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Gas in Rubel bezahlen: Putins geschickter Schachzug


Überraschende Anordnung
Gas-Rechnung in Rubel bezahlen – Putins geschickter Schachzug

  • Christine Holthoff
Von Christine Holthoff

Aktualisiert am 24.03.2022Lesedauer: 3 Min.
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Wladimir Putin: Mit seiner Anordnung, Erdgas nur noch in Rubel zu bezahlen, hat der Kremlchef den Westen überrascht.Vergrößern des Bildes
Wladimir Putin: Mit seiner Anordnung, Erdgas nur noch in Rubel zu bezahlen, hat der Kremlchef den Westen überrascht. (Quelle: Mikhail Klimentyev/ap-bilder)

Deutschland und andere EU-Staaten sollen russisches Gas künftig nur noch in Rubel bezahlen. Aber geht das so einfach? Was Putins Retourkutsche für den Westen bedeutet.

Die Ankündigung kam überraschend: Am Mittwoch hat Russlands Machthaber Wladimir Putin die Regierung angewiesen, keine Zahlungen in Dollar oder Euro mehr zu akzeptieren. Wenn "unfreundliche Staaten" wie Deutschland Gas kaufen wollten, so Putin, müssten sie das künftig in Rubel erledigen.

Doch wäre das überhaupt möglich? Welche Konsequenzen hätte es für den Westen, wenn er sich dieser Retourkutsche beugt? Oder kommt nun doch ein Importstopp für russisches Gas? Die wichtigsten Antworten im Überblick.

Was genau hat Putin angeordnet?

Alle Länder, die Russland auf einer schwarzen Liste als "unfreundliche Staaten" bezeichnet, sollen russische Gaslieferungen bald nur noch in Rubel bezahlen können. Das betrifft neben Deutschland alle anderen EU-Staaten, aber zum Beispiel auch die USA, Kanada und Großbritannien (mehr dazu hier).

Die Lieferungen würden weiter in vollem Umfang gewährleistet, sagte der Kremlchef am Mittwoch. Die russische Zentralbank und die Regierung hätten nun eine Woche Zeit, die Modalitäten dafür festzulegen, wie Devisen- auf Rubelzahlungen umgestellt werden sollen. Eine Zahlung für russische Waren in Devisen habe ihren Sinn verloren.

Was bezweckt Putin mit der Anweisung?

Putin ist nach den westlichen Sanktionen gegen Russland zum politischen Angriff übergegangen. Letztlich dürfte er mit der Rubel-Pflicht für Gaslieferungen den Westen zwingen wollen, die eigenen Sanktionen auszuhöhlen.

Wirtschaftsminister Robert Habeck warf Putin Vertragsbruch vor, der Ökonom Jens Südekum, Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium, nannte die Anordnung ein "perfides Spiel". Der Westen unterliefe seine eigenen Sanktionen, wenn er sich Rubel bei Russlands Zentralbank besorge, um Gazprom für Lieferungen zu bezahlen, so Südekum.

Denn seit dem Beginn der umfassenden Sanktionen ist der Rubel nicht mehr frei konvertierbar, ein Kauf wäre nur möglich, wenn russische Banken wieder weitgehend in das internationale Zahlungssystem Swift aufgenommen würden. Kerstin Hottner, Rohstoffexpertin beim Schweizer Investmenthaus Vontobel, sagte, es sei zu bezweifeln, dass dies geschehe.

Die USA und andere westliche Länder hatten als Reaktion auf den Einmarsch Russlands in die Ukraine einen großen Teil der russischen Währungsreserven eingefroren. Der Rubel ist seitdem auf historische Tiefstände gefallen. Mit dem neuen Bezahlsystem würde die Nachfrage nach Rubel zunehmen und die russische Währung wäre zunächst einmal gestützt.

"Wird die Gasrechnung künftig nicht mehr in US-Dollar oder Euro beglichen, stützt das natürlich den Rubel, weil dieser nachgefragt wird", sagte Analyst Ralf Umlauf von der Landesbank Hessen-Thüringen. Das könnte auch der angeschlagenen russischen Wirtschaft zugutekommen.

Kommt also doch das Gasembargo?

"Das ist zumindest mit dem heutigen Tag wahrscheinlicher geworden", sagte Ökonom Südekum am Mittwoch. Putin begehe einen Vertragsbruch, da die langfristigen Lieferverträge eine Abrechnung in Dollar oder Euro vorsehen, und "testet jetzt, ob wir da mitgehen". Dieses Spielchen könne der Westen aber nicht ernsthaft mitmachen.

Minister Habeck zufolge will die Bundesregierung nun mit den europäischen Partnern über Putins Rubel-Anordnung beraten. An diesem Donnerstag finden in Brüssel gleich drei Gipfeltreffen statt: erst bei der Nato, dann im Kreis der G7 und schließlich bei der EU. Auch US-Präsident Joe Biden, Kanadas Premierminister Justin Trudeau und Japans Ministerpräsident Fumio Kishida sind für die Gespräche angereist.

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Ob und wenn ja, in welcher Form die westlichen Staaten ihre Sanktionen eskalieren könnten, wird dabei zu diskutieren sein. Aus deutschen Regierungskreisen heißt es dazu, man strebe weiterhin ein gemeinsames Vorgehen an, ohne immer unbedingt die identischen Maßnahmen zu ergreifen.

Das trifft auch bei der Frage eines Importstopps für Energie zu. Während die USA die Einfuhren gestoppt haben, konnte sich die EU wegen ihrer deutlich höheren Abhängigkeit noch nicht zu einem Embargo durchringen. Bundeskanzler Olaf Scholz ist strikt dagegen, weil es ganz Europa in eine Rezession stürzen würde. "Hunderttausende Arbeitsplätze wären in Gefahr. Ganze Industriezweige stünden auf der Kippe", so Scholz.

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Wie reagieren die Energiekonzerne?

Mit Unverständnis. "Wir haben die Meldung, dass Russland Gaslieferungen nur noch im Rubel abwickeln will, mit großer Irritation zur Kenntnis genommen", sagte der Vorstand des Branchenverbandes Zukunft Gas, Timm Kehler. "Welche Auswirkungen das auf den Gashandel konkret haben wird, können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschätzen."

Der österreichische Energiekonzern OMV will seine Zahlungen für russisches Gas vorerst nicht von Euro auf Rubel umstellen. Laut Vertrag seien die Rechnungen in Euro zu begleichen, sagte OMV-Chef Alfred Stern dem TV-Sender Puls 24.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Tweet von Ökonom Jens Südekum
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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