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Deutsche Bahn und Anke Engelke: Geschmacklose Werbespots?


Anke Engelkes Bahn-Werbespots
Das ist geschmacklos


Aktualisiert am 15.10.2025Lesedauer: 1 Min.
Anke Engelke als Schaffnerin im ICE: Die Comedian spielt die Hauptrolle in einer neuen Bahn-Comedy.Vergrößern des Bildes
Anke Engelke als Zugchefin Tina im ICE: Die Komikerin spielt die Hauptrolle in mehreren Bahn-Werbespots. (Quelle: Deutsche Bahn AG / Tobias Schult)
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Die Komikerin Anke Engelke hat für die Deutsche Bahn lustige Werbespots gedreht. Viele können darüber lachen, manche jedoch nicht.

Die Deutsche Bahn hat in der vergangenen Woche eine Web-Kampagne mit Anke Engelke in der Hauptrolle gestartet. In kurzen Videos unter dem Titel "Boah, Bahn! Wir sitzen alle im selben Zug" wird der tägliche Irrsinn bei der Deutschen Bahn ungeschminkt und witzig gezeigt: stundenlange Verspätungen, überfüllte Züge, besetzte Bordtoiletten, genervte Bahnfahrer und -mitarbeiter. Alles ist dabei.

Millionenfach wurden diese bereits angeschaut, bei vielen Menschen kommen die Spots gut an, sie kommentieren, wie lustig sie diese finden. Doch es gibt auch Kritiker, die angesichts des desolaten Zustands der Deutschen Bahn nicht über die selbstironischen Videos lachen können und wollen. Es stellt sich die Frage:

Sind die Bahn-Werbespots mit Anke Engelke geschmacklos?

Pro
Christoph SchwennickeBereichsleiter Exklusiv

Ja, Bahnreisende haben null gut lachen

Zuerst das: Ja, Anke Engelke als überforderte Zugchefin ist witzig. Die Spots über das rollende Chaos haben das Niveau von "Ladykracher". Aber trotzdem bleibt einem das Lachen im Halse stecken. Denn, mal ganz langsam abgeschichtet und eins nach dem anderen: Seit Jahren, seit bestimmt einem Jahrzehnt, ist die Deutsche Bahn ein Schatten ihrer selbst. Lars Klingbeil, der SPD-Chef, sprach unlängst zu Recht davon, dass ihr desolater Zustand nicht nur ein Mobilitätsproblem beschere, sondern ein "Demokratieproblem". In der Bahn manifestiert sich der ganze traurige Zustand des Landes. Sie trägt maßgeblich zum Missmut der Menschen bei. Wer im Moment von Berlin nach Hamburg oder nach München fahren möchte, der weiß: Katastrophe. Und das wird die nächsten drei, vier Jahre noch schlimmer. Man kommt zurzeit mit dem Regionalzug nicht mal nach Rangsdorf, direkt vor den Toren Berlins.

Und die Bahnspitze, verantwortlich für diesen beispiellosen Schlamassel, sagt sich: Ist doch lustig. Da machen wir einen selbstironischen Werbespot draus. Nach dem Prinzip: Ist der Ruf erst ruiniert, lacht sich's richtig ungeniert. Was die Bahnoberen da machen, ist geschmacklos, dreist und wirklichkeitsvergessen. Man muss schon sehr weit weg sein von den Nöten und Qualen der Bahnreisenden, um sich ganz oben in den Höhen des Bahntowers bei diesen Spots auf die Schenkel klopfen zu können.

Wenn wir jetzt also schon an dem Punkt sind, dass wir sozusagen in zweiter Ordnung das eigene Versagen oder die eigene Unzulänglichkeit höchstselbst zum Lacher machen: Warum dann kein Werbespot der bislang ziemlich ruckelnden Regierung aus Schwarz-Rot mit Harald Schmidt in der Rolle von Kanzleramtsminister Thorsten Frei, bezahlt aus dem Topf des Bundespresseamtes? Schmidt, aus der Nähe von Neu-Ulm, wäre ideal. Er kommt dem Idiom des Mannes aus Bad Säckingen recht nahe. Und seine Haare ließen sich auch wunderbar streng nach hinten striegeln.

"Witzischkeit kennt keine Grenzen, Witzischkeit kennt kein Pardon", sangen grandios und unvergessen Hape Kerkeling und Heinz Schenk einst im Duett. "Und wer witzisch is', der hat gut lachen", geht der Song weiter. Bahnreisende haben aber null gut lachen. Sie wollen endlich wieder wie geplant ankommen.

Kontra
Heike VowinkelTextchefin

Nein, das ist ein Knopf, der verhindert, dass der Kragen platzt

Es gibt Miseren, die sich nur noch mit Humor ertragen lassen. Alles andere frustriert und steigert den Verdruss. Der Zustand der Bahn ist eine solche Misere: Verschleppte Investitionen in die Infrastruktur, fahrlässige, strategische Fehler des Managements und politisches Versagen haben zum täglichen Irrsinn bei der Bahn geführt. Nichts davon lässt sich schnell beheben. Und nichts daran schönreden.

Wer in dieser Lage die Außendarstellung der Bahn zu verantworten hat, ist um den Job nicht zu beneiden. Weder Durchhalteparolen noch beschönigende Darstellungen helfen da weiter. Denn nichts davon wäre glaubwürdig.

Ein Geschenk des Himmels war es da, dass sich in dieser Lage die bekennende Bahn-Vielfahrerin Anke Engelke selbst anbot, in die Uniform einer Zugbegleiterin zu schlüpfen. Als solche absolvierte sie zunächst eine Art Praktikum und drehte dann mit den so gewonnenen Erfahrungen Spots als Zugchefin Tina.

"Humor ist der Knopf, der verhindert, dass der Kragen platzt", wusste schon Ringelnatz. Nicht mehr und nicht weniger sind Anke Engelkes Spots: Sie können vielleicht bei dem einen oder anderen verhindern, dass der Kragen platzt. Wem hilft schon ein Tobsuchtsanfall, wenn mal wieder die Toilette nicht funktioniert – im voll besetzten Zug mit einer Stunde Verspätung?

Diese Spots wollen ja gar nicht sagen: "Ist doch alles lustig". Sie wollen den Blick der zu Recht wütenden Bahnfahrer für die mindestens genauso frustrierende Lage der Bahnmitarbeiter weiten. Und umgekehrt dafür, dass auch diese auf mehr Verständnis hoffen können, wenn es ihnen gelingt, mit Gelassenheit und im besten Fall Humor zu reagieren. Bahnfahrer und -mitarbeiter sitzen ja tatsächlich "im selben Zug" und werden in dieser Misere noch lange eine Schicksalsgemeinschaft bleiben. Mit Humor statt mit Wut kommen sie als solche ganz sicher besser durch diese Zeit.

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