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Hape Kerkeling über die AfD: "So riskant war die Situation noch nie"


Hape Kerkeling
"Daraus müssen wir dringend Lehren ziehen"

  • Steven Sowa
InterviewVon Steven Sowa

08.03.2024Lesedauer: 8 Min.
Interview
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Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.
Hape Kerkeling: Er ist als Synchronsprecher für "Kung Fu Panda" im Einsatz.Vergrößern des Bildes
Hape Kerkeling: Er ist als Synchronsprecher für "Kung Fu Panda" im Einsatz. (Quelle: imago stock&people)

Es wirkt ein wenig, als sei Hape Kerkeling von der Bildfläche verschwunden. Doch der Schein trügt. Im Interview mit t-online zeigt er seine große Stärke: Schlagfertigkeit.

Eigentlich soll es an diesem Nachmittag in Berlin um einen Animationsfilm für die ganze Familie gehen. Hape Kerkeling ist die deutsche Stimme hinter dem Titelhelden aus "Kung Fu Panda", dessen vierter Teil am 14. März im Kino startet.

Doch dem Showmaster ist nicht nur nach Spaß zumute. Schnell ist zu spüren, dass Kerkeling die großen, drängenden Fragen unserer Gesellschaft umtreiben – und er dazu immer eine klare Meinung vertritt.

Im Interview mit t-online spricht der 59-Jährige über den Rechtsruck in Deutschland, ein Verbot der AfD, seinen stillen Rückzug aus der vordersten Reihe des Showgeschäfts und über Beobachtungen aus dem Alltag, die ihn zur Weißglut treiben.

t-online: Herr Kerkeling, wenn Sie sich in die Rolle Ihres Animationshelden versetzen könnten: Wen würden Sie sich als Kung Fu Panda hierzulande als Erstes zur Brust nehmen?

Hape Kerkeling: Ach du liebes bisschen. Das wäre ein ganzes Dutzend. Wen nehme ich mal davon? Eine schwierige Frage.

Ich hörte, Sie gehen keiner Frage aus dem Weg.

Na gut, sagen wir mal: Herrn Gauland.

Warum würden Sie gegen die Rechten kämpfen?

Weil das der Feind ist, der im Moment am klarsten auszumachen ist. Also würde sich die vernünftig eingesetzte defensive Gewalt dagegen richten.

Die häufig gestellte Frage in diesem Kontext lautet mit Blick auf den wachsenden Zulauf bei der AfD: Sollte man mit diesen Leuten reden?

Alle Menschen, die sich davon einfangen lassen und aus unerfindlichem Grunde diesem blinden Hass folgen und selbst hasserfüllt werden, Groll empfinden, sodass sie glauben, sie müssten diese Wahl treffen, die sollte man in jedem Fall versuchen einzufangen und eines Besseren belehren. Diejenigen, die jedoch für diese Politik stehen und sie nach außen vertreten, ich glaube nicht, dass bei denen ein Sinneswandel möglich ist, nur im Ausnahmefall und insofern scheitert man da an rhetorischen Mitteln.

Wenn jemand sie rhetorisch entwaffnen könnte, dann doch Menschen wie Sie: mit Eloquenz, Beharrlichkeit und der nötigen Scharfzüngigkeit des Humors.

Sie können gegen die Unwahrheit nicht antreten, Sie haben keine Chance. Wenn Ihr Gegner glaubt, dass Schwarz Rot ist, dann haben Sie verloren. Das können Sie ihm nicht ausreden. Diese Engstirnigkeit ist grotesk und das weiß man schon von Shakespeare aus "The Taming of the Shrew" (Anm. d. Red.: "Der Widerspenstigen Zähmung"): Da wird dieser Versuch gestartet – und er scheitert. Das wussten die Menschen schon vor mehr als 400 Jahren. Das hat sich nicht geändert. Im Gegenteil: Es wird immer schlimmer.

Und der Humor?

Humor ist eine gute Waffe, aber auch er kommt irgendwann an eine Grenze. Vielleicht verfängt er bei Unentschlossenen oder sogenannten "Protestwählern" noch, aber bei den heillos Verblendeten kommt jedes Lachen zu spät.


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Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, dass Faschismus jemals durch Diskussion beendet wurde.


Hape Kerkeling


Wie konnte es überhaupt so weit kommen?

Es ist mir unerklärlich, wie man sich seine eigene Katastrophe herbeiwählen kann. Ich verstehe, dass Menschen mit der Politik unzufrieden sind, das bin ich auch. Aber deswegen will ich doch nicht die Demokratie abschaffen. Dieser Rückschluss entzieht sich mir. Wie man auf die Idee kommen kann, das gesamte Ding abzuschaffen, nur weil eine Sache nicht funktioniert. Wenn der Auspuff am Auto kaputt ist, dann wechsle ich den Auspuff aus, aber ich verzichte doch nicht grundsätzlich auf das Automobil und fange plötzlich an, nur noch mit dem Düsenjet durch die Gegend zu fliegen. Das ist alles sehr verrückt.

Was genau ist so verrückt?

Es gibt grundsätzliche Wahrheiten und Werte, auf die wir uns alle verständigen können und auf die wir uns alle verständigen müssen. Das muss immer Grundlage unserer Gesellschaft sein. Wer davon abschweift, den erreiche ich nicht mehr mit Rhetorik. Aber es gibt andere Mittel, probate Mittel.

Jetzt müssen Sie mir helfen.

Die Geschichte hat gezeigt, was die probaten Mittel sind. Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, dass Faschismus jemals durch Diskussion beendet wurde.

Weil wir vorhin vom Kung Fu kamen, sollten wir nun aber nicht dazu neigen und die Geschichte verklären, indem wir sagen, die Widerstandskämpfer hätten es geschafft, den Faschismus auszuschalten.

Nein, aber wir haben gesehen, wie wir in diese Katastrophe hineingerutscht sind. Daraus müssen wir dringend Lehren ziehen. Es sollte doch heute vermeidbar sein, Rechte überhaupt erst an die Macht zu lassen. Ich hoffe inständig, wir haben aus der Geschichte gelernt und erwehren uns, bevor es zu spät ist.

Sie spielen auf ein Verbot der AfD an.

Ich höre immer nur, es wäre zu riskant, diese Partei zu verbieten. Diese Argumentation halte ich für geradezu grotesk. Wir haben ein Grundgesetz und das ist eindeutig. Der Gesetzgeber wollte verhindern, dass die Bundesrepublik Deutschland je wieder zu einer Diktatur wird. Wir stehen jetzt vor dem Problem, vor der real existierenden Möglichkeit, dass Deutschland eine Diktatur wird und das innerhalb kürzester Zeit. So riskant war die Situation noch nie. Warum versuchen wir nicht, die Partei zu verbieten? Wenn ich höre, es stärke die Rechten und das aus dem Munde studierter Juristen, ist das verrückt. Diese Hasenfüßigkeit macht mir Angst.

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Womit wir wieder bei dem Helden wären, dem Sie für die deutsche Kinoversion Ihre Stimme leihen: Wären doch nur alle so mutig wie Panda Po ...

Das ist sicherlich eine Botschaft des Films: Sei mutig, stelle dich deinen Feinden entgegen. Bei "Kung Fu Panda 4" kommt außerdem die Lehre hinzu, im Leben nicht stagnieren zu dürfen. Und selbst wenn man glaubt, man ist an einem richtig guten Punkt angekommen, sollte man innehalten und nachdenken, ob es noch in irgendeiner Form weitergehen kann.

Wie genau kann das gelingen?

Wir sollten fortlaufend daran arbeiten, eine Situation und andere Menschen richtig einzuschätzen. Um die Parallele zu unserer Diskussion zuvor zu ziehen: Natürlich kann ich grundsätzlich davon ausgehen, dass mein Gegenüber etwas Gutes will. Aber wenn ich feststelle, dass er es nicht will, sollte ich zum Kampf bereit sein und nicht den Glauben daran verlieren, dass auch er sich zum Guten wenden kann. In diesem Sinne ist es eine sehr zeitgemäße und eindrückliche Botschaft, die dieser Film vermittelt.

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Würden Sie sagen, dass Sie viel mit Ihrem Kinohelden Po gemeinsam haben?

Beim ersten Film habe ich das noch vehement zurückgewiesen. Aber mittlerweile identifiziere ich mich vollkommen mit Po. Er hat so viele großartige Seiten, so viel Vorbildliches an sich, dass ich mich sehr gerne mit ihm identifiziere. Und die paar negativen Seiten von ihm nehme ich gerne in Kauf.

Die da wären?

Er ist schon sehr bequem und er isst natürlich wahnsinnig gerne. Aber das tue ich auch und letztendlich ist er ein guter Kerl mit einem guten Kern, der nicht ohne Grund da ist, wo er hingehört.

Wo genau gehört er hin?

In diese Meisterriege. Mit dem, was er ausstrahlt und wofür er steht, ist er tatsächlich ein Meister.


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Ich tue das, von dem ich glaube, dass es in erster Linie für mich, meine Gesundheit, mein Wohlbefinden gut ist und in zweiter Linie eben auch für meinen beruflichen Werdegang.


Hape Kerkeling


Wenn man so will, haben Sie sich in den vergangenen Jahren etwas aus dieser "Meisterriege der deutschen Showmaster" zurückgezogen. Eröffnet Ihnen das die Option, mit den ausgewählten Auftritten ganz besonders aufzutrumpfen?

Gute Frage. Es kann sein, dass das so ist. Wenn das so ist, wäre es aber nicht von mir bezweckt. Aber wenn man sich zurücknimmt und dann nach vorne tritt, strahlt man womöglich etwas heller, frei nach dem alten Motto: "Mach dich rar und du bist der Star".

Das war nichts, was Sie bewusst als Prozess in Gang gesetzt haben?

Nein. Ich tue das, von dem ich glaube, dass es in erster Linie für mich, meine Gesundheit, mein Wohlbefinden gut ist und in zweiter Linie eben auch für meinen beruflichen Werdegang.

Ist eine Synchronrolle dafür die perfekte Lösung?

Es ist tatsächlich perfekt, weil man voll gefordert ist. Diese irrsinnig guten Drehbücher aus Hollywood sind durchdacht von vorne bis hinten. Die Vorlage, in meinem Fall ist das der wunderbare Jack Black, ist genial. Ich darf nur nicht viel schlechter werden als er, das muss ich irgendwie hinkriegen und das ist schon schwer genug. Aber es ist eine tolle Herausforderung und eine schöne Arbeit, auf die ich auch stolz bin, das macht richtig Spaß.

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"Kung Fu Panda 4" ist ein Film für die ganze Familie. Ist er auch eine gelungene Form des Eskapismus?

Das würde ich so sehen. Ohne aber dabei zu banal zu sein. Wobei ich nichts gegen Banales habe, ich verliere mich auch manchmal im Banalen. Aber hier stimmt die Botschaft. So wie ich als Kind "Robin Hood" von Walt Disney als guten Film empfand und dachte, es sei richtig, mit den Armen zu teilen. Das mag simpel sein, aber es stimmt.

Eine weitere Botschaft liegt aufgrund seines Äußeren auf der Hand: Bei Po kommt es auf die inneren Werte an. Er zeigt, dass jeder es schaffen kann, ganz gleich, welche Figur er hat. Ist das auch ein gutes Beispiel im Sinne der Bodypositivity von heute?

Das gilt auch für sein gesamtes Umfeld im Film. Da ist jeder entweder zu klein, zu groß oder zu irgendwas. Das sind wichtige Werte, die im Film transportiert werden und vielleicht trägt es wirklich dazu bei, dass es gerade bei Kindern ein anderes Bewusstsein mit Blick auf teils ungesunde Körperideale bewirkt.

Haben Sie die Hoffnung, dass Kinder bei dem Film bis zum Schluss aufmerksam bleiben, ohne dass sie zwischendrin ans Handy gehen?

Ich hoffe, dass das so ist. Ich glaube schon, dass das immer noch funktioniert und dass Kinder gerade in dem Alter bereit sind, diese Aufmerksamkeit aufzubringen und sich auf so etwas einzulassen. Aber der Handykonsum ist in der Tat sehr problematisch. Nicht nur bei Kindern, auch bei Erwachsenen. Aber wie will man dagegen angehen, außer mit Verboten?

Ein Verbot überzeugt Sie in diesem Fall nicht?

Nein. Das muss schon jeder selbst bewältigen. Ich habe unlängst in den Vereinigten Staaten ein interessantes Phänomen beobachtet. Dort legen die Leute im Restaurant grundsätzlich ihr Handy weg und schauen während der Essenszeit nicht auf diese Ablenkungsmaschinen. Das ist ein ungeschriebenes Gesetz. Man kann den Amerikanern viel vorwerfen, aber da sind sie viel sozialer, als wir das sind. Und wenn sich das als goldene Regel durchsetzen würde, wäre schon viel gewonnen.

Ihnen scheint das ein besonderes Anliegen zu sein.

Ich finde das befremdlich. Mir fällt das immer wieder auf. Ich stecke mein Handy bewusst weg und ich sehe um mich herum nur Menschen, die in ihr Handy starren, anstatt die Tatsache zu genießen, dass da nichts ist. Da ist keine Bedrohung, kein Algorithmus, der einen unangenehm triggert. Da ist nur Ruhe. Man kann sich einfach mal entspannen. Stattdessen lassen sich die Leute von Videos und Nachrichten bombardieren. Kein Wunder, dass alle durchdrehen, wenn wir ständig in virtuellen Empörungsgefechten festhängen und nicht mehr wahrnehmen, dass unsere direkte Umwelt nicht bedrohlich ist.

Was empfehlen Sie als Alternative im Alltag?

Ich beobachte. Ich beobachte wahnsinnig gerne Menschen und ich sage es Ihnen ehrlich: Ich höre auch gerne bei Gesprächen zu. Ich weiß, das gehört sich nicht, aber es ist herrlich. Was ich da schon für Inspirationen gehört habe. Man glaubt gar nicht, worüber Menschen reden.

Verwendete Quellen
  • Interview mit Hape Kerkeling
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