Rolle spielen.

Und wie kommen wir davon weg?

Wir haben als Menschheit eine große Aufgabe zu lösen. Dafür ist die umfassende Kooperation aller Beteiligten nötig. Wir müssen uns doch nur mal in alte Menschen und Risikopatienten hineinversetzen: Was sollen die denken, wenn sie aktuell im TV Beiträge von Personen sehen, denen es wichtiger ist ohne Maske herumzulaufen, als mit den Schwachen mitzufühlen? Man müsste sich nur einmal vorstellen, die Situation wäre andersherum.

Wie meinen Sie das?

Stellen Sie sich vor, dass nicht vor allem alte Menschen an Corona sterben würden, sondern Kinder und junge Erwachsene. Aktuell regen sich Eltern vielerorts darüber auf, dass ihr Kind eine Maske tragen muss. Und andere junge Menschen feiern lustig Partys. Was wohl los wäre, wenn alte Menschen gesundheitlich von Corona nichts zu befürchten hätten, sich aber weigern würden Maske zu tragen, obwohl sie wissen, dass die Jugend dadurch Probleme bekommt. Das würde die Jugend niemals akzeptieren. Und zwar Zurecht.

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