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Rente: Darum lohnen Aktien auch noch als Geldanlage im Alter


Geldanlage im Alter
Warum sich Aktien auch noch für Rentner lohnen


Aktualisiert am 22.11.2020Lesedauer: 7 Min.
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Renate Krischer prüft die Entwicklung ihrer Aktien: Die Altersvorsorge der 66-Jährigen ist breit aufgestellt.Vergrößern des Bildes
Renate Krischer prüft die Entwicklung ihrer Aktien: Die Altersvorsorge der 66-Jährigen ist breit aufgestellt. (Quelle: Robert Recker)

Früher galt die Regel: Je älter Sie werden, desto weniger Geld sollten Sie in Aktien investieren. Doch inzwischen bieten sich neue Möglichkeiten – weil die Deutschen so lange leben wie nie.

Wenn Renate Krischer Geschenke macht, landen schon einmal Goldbarren unterm Weihnachtsbaum. "Ich weiß, das klingt seltsam, aber damit können sich die Kinder irgendwann etwas Schönes kaufen", sagt sie. Etwa drei Euro kostete das Gramm, als die 66-Jährige zuschlug, "jetzt kriegen Sie dafür fast 60 Euro."

Die Rentnerin weiß, wie die Kurse stehen. Denn mit der staatlichen Altersvorsorge allein könnte sie nur schwer leben. "Ich bekomme von der gesetzlichen Rentenversicherung heute nur noch ein Drittel von dem, was ich mal verdient habe", sagt die frühere Personalleiterin aus Rehfelde in Brandenburg, "deshalb investiere ich an der Börse."

Krischer gehört damit zu einer Minderheit in Deutschland. Nicht nur, weil sie überhaupt Wertpapiere und Gold besitzt, sondern das auch noch in einem Alter, in dem die meisten die Finger davon lassen. Aktien mit über 60? Lieber nicht.

Das Problem ist nur: Die sicheren Alternativen werfen heute kaum noch etwas ab. Und die gesetzliche Rente ist meist alles andere als üppig. Wie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung herausgefunden hat, fehlen der Hälfte der 55- bis 64-jährigen Arbeitnehmer im künftigen Ruhestand durchschnittlich 700 Euro pro Monat, um ihren aktuellen Lebensstandard zu halten. Gleichzeitig werden die Deutschen immer älter – eine fatale Kombination, denn ohne private Vorsorge reicht das Vermögen oft nicht bis zum Tod.

Ohne Aktien geht es heute nicht mehr

"Das Geld muss heute länger halten. Deshalb sollten auch Rentner noch schauen, wie sie es vermehren", sagt deshalb Antonio Sommese. Er ist Finanzexperte und Buchautor aus Mainz. Auch wenn es auf den ersten Blick seltsam anmutet: Die höhere Lebenserwartung spiele den Älteren durchaus in die Karten – denn mit ihr erhöht sich der potenzielle Anlagehorizont. Hatten Rentner in den 1960er Jahren im Schnitt noch zehn Jahre vor sich, sind es heute bereits 20 – ein Zeitraum, der vollkommen ausreicht, um das Risiko für Anlagen am Aktienmarkt zu senken.

"Die Faustregel, dass man mit steigendem Alter weniger Geld in Aktien investieren sollte, war früher eine schöne Orientierung", sagt Sommese, "heute würde ich das aber nicht mehr pauschal gelten lassen." Denn es gibt schlicht keine renditestarken Alternativen mehr. Auch die Stiftung Warentest empfiehlt Älteren Aktienfonds als sinnvolle Geldanlage, wenn sie noch über einen längeren Zeitraum investieren können und nicht alles Angesparte gleich zu Rentenbeginn brauchen.

Renate Krischer hat die Zeit. "Natürlich geht es mal hoch und mal runter, das muss man eben aussitzen", sagt die 66-Jährige. Sie zahlt einfach stoisch 50 Euro pro Monat in ihren Fondsparplan – und profitiert damit sogar von schlechteren Zeiten. "Wenn die Kurse fallen, erwerbe ich für das gleiche Geld mehr Anteile, mit denen ich dann später Gewinne machen kann."

Ihr Ziel hat sie dabei klar vor Augen: "Ich baue für mich langfristig ein Sparvermögen auf, der Fonds ist wie ein modernes Sparbuch." Die 50 Euro im Monat könne sie dafür gut erübrigen. Denn klar ist ihr auch: "Man sollte nicht mit Geld spekulieren, das man nicht hat."

Erst der Notgroschen, dann die Geldanlage

Experten empfehlen, mindestens zehn Prozent des Vermögens, besser 20, immer flüssig zu haben. "Sonst ist man eventuell gezwungen, Verluste zu realisieren, wenn der Aktienmarkt gerade schlecht läuft, man aber Geld braucht", warnt Dirk Stein, Direktor für Verbraucherschutz beim Bundesverband deutscher Banken. Die Höhe der Zinsen sei dabei unerheblich. "Hauptsache, ich komme schnell heran."

Steht diese Notfallrücklage und sind Schulden abbezahlt, könne man durchaus noch in höherem Alter investieren. Dabei gelten die gleichen Regeln wie in jüngeren Jahren:

  • Keine Produkte kaufen, die man nicht versteht,
  • großen Renditeversprechen von 10 bis 20 Prozent nicht auf den Leim gehen,
  • breit streuen und global denken, also etwa auch in Firmen außerhalb Deutschlands investieren.

Darum rät Finanzstratege Sommese: "Wählen Sie lieber den internationalen Aktienindex MSCI World als den deutschen Aktienindex (Dax) und lieber einen großen Korb als Einzelaktien."

Renate Krischer hatte den richtigen Riecher

Mit ihrem Fondssparplan hat Renate Krischer diese Regeln befolgt. Ein kleiner Teil ihres Geldes steckt seit kurzem aber auch in einzelnen Aktien. Denn es gibt ein Unternehmen, das es ihr angetan hat: Tesla.

"Ich liebe erneuerbare Energien und Visionäre wie Elon Musk. Der wird seinen Weg schon gehen", glaubt Krischer. Die jüngsten Entwicklungen scheinen ihr Recht zu geben. Jüngst schoss die Aktie des E-Autoherstellers stark in die Höhe. Gekauft hat die Rentnerin sie aber schon viel früher und für weit weniger Geld.

Teslas Aktiensplit im September kam ihr daher gut zupass. Weil damit aus einer teuren Aktie fünf günstigere wurden, ist Krischer nun flexibler. "Jetzt brauche ich nicht alles auf einmal zu verkaufen, um mir etwas Schönes zu leisten."

Dass man bei Investitionen in einzelne Aktien Glück haben muss, ist Krischer bewusst. Bei Tesla kann sie zudem nicht von Dividenden profitieren; das Unternehmen beteiligt seine Aktionäre bisher nicht mit solchen regelmäßigen Ausschüttungen am Gewinn.

Beständige Einnahmen mit Dividenden-Aktien

Mit Dividendentiteln konnte man in der Vergangenheit durchaus gute Renditen erzielen. Bei Unternehmen, die im internationalen Aktienindex MSCI World gelistet sind, betrug die Dividendenrendite, also die jährliche Ausschüttung im Verhältnis zum aktuellen Wert der Aktie, im Schnitt drei Prozent. Zusammen mit den Kursgewinnen waren bei manchen Titeln sogar acht Prozent Rendite drin.

Für Dirk Stein vom Bankenverband sind Dividendentitel eine gute Option, um beständig Einnahmen zu haben – gerade wenn die monatliche Rente alleine nicht reicht. "Dafür sollte man darauf achten, dass die Dividenden zu unterschiedlichen Zeiten im Jahr ausgeschüttet werden." Aber auch hier gilt wieder: Es kann schiefgehen – was viele ältere Menschen noch mehr abschreckt als jüngere.

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Sicherer, weil breiter gestreut, sind Fonds. Die gibt es in der "aktiven" Variante, bei denen ein Fondsmanager durch Käufe und Verkäufe versucht, den Markt zu schlagen, oder "passiv" in Form von Indexfonds, auch ETFs genannt. Ein ETF kauft mit dem Geld seiner Anleger alle Aktien eines bestimmten Index, zum Beispiel des Dax oder des MSCI World, und entwickelt sich so fast genauso wie der Index, den er abbildet.

Wer in den vergangenen Jahrzehnten sein Geld beliebige 15 Jahre in einen ETF auf den MSCI World gesteckt hatte, erzielte im Schnitt eine Jahresrendite von 7,9 Prozent. Bei aktiven Fonds ist in der Regel weniger Rendite zu erwarten, weil die Kosten höher sind.

Monatliche Rente selbst gemacht – mit ETF-Sparplan

Mit einem ETF-Sparplan in Kombination mit Tagesgeld können Sie sich zudem eine lebenslange monatliche Rente selbst maßschneidern – vorausgesetzt, Sie haben über den Notgroschen hinaus eine größere Summe angespart oder erhalten, zum Beispiel aus einer Lebensversicherung oder Erbschaft.

Die Stiftung Warentest hat das in ihrer Fachzeitschrift "Finanztest" durchgerechnet und mit einer Sofortrente verglichen, also einer lebenslangen Rente, bei der Sie einmal einen größeren Betrag einzahlen. Die Tester gingen dabei in beiden Szenarien von einer 65-Jährigen aus, deren selbstgebaute Zusatzrente bis ins hohe Alter von 100 Jahren reichen soll und die 100.000 Euro zur Verfügung hat. Das Konzept lässt sich aber auch auf niedrigere Summen und Lebenserwartungen anwenden.

Tipp: Wer keine größere Summe zur Verfügung hat, aber eine Lebensversicherung besitzt, kann sich überlegen, ob er diese zugunsten eines Investments am Aktienmarkt kündigt. Ob sich das lohnt, hängt laut Bianca Boss vom Bund der Versicherten aber vom genauen Vertrag ab. So haben Altverträge häufig noch eine relativ gute Garantieverzinsung. Auf der Website des BdV gibt es einen Lebens- und Rentenversicherungsrechner, mit dem Versicherte herausfinden können, ob sich eine Kündigung lohnt.

ETF-Sparplan oder Sofortrente – was ist besser?

Laut Stiftung Warentest sind mit einem ETF-Auszahlplan über 30 Jahre zwischen 268 und 463 Euro pro Monat drin; bei halb so großer Ausgangssumme entsprechend weniger. Dabei ist ein Börsencrash einkalkuliert. Wie hoch die monatliche Rate genau ausfällt, hängt von der Entwicklung der Aktienmärkte ab und vom Mischungsverhältnis aus ETF und Tagesgeld.

Wer sehr sicherheitsorientiert ist, wählt eine Variante mit 25 Prozent Aktien-ETF, wer sehr viel Risiko verträgt, setzt auf 75 Prozent Aktienanteil, und wer es lieber ausgewogen mag, wählt einen 50-50-Mix.

Wer möglichst wenig monatliche Schwankungen haben möchte und sichere Planbarkeit einer höheren Rendite vorzieht, sollte sich für die Sofortrente entscheiden. Dann fließen laut Stiftung Warentest monatlich zwischen 294 und 319 Euro bis zum Lebensende.

Möglich ist aber auch ein Mix: Weil Anleger mit einem ETF-Sparplan keine vertragliche Verpflichtung eingehen und jederzeit Zugriff auf ihr gesamtes Vermögen haben, könnten sie auch später noch auf eine Sofortrente bei einem Versicherer umschwenken. Zum Beispiel, wenn sie sich mit steigendem Alter nicht mehr selbst um die Geldanlage kümmern wollen.

"Das kann sehr sinnvoll sein", schreibt die Stiftung Warentest, "denn bei einem Abschluss mit 75 oder 80 Jahren gibt es fürs gleiche Geld eine deutlich höhere Rente als bei einem Abschluss mit 65."

"Nur reich sein macht nicht glücklich"

Aber hohe Erträge hin oder her – man sollte nie Geld des Geldes wegen anhäufen, erinnert Finanzexperte Sommese. "Geld ist immer nur Mittel zum Zweck."

Diesen Grundsatz beherzigt Renate Krischer ohnehin. Ihr Antrieb ist, ihre Familie abzusichern. "Nur reich sein macht nicht glücklich", sagt sie, "man muss auch etwas weitergeben." Zum Beispiel einen kleinen Goldbarren.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Gespräch mit Renate Krischer
  • Gespräch mit Antonia Sommese
  • Gespräch mit Dirk Stein
  • "Finanztest" (10/2020)
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