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Prämiensparen: Sparkasse will hohe Zinsnachzahlungen verhindern


BGH prüft Prämiensparen
Sparkasse will hohe Zinsnachzahlungen verhindern


Aktualisiert am 06.10.2021Lesedauer: 5 Min.
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Für diesen Beitrag haben wir alle relevanten Fakten sorgfältig recherchiert. Eine Beeinflussung durch Dritte findet nicht statt.

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Rot für Sparer (Symbolbild): Die Sparkasse wehrt sich gegen die Zinsforderungen vieler Altkunden. Früher waren die Prämiensparer ein großes Geschäftsfeld für die Sparkasse.Vergrößern des Bildes
Rot für Sparer (Symbolbild): Die Sparkasse wehrt sich gegen die Zinsforderungen vieler Altkunden. Früher waren die Prämiensparer ein großes Geschäftsfeld für die Sparkasse. (Quelle: Michael Gstettenbauer/imago-images-bilder)

Die Sparkasse hat Kunden über Jahre die Zinsen gekappt – zu Unrecht, sagen Verbraucherschützer. Viele Sparer hätten Anspruch auf hohe Nachzahlungen. Darüber entscheidet nun der BGH. t-online klärt die wichtigsten Fragen.

Langfristiges Sparen ist eigentlich eine lohnende Sache. Denn dank des Zinseszinseffekts vermehrt sich das Geld über die Jahre wie von selbst – vorausgesetzt, die Zinsen liegen nicht bei oder nahe null. Doch genau das ist gerade das Problem.

Versuchten Banken und Sparkassen vor einigen Jahren noch Kunden langfristig an sich zu binden, indem sie ihnen Prämiensparverträge anboten, sind diese in Niedrigzinszeiten eine Belastung geworden. Die Banken haben deshalb die Zinsen nach unten geschraubt – und sehen sich nun mit Klagen von Verbraucherschützern konfrontiert. Die erste landet nun vor dem Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Ob es an diesem Mittwoch schon ein Urteil gibt, ist allerdings offen.

Wir erklären, worum es bei der Verhandlung genau geht, wie Prämiensparen überhaupt funktioniert, ob sich das einst so beliebte Anlagemodell für Sie noch lohnt und welche Alternativen Sie haben.

Worüber verhandelt der BGH?

In vielen Prämiensparverträgen, die in den 1990er- und 2000er-Jahren abgeschlossen wurden, stehen Klauseln, die es den Banken erlaubten, den Zinssatz einseitig nahezu beliebig anzupassen. Am BGH geht es jetzt um Verträge der Stadt- und Kreissparkasse Leipzig. Dort heißt es etwa in den alten Formularen, die Spareinlage werde "variabel verzinst". Der Zinssatz ändere sich, wenn der Aushang im Kassenraum erneuert werde.

Was ist das Problem an Zinsklauseln?

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat solche Zinsanpassungsklauseln in Prämiensparverträgen bereits 2004 für unwirksam erklärt, weil Kunden nicht erkennen könnten, wovon ihr Vertragszins abhänge und wann und wie genau die Bank den Zins ändern werde. Doch trotz weiterer Gerichtsentscheidungen ist bis heute umstritten, wie die Klauseln beschaffen sein müssen, damit sie gültig sind.

Verbraucherschützer werfen vor allem Sparkassen vor, die Zinsen eigenmächtig mit Hilfe von Zinsanpassungsklauseln gesenkt zu haben und nun auf Zeit zu spielen. Bei vielen Verträgen haben die Institute die Zinsen auf bis zu 0,01 beziehungsweise 0,001 Prozent reduziert. Über Jahre sollen sie ihren Kunden so Zinsen bis zu 4.700 Euro für Prämiensparverträge vorenthalten haben.

"Es geht um viel Geld", sagt Michael Hummel von der Verbraucherzentrale Sachsen. Sein Team hat für die Musterklage gegen die Leipziger Sparkasse berechnet, wie viel Zinsen den beteiligten Sparern noch zustehen müssten – und kommt auf durchschnittlich 3.100 Euro. Hummel schätzt, dass Hunderttausende Prämiensparverträge abgeschlossen wurden. Aber von diesen Verträgen laufen immer mehr aus oder werden gekündigt, die Ansprüche der Kunden drohen zu verjähren.

Musterfeststellungsklage: Mit der 2018 neu eingeführten Musterfeststellungsklage können die Verbraucherzentralen in einem einzigen Verfahren für viele Betroffene Ansprüche durchsetzen. Das macht es auch leichter, Grundsatzurteile zu erstreiten. Im Moment führen die Verbraucherzentralen bundesweit neun Musterverfahren zu Zinsnachzahlungen. Davon profitieren aber immer nur die Sparer unmittelbar, die sich ins jeweilige Klageregister eingetragen haben.

Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) vertritt in einem Statement aus dem Januar die Auffassung, dass "die Rechtsprechung des BGH von 2004 seitdem angemessen in den betroffenen und späteren Prämiensparverträgen umgesetzt" wurde. Anders sieht das die Finanzaufsicht Bafin.

Sie hat die Branche im Juni ultimativ per Allgemeinverfügung verpflichtet, alle Betroffenen zu informieren und ihnen ein Angebot oder eine unwiderrufliche Zusage zur Nachzahlung zu unterbreiten. Die Rede ist von einem Missstand: Bisher hätten viele Kreditinstitute die Altverträge stillschweigend selbst geändert, dabei BGH-Vorgaben missachtet – und auch nichts nachgezahlt.

Was ist Prämiensparen überhaupt?

Ein Prämiensparvertrag ist eine langfristige Sparform mit variabler Verzinsung. Zusätzlich gibt es eine jährliche Prämie, die meist nach der Vertragslaufzeit gestaffelt ist. Je länger und mehr Sie sparen, desto höher fällt sie aus.

Beim Prämiensparen zahlen Sie jeden Monat einen festen Betrag auf ein Prämiensparkonto. Wie viel Sie zurücklegen wollen, legen Sie selbst fest. Je nach Vertrag können Sie die Raten während der Laufzeit auch senken.

Was ist "Prämiensparen flexibel"?

"Prämiensparen flexibel" hießen oft die Verträge, die Sparkassen in den 1990er- und 2000er-Jahren bundesweit verkauften. Volksbanken nannten diese Verträge oft "Bonus- oder Zielsparplan".

Es handelt sich dabei um klassische Prämiensparverträge mit variablem Grundzins und jährlicher Prämie. Sie enthalten allerdings Klauseln, die Banken das Recht einräumen, die vereinbarte Verzinsung einseitig zu ändern – und an die allgemeine Zinsentwicklung anzupassen.

Kann ich vom Prämiensparen Geld abheben?

Ja, aber nur, indem Sie den Vertrag kündigen. Idealerweise wissen Sie mindestens drei Monate im Voraus, dass Sie das Geld benötigen.

Dann können Sie das Prämiensparen fristgerecht kündigen und sozusagen kostenlos abheben. Brauchen Sie Ihr Kapital schneller, ist das zwar möglich, es fallen aber Vorschusszinsen an.

Lohnt sich Prämiensparen noch?

Da die Zinsen quasi nicht existieren, lohnen sich Prämiensparverträge erst bei langen Laufzeiten. Denn erst nach mehreren Jahren gibt es nennenswerte Prämien.

Die Sparkasse Duisburg wirbt beispielsweise mit bis zu 15 Prozent Prämie auf den jährlichen Sparbetrag – allerdings erst ab dem 15. Jahr. Die ersten drei Jahre gibt es überhaupt keine Prämie, im vierten Jahr geht es mit 0,5 Prozent los. Die genaue Staffelung zeigt Ihnen folgende Tabelle.

Jahr 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15
Prämie in Prozent 0 0 0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5 4 5 7,5 10 15

Wenn wir annehmen, dass Sie monatlich 100 Euro einzahlen, ergeben sich daraus folgende Prämien:

Jahr Einzahlung Prämie in Prozent Prämie
1 1.200 Euro 0 0 Euro
2 1.200 Euro 0 0 Euro
3 1.200 Euro 0 0 Euro
4 1.200 Euro 0,5 6 Euro
5 1.200 Euro 1 12 Euro
6 1.200 Euro 1,5 18 Euro
7 1.200 Euro 2 24 Euro
8 1.200 Euro 2,5 30 Euro
9 1.200 Euro 3 36 Euro
10 1.200 Euro 3,5 42 Euro
11 1.200 Euro 4 48 Euro
12 1.200 Euro 5 60 Euro
13 1.200 Euro 7,5 90 Euro
14 1.200 Euro 10 120 Euro
15 1.200 Euro 15 180 Euro
Summe 18.000 Euro
666 Euro

Nach 15 Jahren hätten Sie also dank der Prämien ein Guthaben von 18.666 Euro. Hinzu kommen noch die (niedrigen) Zinsen. Bei der Sparkasse Duisburg beträgt der Zinssatz 0,01 Prozent. Nach 15 Jahren kommen auf die Einzahlung von 18.000 Euro also gerade einmal 13,58 Euro Zinsen obendrauf. Macht insgesamt 18.678,58 Euro.

Voraussetzung für die immer höheren Prämien ist bei den meisten Instituten, dass Sie regelmäßig einzahlen und sich zwischenzeitlich nichts auszahlen lassen.

Renditerechner: Rendite einfach berechnen
Berechnung
Endkapital13.159
Zinsen3.159

Viele Banken bieten Prämiensparen nicht mehr an

Prämiensparen wird inzwischen nur noch von wenigen Banken und Sparkassen angeboten. Sie begründen das mit der seit zehn Jahren dauernden Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank. Denn die Banken müssen selbst negative Zinsen zahlen, wenn sie Geld bei der Notenbank parken. Prämiensparverträge rentieren sich nicht mehr.

Viele Banken und Sparkassen sind deshalb dazu übergegangen, alte Verträge zu kündigen. Laut BGH geschieht das zu Recht, wenn Kunden die höchste Prämienstufe erreicht haben.

Was sind Alternativen?

Wollen Sie langfristig ein Vermögen aufbauen, führt im Zinstief kein Weg am Aktienmarkt vorbei. Dort winken deutlich höhere Renditen als beim Prämiensparen oder anderen Sparformen. Wie viel genau, lesen Sie hier.

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Das Risiko können Sie begrenzen, wenn Sie Ihr Investment breit streuen. Das bedeutet, dass Sie nicht alles auf eine einzelne Aktie setzen, sondern in ein ganzes Bündel. Das funktioniert, indem Sie sich für Aktienfonds entscheiden.

Eine günstige und bequeme Variante sind sogenannte Indexfonds, kurz ETFs (Exchange Traded Funds). Bei diesen bildet ein Computeralgorithmus einen Index wie zum Beispiel den weltweiten MSCI World ab. ETFs entwickeln sich also fast genauso wie der Index, den sie nachbilden.

Für die Altersvorsorge bietet sich ein Sparplan auf global gestreute ETFs an – wie eben auf den MSCI World. Eine Alternative ist auch der MSCI ACWI. Mehr dazu lesen Sie hier. Da es an den Aktienmärkten mal rauf und mal runter geht, sollten Sie mindestens 10, besser 15 Jahre investiert bleiben. So können Sie Krisen einfach aussitzen.

Verwendete Quellen
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