Frank Thelen "Dann wird Deutschland vor die Hunde gehen"
Als TV-Investor wurde er einem Millionenpublikum bekannt, mit seinen Äußerungen löste er oft Kontroversen aus: Frank Thelen. Ein Interview über Streit, Geld und die Zukunft.
Bis vor einigen Jahren kannten ihn nur Tech-Experten, heute ist Frank Thelen einer breiteren Öffentlichkeit bekannt: Von 2014 bis 2020 erlangte er durch seine mitunter schonungslose Art in der VOX-Fernsehsendung "Die Höhle der Löwen" schnell größere mediale Präsenz. Dann zog er sich für rund vier Jahre weitgehend aus dem TV-Geschäft zurück – und ein ums andere Mal brachten ihn politische Äußerungen in die Schlagzeilen.
Seit diesem Jahr ist er wieder regelmäßig im Fernsehen präsent. t-online hat den Investor in Berlin getroffen und mit ihm über sein Privatleben, seine Wünsche nach mehr Reichtum und den Gegenwind in der Vergangenheit gesprochen.
t-online: Herr Thelen, hätten Sie gerne noch mehr Geld?
Frank Thelen: Ja, auf jeden Fall. Geld kann man nie genug haben. Am liebsten wäre ich so reich, dass ich mir um Geld absolut gar keine Gedanken mehr machen muss!
Wie bitte?
Ja, richtig gehört. Ich möchte viel mehr Geld zur Verfügung haben.
Von welcher Größenordnung reden wir?
Eine Summe irgendwo im soliden, zweistelligen Milliardenbereich wäre gut. Aber nicht, weil ich mir etwas kaufen will. Sondern weil es viel zu wenige in Europa gibt, die in dieser Größenordnung investieren können.
Sie würden also gerne mehr Projekte finanzieren?
Wenn ein Gründer zu mir kommt und 100 Millionen Euro braucht, kann ich das nicht einfach zusagen. Und das ist schlecht. Wir brauchen Menschen, die mutige Projekte finanzieren können – schnell und unabhängig.
Aber mit Ihrem Vermögen müssten Sie sich doch eigentlich keine Sorgen machen?
Das stimmt, persönlich geht es mir sehr gut. Aber darum geht es nicht. Mir fehlt die Liquidität, um große Vorhaben selbstständig und spontan anzuschieben. Ich kann einem Gründer heute vielleicht eine Million oder zehn geben – aber nicht hundert. Dabei wäre genau das oft entscheidend, um Fortschritt in Europa voranzubringen. Ich will nicht mehr Geld, um konsumieren zu können – ich will Kapital, um zu gestalten.
Sie sind wirtschaftlich unabhängig und trotzdem investieren Sie Zeit in TV-Formate. Warum?
Weil es mir Spaß macht, weil ich etwas bewegen kann – und weil ich den Gründern helfen will. Die Gage für "Die Höhle der Löwen" spielt dabei kaum eine Rolle.
Was hält Ihre Frau davon, dass Sie dadurch noch weniger Zeit für Privates haben?
Ich bespreche das mit ihr. Mehrere Drehtage plus die Arbeit mit den Start-ups – das ist ein signifikanter Block in meinem Kalender.
Und wie reagiert sie?
Wir treffen diese Entscheidungen gemeinsam. Und wir achten beide darauf, dass unsere gemeinsame Zeit nicht zu kurz kommt. Frühstück und Abendessen versuchen wir so oft wie möglich zusammen zu verbringen – das ist für uns ein festes Ritual. Auch im Sommer nehme ich mir bewusst eine längere Auszeit auf Mallorca, unserem zweiten Zuhause. Dort arbeite ich zwar auch, habe aber deutlich mehr Zeit für sie.

Kontroversen um Frank Thelen
Einige Äußerungen brachten Thelen in die Schlagzeilen, so wie in Berlin im Juni 2019: "Da schaue ich schon neidisch auf China. Einmal vier Jahre lang alles per Order und im Eiltempo aufbauen und dann ist auch wieder gut, dann können wir zurück zu unserer Staatsform", sagte er dort über das autoritäre Regime, ruderte aber später zurück – Demokratie finde er "richtig". Zuletzt wurde ihm nach einer Folge "Die Höhle der Löwen" am 15. September 2025 vorgeworfen, er bestreite die Existenz von queeren Persönlichkeiten. Thelen sagte: "Für mich gibt es nur Männer und Frauen."
Gelingt Ihnen dieser Spagat zwischen Beruf und Beziehung wirklich – oder ist das eher eine Wunschvorstellung?
Natürlich gibt es auch Phasen, in denen es schwierig ist. Ich arbeite viel, keine Frage. Meine Frau würde sich manchmal sicher wünschen, dass ich öfter offline bin. Aber für das Leben, das ich führe, hat unsere Beziehung einen enorm hohen Stellenwert.
Wer sich klar positioniert, bekommt keine Dankbarkeit, sondern meist Gegenwind. Und der ist oft sehr persönlich.
frank thelen
Sie haben sich öffentlich auch politisch positioniert – und dafür viel Kritik bekommen. Hat Sie das verändert?
Ja. Ich habe gelernt, dass man mit politischen Äußerungen in Deutschland selten etwas gewinnt. Es ist ein reines Investment in das Land – ohne Rendite. Wer sich klar positioniert, bekommt keine Dankbarkeit, sondern meist Gegenwind. Und der ist oft sehr persönlich. Heute überlege ich mir zweimal, ob und wann ich etwas sage.
Aber war die Sichtbarkeit nicht auch hilfreich? Ihre Bekanntheit ist gestiegen.
Möglich, aber das war nie meine Absicht. Ich habe keine Bühne gesucht. Ich war Gründer, dann kam das Fernsehen – und plötzlich war ich eine öffentliche Person. Ich sage viel ab, auch wenn die Angebote lukrativ sind. Ich äußere mich nicht bewusst provokant, um Aufmerksamkeit zu bekommen.
War die mediale Kritik an Ihrer Person härter als berufliche Rückschläge?
Am Anfang schon. Vor allem, weil es oft unsachlich war. Da ging es nicht um Argumente, sondern um ideologische Grabenkämpfe. Das musste ich lernen, zu verarbeiten. Heute trifft mich das nicht mehr. Beruflich ist das anders – wenn ein Start-up scheitert, belastet mich das, weil ich die Vision der Gründer teile.
Was bereitet Ihnen denn derzeit politisch oder gesellschaftlich die größten Sorgen?
Wir verlieren wirtschaftlich den Anschluss. In den USA und China wird mehr gearbeitet – und das sieht man an den Ergebnissen. Wir leben über unsere Verhältnisse, arbeiten weniger, fordern mehr. Das kann nicht gut gehen. Wenn wir nicht umdenken, steuern wir auf ernsthafte Probleme zu.
Was müsste sich konkret ändern?
Wir haben kein Einnahmeproblem – wir haben ein Ausgabenproblem. Der Staat ist ineffizient, überreguliert und träge. Bürgergeld, Verwaltung, Bürokratie – das alles muss dringend gestrafft werden. Wir brauchen weniger Ideologie und mehr Pragmatismus.
Das klingt immer noch sehr allgemein: Wie würden Sie die Straffungen und Kürzungen umsetzen?
Ich würde den gesamten Staatsapparat auf den Prüfstand stellen – mit Daten, mit KI, mit internationalen Vergleichen. Es wäre sofort sichtbar, wo wir Geld verschwenden. Das Problem ist nicht der Plan – das Problem ist der politische Wille. Niemand will unpopuläre Entscheidungen treffen.
Und die wären?
Das Rentensystem muss erneuert werden und unser aufgeblähter Sozialstaat ist nicht zukunftsfähig: Wenn 34 Prozent des Haushalts, pro Jahr also rund 171,5 Milliarden Euro, nur für solche Ausgaben draufgehen, wird Deutschland auf Sicht vor die Hunde gehen.
Zurück zu Ihnen persönlich: Könnten Sie sich vorstellen, eines Tages komplett mit dem Arbeiten aufzuhören?
Nein. Dafür liebe ich meine Arbeit zu sehr. Ich bin immer online, weil ich es will, nicht weil ich muss. Rückschläge gehören dazu. Aber ich will ein intensives Leben führen, mit allen Risiken.
Meine Traumvorstellung ist, dass man irgendwann vielleicht sogar ewig leben kann.
frank thelen
Sie werden am 10. Oktober 50. Ist das für Sie ein Einschnitt?
Ja, auf eine Art schon. 50 ist ein Alter, bei dem man Bilanz zieht. Und ich merke, dass ich bewusster mit meiner Zeit und meiner Gesundheit umgehe. Ich mache regelmäßig Sport, gehe zur Vorsorge, achte auf meinen Körper. Ich will möglichst lange aktiv bleiben – körperlich wie geistig.
Haben Sie Angst vor dem Altwerden?
Nein. Ich bin dankbar für das, was ich erlebt habe. Wenn ich morgen sterbe, würde ich das in Frieden tun. Aber ich glaube an die Forschung – und daran, dass wir künftig deutlich länger gesund leben können. Ich will nicht nur älter werden, ich will aktiv bleiben. Insofern habe ich schon etwas Angst vor nicht heilbaren Krankheiten.
Wie meinen Sie das mit der Forschung: Glauben Sie an lebensverlängernde Methoden und Maßnahmen?
Ich beobachte dieses Feld sehr genau. Mein Plan ist nicht, das sofort zu nutzen, sondern zu warten, bis die Daten besser sind. Aber ich glaube, dass in zehn Jahren Technologien existieren, die uns erst mal bis 100 tragen. Meine Traumvorstellung ist, dass man irgendwann vielleicht sogar ewig leben kann.
Und was wünschen Sie sich für die nächsten Jahre?
Dass ich geistig fit bleibe. Körperlich kann man vieles kompensieren – aber wenn der Kopf nicht mehr mitspielt, ist es vorbei. Ich tue viel dafür: Sport, 10.000 Schritte am Tag, gute Ernährung. Ich möchte bis ins hohe Alter denken, gestalten und helfen können.
Und irgendwann – auf der Terrasse mit einem Glas Wein?
Ab und zu gönne ich mir ein Glas Rotwein. Ist nicht gesund, weiß ich. Aber Geselligkeit gehört dazu – und die hat auch positive Effekte auf das Leben. Es ist wie bei allem: Es geht um die Balance.
- Interview mit Frank Thelen









