Rammstein-Schlagzeuger Christoph Schneider: Er brach sein Schweigen und überrascht wenig

Die Vorwürfe wiegen schwer – doch Rammstein blieb stumm. Bis sich Christoph Schneider zu Wort meldete. Doch hinter dem Statement könnte Kalkül stecken.

"Ich fühle mich wie im Schock", mit diesen Worten meldete sich Christoph Schneider vor wenigen Tagen auf Instagram zu Wort. Der 57-Jährige ist der Schlagzeuger der erfolgreichen Band Rammstein. Seine Worte beziehen sich auf die Vorwürfe gegen Frontmann Till Lindemann. Es geht um ein perfides Groupie-System, um Missbrauch und um Drogen.

Das Statement ist lang. Schneider glaube nicht, dass etwas strafrechtlich Relevantes vorgefallen ist. Er betont, dass die Anschuldigungen die Band nicht spalten. "Wir stehen zusammen", sagt er.

Und trotzdem distanziert er sich ein Stück weit von seinem Sänger, erklärt überraschend offen: "Till hat sich in den letzten Jahren von uns entfernt und sich seine eigene Blase geschaffen. Mit eigenen Leuten, eigenen Partys, eigenen Projekten. Das hat mich traurig gemacht, definitiv." Es seien gewisse Strukturen entstanden, "die über die Grenzen und Wertvorstellungen der restlichen Bandmitglieder hinausgingen".

Schneider positioniert sich, zieht Grenzen zu Till Lindemann. Bis heute ist er der einzige Musiker der Band, der dies tut. Seit dem Aufkommen der Vorwürfe hat sich kein Mitglied persönlich an die Öffentlichkeit gewandt. Dass er eine so ausführliche Stellungnahme abgibt und sogar Einblicke in das Bandleben gewährt, überrascht und wirkt wie ein Alleingang. Wer ist der Mann, der sich aus der Einheit der Band herausgelöst hat?

Rockstar und Familienvater

Christoph Schneider spielte schon zu Schulzeiten in Bands und sammelte einige Erfahrungen, bevor er schließlich in den Neunzigerjahren Rammstein mitbegründete. Gemeinsam mit seinen Bandkollegen Lindemann, Christian "Flake" Lorenz, Richard Kruspe, Paul Landers und Oliver Riedel feiert er seit damals große Erfolge.

Über Schneiders Privatleben ist bekannt, dass er seit 2014 mit seiner Frau Ulrike verheiratet ist und drei Kinder hat. Die Geburt seines jüngsten Sohnes gab er 2020 auf seinem Instagram-Kanal bekannt. Sein Leben abseits der Bühne hält Schneider darüber hinaus unter Verschluss, der Fokus der Öffentlichkeit liegt auf seiner Arbeit als Musiker.

"Der Trommler ist das Herz der Band"

Keyboarder Flake beschrieb ihn in seinem Buch "Heute hat die Welt Geburtstag" einmal als "diszipliniertestes und uneitelstes Mitglied der Band". "Er spielt wie eine Maschine. Nur besser. Es ist eine Freude. Zu unserem Glück haben wir einen Trommler, der sich nicht in jedem Lied verwirklichen will. Aber der Trommler ist das Herz der Band", so Flake in seinem Buch weiter. Mit einfachen, klaren Rhythmen halte er die Band und das Lied zusammen.

Auch Schneider sprach 2019 mit der "Welt" über die wichtige Rolle des Schlagzeugers – und zog Parallelen zum Handball, wo er früher als Torwart aktiv war: "Die Rolle des Torhüters entspricht in der Musik der des Schlagzeugers. Du bist hinten, bist für die Defensive verantwortlich und hältst den Laden zusammen." Gleichzeitig gebe man von hinten den Rhythmus vor, er spricht von einer "besonderen Rolle".

Vor diesem Hintergrund scheint es wenig zu überraschen, dass gerade Christoph Schneider jene besondere Rolle auch im Skandal um Till Lindemann einnimmt; und nach vorne tritt, während alle anderen schweigen. Er scheint mit seinem Statement zu versuchen, der Band einen Rhythmus vorzugeben, um den Laden zusammenzuhalten. Ob es ihm allerdings in diesem Fall gelingt, bleibt abzuwarten.