t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon


HomeUnterhaltungStars

Stefanie Heinzmann über Stefan Raab: "Ich bin unglaublich dankbar"


Stefanie Heinzmann
"Ich hatte eine tiefdunkle Seite in mir"

  • Robin Schmidt
InterviewEin Interview von Robin Schmidt

18.10.2025Lesedauer: 6 Min.
"Das war pure Naivität" – Musikerin Stefanie Heinzmann im t-online Interview. (Quelle: t-online)Vergrößern des Bildes
"Das war pure Naivität" – Musikerin Stefanie Heinzmann im t-online Interview. (Quelle: t-online) (Quelle: Maximilian Koenig)
News folgen

Stefan Raab machte sie bekannt, ihre Songs wurden zu Hits, aber der Ruhm hinterließ Spuren: Stefanie Heinzmann spricht über mentale Gesundheit, Hass und ihr neues Leben.

Stefanie Heinzmann strahlt in die Kamera: Die Sängerin ist beim virtuellen Gespräch mit t-online gut gelaunt. Dabei geht es darin auch um ernste Themen wie die psychischen Probleme, die sie als junge Frau hatte. Im Interview erzählt sie, wie diese ihre Karriere beeinflussten, was ihr half und welche Rolle die Musik für sie spielt.

t-online: Frau Heinzmann, kurz bevor Sie 2008 an einer Castingshow von Stefan Raab teilnahmen, hatten Sie sich mit 17 Jahren selbst in eine Kinder- und Jugendpsychiatrie einweisen lassen. Was genau waren die Gründe?

Stefanie Heinzmann: Mit 16 Jahren hatte ich einen Bandscheibenvorfall. Ich hatte gewaltige Schmerzen und musste in dieser Zeit sehr viele verschiedene Medikamente nehmen. In meiner pubertären Phase hat das meinen Hormonhaushalt völlig durcheinandergebracht. Ich hatte eine tiefdunkle Seite in mir, in der ich meinen Körper und mich selbst gehasst habe. Ich fand, dass ich nicht weiblich genug bin. Ich habe dann auch aufgehört zu essen und mich selbst verletzt. In dieser sehr sensiblen Phase kam so vieles zusammen, dass ich irgendwann gesagt habe: Ich kann nicht mehr. Ich war bereits in einer ambulanten Therapie, aber ich brauchte dann einen Ort, an dem man sich 24 Stunden um mich kümmert, um aus dieser Phase wieder herauszukommen.

Wenige Monate später standen Sie in der Öffentlichkeit auf der Bühne. Woher nahmen Sie die Kraft?

Das war pure Naivität. Ich war damals, als ich aus der Klinik kam, wahnsinnig labil und hatte erst mal weiterhin mit meinen Rückenschmerzen zu kämpfen. Als ich dann in eine neue Klasse kam und die totale Außenseiterin war, wollte mein Bruder unbedingt, dass ich mich bei dieser Castingshow anmelde. Für mich war klar: Auf gar keinen Fall, ich traue mich doch nicht ins Fernsehen.

Doch dann änderten Sie offensichtlich Ihre Meinung.

Ja. Wir haben gerne "TV Total" geschaut und da ich ohnehin nicht mit einem Weiterkommen rechnete, sind wir dann doch zum Casting gefahren. Als ich für die Sendung ausgewählt wurde, war ich wahnsinnig überfordert. Aber gleichzeitig hat mir meine gesunde Naivität geholfen, das Ganze durchzuziehen. Ich lasse mich nicht gerne von Ängsten aufhalten.


Anführungszeichen

Wenn man es von einer menschlichen Seite betrachtet, war ich viel zu jung, und wohl auch noch zu labil, um in das Musikbusiness reingeworfen zu werden."


Stefanie Heinzmann


Sie haben die Castingshow dann tatsächlich gewonnen. Hat Ihnen das geschadet?

Ich würde grundsätzlich nichts daran ändern. Das war genau mein Weg und der war richtig. Auf der einen Seite war das die Schule, die ich gebraucht habe. Wenn man es aber mal von einer menschlichen Seite betrachtet, war ich viel zu jung, und wohl auch noch zu labil, um in das Musikbusiness reingeworfen zu werden. Ich hatte plötzlich ein Management und einen Anwalt. Beim ersten Meeting habe ich durchgehend geweint. Mein Bruder war allerdings auch dabei, er hat mich aufgefangen.

Haben sich die Probleme, die in Ihrer Pubertät auftraten, in den vergangenen 20 Jahren wiederholt?

Das Leben bietet einem immer wieder Situationen, in denen sich Dinge auf eine gewisse Art und Weise wiederholen. Das ist einer der Gründe, warum mein Album "Circles" heißt. In den letzten 20 Jahren habe ich sehr häufig meinen Job und mich selbst hinterfragt. Ich habe oft geweint und gezweifelt, ob ich gut genug bin. Für mich ist es wichtig, jedes Mal wieder hinzuschauen und Wege zu finden, wie ich damit umgehen kann. Mit 36 besitze ich inzwischen die Fähigkeit, mich selbst aus gewissen Situationen herauszuholen. Ich habe einen Werkzeugkasten, auf den ich jederzeit zurückgreifen kann.

Welche Werkzeuge helfen Ihnen?

Zum einen mache ich weiterhin eine Therapie. Zum anderen hilft es mir, zu meditieren und richtig zu atmen, um mein Nervensystem zu regulieren. Ich bin eine totale Mantra-Königin, das heißt, dass ich Sätze laut sage, um Dinge wieder in Ordnung zu bringen. Wenn ich beispielsweise aufgeregt vor Konzerten bin, sage ich mir: Ich schaffe das, ich bin aus einem Grund hier und ich kann das. Ich befähige mich in solchen Momenten selbst, aber das ist eine Übungssache und braucht Zeit.


Anführungszeichen

Mit Anfang 20 hatte ich das Gefühl, genau zu wissen, wie die Welt funktioniert, um dann mit 30 zu merken, dass ich absolut keinen Plan hatte."


Stefanie Heinzmann


Sie gehen sehr offen mit dem Thema mentale Gesundheit um. Warum?

Weil sich viele Menschen damit identifizieren können.

Was meinen Sie genau damit?

Schauen Sie: In der Pubertät steckte ich wie viele andere im Chaos. Mit Anfang 20 hatte ich das Gefühl, genau zu wissen, wie die Welt funktioniert, um dann mit 30 zu merken, dass ich absolut keinen Plan hatte. Diese Gefühle kennen viele Menschen, wir sitzen alle im selben Boot.

Und Ihre Musik hilft Ihnen, dies zu verarbeiten?

Ja. Es fühlt sich gut an, wenn man Sachen runterschreiben und in seiner Musik kanalisieren kann. Mit meiner Therapeutin habe ich mich gezielt der Frage gewidmet: Was treibt mich, aber auch viele andere um? Deshalb ist mein neues Album sehr therapeutisch, aber eher bezogen auf uns als Menschen als auf mich als Individuum.

Auf einem Ihrer neuen Songs singen Sie: "Ich möchte eine Introvertierte sein, die nicht spricht". Ist das nur ein Wunsch oder sind Sie tatsächlich introvertiert?

Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich ein offenes Buch bin. Ich habe früh gelernt, meine Gefühle sehr klar zu kommunizieren. Ich glaube daran, dass wir es uns mit offener Kommunikation einfacher machen können – sowohl für uns selbst als auch für unsere Mitmenschen.

Loading...
Loading...

Und wie genau setzen Sie das im Alltag um?

Wenn ich mal einen schlechten Tag habe, beispielsweise während der Menstruation, und ich in einen Raum mit Menschen komme, weiß ich genau: Wenn ich das jetzt nicht ausspreche, bezieht jeder meine schlechte Laune auf sich und fragt sich, was er falsch gemacht hat. Ich muss nicht gleich alles erzählen, aber ich kann einfach kurz sagen: Ich habe heute mit mir selbst zu tun, nimm es nicht persönlich. In solchen Situationen merkt man, wie der Druck von allen im Raum abfällt.

imago images 0834534406
Stefanie Heinzmann ist heute glücklich über ihr Leben. (Quelle: IMAGO/STEFAN_SCHMIDBAUER)

Stefanie Heinzmann

Im schweizerischen Bezirk Visp-Eyholz erblickte Stefanie Heinzmann 1989 das Licht der Welt. Mit dem Titel "My Man Is A Mean Man" ging sie 2008 als Siegerin eines Castingwettbewerbs von Stefan Raab hervor. Ihr erstes Album "Masterplan" erreichte 2008 Platz drei der deutschen Charts, hierfür erhielt Heinzmann eine Platinauszeichnung. Ihre neue Platte "Circles" ist ihr siebtes Album. Heinzmann engagiert sich seit Jahren stark für mentale Gesundheit und die Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen.

Es gibt Musikerinnen und Musiker, die sich zeitweise aus der Öffentlichkeit zurückziehen, zuletzt beispielsweise Lena Meyer-Landrut. Kennen Sie diese Sehnsucht auch?

Diese Sehnsucht verstehe ich zu 100 Prozent. Sich mal rauszuziehen und zu sehen, dass es auch noch eine andere Welt gibt, in der man lebt, finde ich wichtig. Zumal es einem die sozialen Medien einfach schwer machen. Man wird ständig bewertet, bekommt Hasskommentare und -nachrichten von fremden Menschen.

Sie auch?

Ich bin davon immer mal wieder betroffen. Und ab und zu verletzt mich das auch, weil ich es nicht in jedem Moment von mir trennen kann. Eigentlich könnte es mir, aber auch allen anderen, die davon betroffen sind, völlig egal sein. Aber das ist es meistens nicht, weil wir soziale Wesen sind. Wir wollen liebgehabt werden, aber das passiert online nicht.

Glauben Sie, dass sich an Hassbotschaften in den sozialen Medien etwas ändern wird?

Ich kann nicht wirklich sagen, wie hoch die Chance ist, dass sich Menschen, die so etwas machen, ändern. Aber ich denke, dass wir in den sozialen Medien grundsätzlich klarere Regeln brauchen. Hasskommentare sollten konsequenter rechtliche Konsequenzen haben. Ich gehe auch nicht auf die Straße und beleidige wahllos Leute. So etwas hätte ja auch sofort Konsequenzen.

Wie würden Sie Ihr Leben heute beschreiben?

Ich lebe in der Schweiz, habe eine tolle Familie, einen ganz süßen Hund und einen Job, den ich über alles liebe. Ich habe viele tolle Menschen um mich herum. Gleichzeitig würde ich sagen, dass ich vielleicht ein bisschen zu wenig lebe und ein bisschen zu viel arbeite. Das ist aber kein Punkt, über den ich mich beschweren möchte, weil das aktuell auf einer klaren Entscheidung beruht und ich wissen möchte, wie weit ich mit meiner Musik kommen kann.

Haben Sie Stefan Raab eigentlich Ihr neues Album vorgespielt?

Ja, das ist ein Ritual, das ich bei meinen Alben immer mache. Er hat mir Feedback gegeben und seine Lieblingssongs benannt. Ihm gefällt das Album.

Warum haben Sie bisher eigentlich nie zusammen Musik gemacht?

Die Castingshow war nicht an den ESC gebunden. Er hat das musikalisch damals sofort aus der Hand gegeben, wir waren gar nicht so richtig zusammen im Studio. Stefan war eher mein Mentor, ich habe ihm immer alles geschickt und nach Feedback gefragt. Vielleicht kommt ja noch etwas Gemeinsames von uns, wer weiß.

Stefan Raab ist nach einer neunjährigen Auszeit seit rund einem Jahr wieder im TV zu sehen. Wie blicken Sie auf seine Karriere?

Dass wir dieses Interview führen, verdanke ich Stefan Raab. Ich bin unglaublich dankbar, dass er mir eine Plattform gegeben hat, in der ich mit 18 Jahren genauso sein durfte, wie ich bin. Ich mag, was er gemacht hat und auch heute wieder macht. Es ist sehr authentisch, weil ich weiß, dass er ein verspieltes Kind ist und das, was er tut, liebt.

Verwendete Quellen
  • Interview mit Stefanie Heinzmann
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...


Bleiben Sie dran!
App StorePlay Store
Auf Facebook folgenAuf X folgenAuf Instagram folgenAuf YouTube folgenAuf Spotify folgen


Telekom