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Entlastungspaket: Wie Sie davon profitieren | Energiekrise


Arbeitnehmer, Rentner, Studenten
Mit welchen Entlastungen Sie konkret rechnen können


Aktualisiert am 05.09.2022Lesedauer: 7 Min.
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Pressekonferenz im Kanzleramt: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit den Ergebnissen der Ampel-Beratungen in der Hand. (Quelle: IMAGO/Jens Schicke)

Viel Geld, viele Maßnahmen: Das dritte Entlastungspaket ist beschlossen. Und es ist kompliziert. Wir zeigen, welche Gruppen von welchen Hilfen profitieren.

Mit großen Worten kündigte die Ampelkoalition am Sonntag ihr Entlastungspaket an. 65 Milliarden Euro stellt der Bund zur Verfügung, um mit verschiedenen Maßnahmen die Folgen der Energiekrise aufzufangen.

"Wuchtig", nennt das FDP-Chef Christian Lindner, als "ganz schön komplex" betitelt es SPD-Chefin Saskia Esken. Dieser Eindruck dürfte auch bei den Millionen Verbraucherinnen und Verbrauchern zurückbleiben. Wie profitieren denn nun die einzelnen Gruppen ganz konkret vom Entlastungspaket? t-online schlüsselt die Maßnahmen für vier Gruppen auf: Arbeitnehmer, Rentner, Studierende und Sozialleistungsempfänger.

Arbeitnehmer

Arbeitnehmer profitieren von mehreren Maßnahmen:

  • Steuerfreier Inflationsbonus von bis zu 3.000 Euro vonseiten des Arbeitgebers
  • Deckelung des Strompreises für den Grundbedarf
  • Nachfolger des 9-Euro-Tickets
  • Energiepauschale in Höhe von 300 Euro
  • Höheres Kindergeld (für Eltern)
  • Wegfallende Besteuerung von Rentenbeiträgen
  • Homeoffice-Pauschale soll entfristet und verlängert werden

Bei der Entlastung der Arbeitnehmer setzt die Ampel zu einem großen Stück auch auf die Arbeitgeber. So gibt es etwa die Möglichkeit, dass die Arbeitgeber einen Inflationsbonus an ihre Mitarbeiter auszahlen. Dieser kann maximal 3.000 Euro betragen und bleibt steuerfrei.

Das bedeutet: Entschließt sich Ihr Arbeitgeber, Ihnen in den kommenden Monaten einen Inflationsbonus zu zahlen, erhalten Sie die vereinbarte Summe zusätzlich zu Ihrem Nettoeinkommen. Das könnte je nach Summe eine ordentliche Entlastung für Arbeitnehmer sein.

Umgehen einer Lohn-Preis-Spirale

Der Hintergrund der Maßnahme ist wohl auch die Sorge vor einer Lohn-Preis-Spirale. Aufgrund der hohen Inflation könnten immer mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein höheres Gehalt fordern. Dadurch könnten die Unternehmen wiederum zu Preiserhöhungen gezwungen sein. Worauf die Arbeitnehmer erneut einen Inflationsausgleich fordern könnten.

Mit Einmalzahlungen könnten Unternehmer ihre Angestellten auch ohne Lohnerhöhung entlasten. Das Problem ist nur: Die Bundesregierung fordert die Arbeitgeber zwar auf, ihren Mitarbeitern einen Bonus zu zahlen. Einen Anspruch darauf gibt es aber nicht.

Eine weitere Entlastung, von der Arbeitnehmer profitieren, ist die Deckelung des Strompreises für den Grundbedarf. Laut dem Papier zum Entlastungspaket sollen Privathaushalte eine Basismenge an Strom zu vergünstigten Preisen gutgeschrieben bekommen. Für die Strommenge oberhalb des Grundbedarfs müssen Haushalte die regulären Strommarktpreise zahlen.

Merit-Order-Prinzip treibt Preise hoch

Das soll Entlastung bei den Haushalten bringen und zugleich die Verbraucher animieren, Strom zu sparen. Finanziert werden soll das über eine Abgabe der Energiekonzerne, die eine Umlage auf übermäßige Gewinne zahlen müssen.

"Energieunternehmen, die zum Beispiel Erneuerbaren-, Kohle- oder Atomstrom produzieren, tun dies zu gleichbleibend geringen Produktionskosten, verdienen aber nach den aktuellen Mechanismen des europäischen Strommarkts irrsinnig viel Geld damit."

Am europäischen Strommarkt gilt das sogenannte Merit-Order-Prinzip. Das bedeutet, dass der Strompreis durch die teuerste Form der Stromproduktion bestimmt wird, derzeit also durch Gaskraftwerke. Das bedeutet: Ein Unternehmen, das über Atomenergie oder erneuerbare Energien Strom günstiger produzieren kann, darf den Strom dennoch zum teuersten Preis am Markt verkaufen.

Viele Fragen bleiben bei der Strombremse offen

Da aktuell durch die hohe Stromnachfrage viel Strom aus Gaskraftwerken kommt, treibt dies den Strompreis in immer neue Höhen – und die Anbieter von Kohle- und Atomstrom sowie grünem Strom machen übermäßige Gewinne. Die will die Bundesregierung nun über eine Umlage "abschöpfen" – den Begriff der Übergewinnsteuer vermeiden aber die Politiker in der Koalition konsequent.

Das Prinzip klingt erst einmal gut: Der Grundbedarf an Strom soll zu günstigen Konditionen für alle Privathaushalte gedeckt sein. Doch es bleiben viele Fragen offen. Ab wann gilt die Preisgrenze? Was definiert die Ampel als Grundbedarf? Und wie genau möchte die Regierung die "Zusatzgewinne" auf die Strompreise umlegen?

"Die Bundesregierung bleibt bei der wichtigsten Herausforderung, der Begrenzung von Strom- und Gaspreisen, eine Lösung schuldig. Die Strompreisbremse wird erst in vielen Monaten, wenn überhaupt, umgesetzt werden können", kritisierte Top-Ökonom Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, am Sonntag.

Es dürfte dauern, bis die Strompreisbremse greift

Zudem gibt es weitere Unsicherheiten bei der Strompreisbremse. So soll diese aus der Abgabe der Stromkonzerne finanziert werden – doch die Ampel möchte zuerst versuchen, diese Umlage auf europäischer Ebene umzusetzen.

Auch das oben erklärte Merit-Order-System, das für die starken Preissprünge zum Teil verantwortlich ist, möchte die Ampel über die EU ersetzen. "Sollten die in Europa derzeit diskutierten Maßnahmen im Strommarkt nicht zeitnah verabredet und umgesetzt werden können, wird die Bundesregierung diese Anpassungen im Strommarktdesign zur Entlastung der Verbraucherinnen und Verbraucher selbst umsetzen", heißt es dazu im Papier der Ampel.

Konkret heißt das aber vor allem: Es dürfte dauern, bis Verbraucher wirklich eine Entlastung bei ihren Strompreisen sehen.

Nachfolger des 9-Euro-Tickets

Der Nachfolger des 9-Euro-Tickets ist vor allem von Pendlern mit Sehnsucht erwartet worden. Nun steht fest: Es wird ein neues "Deutschland-Ticket" geben, wie die Ampel am Sonntag ankündigte. Aber der Preis für das Ticket steht noch nicht fest, es dürfte zwischen 49 und 69 Euro liegen.

Für Pendler kann das eine große Entlastung sein, schließlich kosten Monatskarten für die äußeren Zonen eines Verkehrsbundes je nach Region über hundert Euro im Monat. Allerdings sind auch hier viele Fragen ungeklärt: So ist der endgültige Preis noch immer offen und auch die Reichweite des Tickets. Zählt der Nachfolger nur im Regio oder auch in den Verkehrsverbünden der einzelnen Städte?

Für die Details müssen sich Bund und Länder noch absprechen. Das heißt allerdings auch: Vor Jahresende wird der Nachfolger des 9-Euro-Tickets keine Entlastung bringen. Danach dürften besonders Pendler profitieren, aber auch Urlauber.

Energiepauschale im September

Deutlich früher werden Arbeitnehmer die Energiepauschale spüren, die bereits im zweiten Entlastungspaket beschlossen worden ist. Denn mit dem Septembergehalt erhalten alle Arbeitnehmer 300 Euro zusätzlich als Energiebonus. Dieser Betrag ist allerdings nicht steuerfrei, sondern wird auf das Bruttogehalt aufgerechnet und der Gesamtbetrag dann mit ihrem gängigen Einkommensteuersatz versteuert.

Ab 2023 erhalten Eltern zudem eine höhere Unterstützung. Ab dem Jahresbeginn zahlt der Staat für das erste und das zweite Kind 18 Euro mehr Kindergeld pro Monat. Beim Kinderzuschlag für Familien mit niedrigem Einkommen soll der Höchstbetrag ab 1. Januar auf 250 Euro monatlich steigen. Ökonom Fratzscher bezeichnet diese Maßnahme "als gutes, zielgenaues Element."

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Wegfallende Besteuerung von Rentenbeiträgen

Ab 2023 sollen Beiträge zur Rentenversicherung vollständig steuerlich absetzbar sein, wie Bundesfinanzminister Christian Lindner am Sonntag angekündigt hat. Damit soll die sogenannte "doppelte Besteuerung" der Rente verhindert werden.

Arbeitnehmer können so in Zukunft ihre Rentenversicherungsbeiträge bei der Steuererklärung unter der Ablage S vollständig von der Steuer absetzen. Wie Sie davon profitieren, lesen Sie hier. Ursprünglich war diese Entlastung erst für 2025 geplant, die Ampel hat die Maßnahme nun auf 2023 vorgezogen.

Rentner

Nach einiger Kritik der Sozialverbände hat die Ampel reagiert und auch bei den Entlastungen für Rentnerinnen und Rentner nachgebessert. Sie profitieren ebenfalls von mehreren Maßnahmen des Entlastungspakets.

  • Energiepauschale in Höhe von 300 Euro
  • Deckelung des Strompreises für den Grundbedarf
  • Nachfolger des 9-Euro-Tickets

Auch Rentner erhalten nun wie Arbeitnehmer eine Energiepauschale in Höhe von 300 Euro. Diese sollen sie zum 1. Dezember 2022 erhalten – also drei Monate nach den Arbeitnehmern.

Ebenso profitieren die Rentner von der Deckelung des Strompreises. Somit ist abgesichert, dass Rentner für den Grundbedarf an Strom vor starken Preisanstiegen geschützt sind (mehr dazu lesen Sie weiter oben).

Für die Mobilität dürfte auch der Nachfolger des 9-Euro-Tickets hilfreich sein. Hier kommt es allerdings darauf an, wie hoch die Kosten für den Nachfolger tatsächlich ausfallen und wie häufig Sie als Rentner die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen. Die Entlastung dürfte daher geringer ausfallen als bei Arbeitnehmern, die täglich zur Arbeit pendeln müssen.

Studierende und Auszubildende

Studierende, Auszubildende und Berufsfachschüler profitieren vor allem von den allgemeinen Maßnahmen. Anders als Rentner dürfte für Studierende aber der Nachfolger des 9-Euro-Tickets nicht von großer Relevanz sein. Denn Studierende erhalten durch ihr Semesterticket bereits einen vergünstigten Zugang zum Regionalverkehr in einem breiten Tarifgebiet.

Für Auszubildende dagegen könnte das Ticket eine deutliche Entlastung sein, wenn sie täglich zur Schule oder zum Ausbildungsbetrieb pendeln müssen. Sowohl Studierende als auch Auszubildende profitieren von:

  • Energiepauschale in Höhe von 200 Euro
  • Deckelung des Strompreises für den Grundbedarf
  • Erhöhung des Kindergeldes

Ähnlich wie Rentner sollen nun auch Studierende nachträglich von einer Energiepauschale profitieren. Wer also am 1. Dezember noch eingeschriebener Student oder Studentin ist beziehungsweise in einer Erstausbildung, erhält ebenfalls 200 Euro als Energiepauschale ausgezahlt. Warum die Pauschale bei Studierenden kleiner ausfällt als bei Rentnern, hat die Ampelkoalition nicht erläutert.

Kindergeld von den Eltern auszahlen lassen

Auch von der Deckelung des Strompreises profitieren Studierende und Auszubildende, sofern sie in einer eigenen Wohnung oder in einer WG leben. In diesem Fall ist abgesichert, dass sie ihren Grundbedarf an Strom zu vergünstigten Konditionen decken können. Alles, was über den Grundbedarf hinausgeht, müssen die Haushalte allerdings zu marktüblichen Preisen zahlen (mehr dazu lesen Sie oben).

Viele Studierende dürften dagegen von der Erhöhung des Kindergeldes profitieren, solange sie noch im Bachelorstudium sind. Denn solange das Kind in der Erstausbildung ist, erhalten die Eltern das Kindergeld, bis das Kind 25 Jahre alt ist.

Wenn die Eltern den studierenden Kindern das Kindergeld auszahlen, erhöht sich der Betrag zumindest monatlich um 18 Euro, allerdings nur für die Erst- und Zweitgeborenen. Das kann zumindest eine kleine Entlastung im Alltag darstellen. Auch Auszubildende könnten so ihre Einkünfte verbessern.

Sozialleistungsempfänger

Deutlich mehr Maßnahmen richten sich dagegen an Empfänger von Sozialleistungen. Ein 49-Euro-Ticket dürfte für viele Empfänger von Sozialhilfen bereits keine Entlastung mehr bedeuten. Im Gegensatz zum 9-Euro-Ticket dürfte die Schwelle hier bereits zu hoch liegen, um Sozialhilfeempfängern mehr Zugang zu Mobilität zu ermöglichen.

Sozialhilfeempfänger profitieren dagegen beim Entlastungspaket von folgenden Maßnahmen:

  • Heizkostenzuschuss für Wohngeldbezieher
  • Anhebung des Bürgergeldes
  • Vom Minijob zu Midijobs
  • Deckelung des Strompreises für den Grundbedarf

Wer Wohngeld bezieht, soll ab Herbst einen Zuschuss zu den Heizkosten erhalten. Dieser beträgt für Einpersonenhaushalte einmalig 415 Euro. Ab 2023 soll der Zuschuss dann in das klassische Wohngeld integriert werden.

Bürgergeld steigt um 50 Euro an

Gleichzeitig soll der Kreis der Wohngeldberechtigten deutlich steigen. Haben Ende 2020 laut dem Statistik-Amt 618.200 Haushalte Wohngeld erhalten, soll der Kreis der Empfänger nun auf 2 Millionen ansteigen.

Auch Bezieher von Hartz-IV sollen in Zukunft mit dem Bürgergeld mehr Zuwendung vom Staat erhalten. Das Bürgergeld soll ab 2023 500 Euro betragen, das sind 50 Euro mehr als der aktuelle Harzt-IV-Satz ist.

Dazu soll eine weitere Besonderheit kommen. Anders als zuvor soll beim Bürgergeld die prognostizierte Inflation eingerechnet werden, um Beiträge zu erhöhen. Bisher stiegen die Hartz-IV-Sätze erst nachträglich an. Die Bezieher hatten also während der Inflation weniger Geld zum Leben, das soll sich nun ändern.

Vom Minijob zum Midijob?

Auch eine Beschäftigung mit geringeren Sozialbeiträgen soll erleichtert werden. Zu den sogenannten Minijobs, bei denen Beschäftigte maximal 450 Euro verdienen konnten, soll es in Zukunft auch die Midijobs geben. Hier können Beschäftige bis zu 2.000 Euro verdienen, während Arbeitgeber weiterhin nur eine relativ kleine Belastung durch Sozialbeiträge tragen müssen.

Mit dieser Maßnahme könnten Minijobs in Midijobs umgewandelt werden und die Angestellten so mehr Lohn erhalten. Gerade in Zeiten der Inflation und der steigenden Energiekosten wäre das für diese Angestellten eine Erleichterung.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Maßnahmenpaket des Bundes zur Sicherung einer bezahlbaren Energieversorgung und zur Stärkung der Einkommen
  • Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa, AFP und Reuters
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