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Panik an den Märkten | Kaufe, wenn alle ängstlich sind


Panik an den Märkten
Kaufe, wenn alle ängstlich sind

MeinungEine Kolumne von Jessica Schwarzer

08.07.2022Lesedauer: 4 Min.
Meinung
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Besorgter Händler an der New Yorker Börse: Der Blick auf die Kurse ist derzeit meist ziemlich frustrierend.Vergrößern des Bildes
Besorgter Händler an der New Yorker Börse: Der Blick auf die Kurse ist derzeit meist ziemlich frustrierend. (Quelle: Seth Wenig/AP/dpa)

So schlecht war die Stimmung in der Welt selten. Auch Sparer und Anleger sind deprimiert, teilweise sogar fast panisch. Warum das eigentlich gut ist.

Geht es Ihnen auch wie mir? Ich möchte morgens gar nicht mehr auf die Nachrichten-Apps meines Handys schauen oder die Newsletter in meinem Postfach lesen. Immer nur schlechte Neuigkeiten: Nachrichten vom Krieg in der Ukraine, von den hohen Energiepreisen, der drohenden Gaskrise, den steigenden Lebensmittelpreisen, einer möglichen Wirtschaftskrise. Und dann der Blick auf die Kurstafel an der Frankfurter Börse: meistens ziemlich frustrierend.

Fast 4.000 Punkte hat der Dax verloren, auch wenn es vergangene Woche mal an einigen Tagen aufwärts ging – immerhin. Bei anderen Indizes sieht es nicht besser aus: Wohin man schaut, ein Minus von gut 20 Prozent. Und die Technologiewerte an der New Yorker Nasdaq haben sogar 30 Prozent verloren.

In mein Depot mag ich schon gar nicht mehr schauen. Muss ich zum Glück auch nicht, als langfristige Anlegerin sitze ich solche Krisen aus. Das gehört eben zum Börsenleben dazu.

Fondsmanager schauen düster in die Zukunft

Gute Laune machen sie mir aber natürlich nicht. Auch wenn ich schon über Nachkäufe nachdenke, schließlich gibt es einiges im Sonderangebot an den Aktienmärkten – meine börsengehandelten Indexfonds inklusive.

Trotzdem geht es mir wie vielen Privatanlegern: Ich bin frustriert und ich mache mir Sorgen, wie es in den kommenden Monaten weitergeht. Sie auch? Wir sind in bester Gesellschaft. Denn auch die professionellen Investoren sind sehr pessimistisch.

Fondsmanager beispielsweise schauen sehr düster in die Zukunft und stellen sich auf eine Fortsetzung des Ausverkaufs an den Anleihe- und Aktienmärkten ein. Die Mehrheit fürchtet sogar eine Rezession in Europa. Das geht aus der monatlichen Umfrage der Bank of America Merrill Lynch unter 300 Fondsmanagern hervor, die 834 Milliarden US-Dollar verwalten. Die Stimmung ist also am Boden.

"Kaufe, wenn alle ängstlich sind"

Das klingt nicht gut, oder? Aber es hebt dann doch meine Stimmung. Das erscheint Ihnen unlogisch? Ja, aber nur im ersten Moment. Schon Warren Buffett sagte schließlich: "Kaufe, wenn alle ängstlich sind. Verkaufe, wenn alle gierig sind."

Übersetzt ist das die Formel der antizyklischen Geldanlage; und eine ziemlich gute Idee. Wenn – zugespitzt formuliert – niemand mehr Aktien haben möchte, wenn alle ausgestiegen sind oder doch zumindest ihre Aktienquoten massiv runtergefahren haben und schlecht über die Anlageklasse reden, dann liegen die Kurse am Boden. Und das sind langfristig gute Einstiegspunkte. Wie so oft liegt die Betonung auf "langfristig".

An der Börse wird leider nicht zum Einstieg geklingelt

Natürlich kann es in den kommenden Wochen weiter abwärts gehen. Niemand weiß genau, wann der Pessimismus wirklich am größten, wann die Stimmung am schlechtesten und der Boden erreicht ist. An der Börse wird leider nicht zum Einstieg geklingelt. Aber es gibt ein paar Indikatoren. Dazu zählt die extrem schlechte Stimmung unter den Profis.

Manchem ist die aber noch immer nicht schlecht genug. Es fehle der finale Ausverkauf, der Crash. Denn mit einem Minus von gut 20 Prozent sind die Börsen in einem Bärenmarkt, für einen Crash müssten sie schon 25 Prozent mehr verlieren.

Auch die sogenannten Angstbarometer sind noch nicht weit genug ausgeschlagen. Wenn man diesem Indikator denn glaubt. Solche Barometer sind der VIX für den amerikanischen Aktienmarkt oder der VDax für unseren heimischen Markt. Sie sind geradezu ein Gradmesser für die Weltuntergangsstimmung an der Börse.

Panik als Signal zum Einstieg

Beispiel VDax: Er zeigt die künftigen Kursschwankungen an, die Profis erwarten. Abgelesen wird das an ihren Engagements an der Frankfurter Terminbörse Eurex. Je höher der VDax notiert, desto höhere Schwankungen erwarten die Terminhändler in den folgenden 30 Tagen.

Werte unterhalb von 20 prognostizieren ruhige Börsenphasen. Aktuell notiert der VDax bei knapp über 30 und zeigt deutliche Nervosität. Panik oder eben ein Signal für den finalen Ausverkauf sind das aber noch nicht. Dazu brauchte es in der Vergangenheit Werte über 50.

Oft signalisierten die auch das Ende von längeren Abwärtstrends. Im Corona-Crash Mitte März 2020, dem schnellsten und heftigsten Ausverkauf in der Börsengeschichte, erreichte der VDax übrigens mit 93 sein bisheriges Rekordhoch. Wer damals einstieg, freute sich wenig später über die sportliche Erholung an der Börse.

Keine Glaskugel, aber eine klare Strategie

Kommt es wieder so weit? Schlägt der VDax weiter aus? Möglich. Aber vielleicht bleibt es ja auch bei einer Korrektur und der Crash wird uns erspart. Ich weiß es nicht. Und ich habe leider auch keine Glaskugel. Aber ich habe klare Anlageregeln: Geben die Märkte 20 Prozent und mehr ab, dann kaufe ich beherzt nach.

Ich werde am Wochenende also wohl doch mal in mein Depot schauen und ein paar Orders aufgeben. Das habe ich schon im Corona-Crash gemacht und es war ein guter Schachzug. Damals habe ich ein paar ziemlich gute Schnäppchen gemacht, auch wenn ich den Tiefpunkt nicht getroffen habe. Wer schafft das schon?

Positive Überraschungen sind möglich

Wenn auch Sie wie ich langfristig investieren, können Sie langsam aber sicher über Nachkäufe nachdenken. Denn an der Börse wird die Zukunft gehandelt. Eine mögliche Wirtschaftsflaute, sogar eine Rezession ist zumindest teilweise bereits eingepreist, ebenso die Zinserhöhungen, mit denen die Notenbanken gegen die Inflation kämpfen. All das war es schließlich, was den Anlegern die Stimmung verdorben hat.

Natürlich kann es noch weiter abwärts gehen. Die hohen Schwankungen werden uns wohl noch eine Weile begleiten. In den nächsten Tagen nimmt auch die Berichtssaison in den USA Fahrt auf, die Europäer folgen. Die Erwartungen sind nicht sehr hoch, im Gegenteil.

Positive Überraschungen sind also mehr als möglich. Ein Fondsmanager sagte mir neulich, für ihn sei es schon ein sehr gutes Zeichen, wenn die Aktien einzelner Unternehmen nach schlechten Zahlen nicht mehr massiv abgestraft werden. Auch das wäre wohl eine positive Überraschung. Es bleibt spannend!

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