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Krieg in der Ukraine: Warum Putins Invasion für leere Supermarktregale sorgt


Engpässe
Warum der Ukraine-Krieg für leere Supermarktregale sorgt

Von Frederike Holewik

Aktualisiert am 14.04.2022Lesedauer: 5 Min.
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Leere Regale für Speiseöl im Supermarkt (Symbolbild): An den leeren Regalen sind bislang nicht die Lieferausfälle aus der Ukraine schuld, sondern Hamsterkäufe.Vergrößern des Bildes
Leere Regale für Speiseöl im Supermarkt (Symbolbild): An den leeren Regalen sind bislang nicht die Lieferausfälle aus der Ukraine schuld, sondern Hamsterkäufe. (Quelle: MiS/imago-images-bilder)

Eier, Öl, Mehl: Nicht nur die Zutaten zum Backen sind seit Kriegsausbruch knapp. t-online erklärt, woher der Mangel kommt, welche Lieferprobleme es aktuell gibt und was das für Verbraucher bedeutet.

So leer wie gerade waren die Supermarktregale zuletzt bei Beginn der Corona-Pandemie. Doch statt mit Klopapier decken sich viele Deutsche aktuell mit Öl ein, mit Mehl, zum Teil mit Eiern. Viele Geschäfte beschränken deshalb die Abgabemengen an einzelne Kunden.

Die meisten der aktuellen Engpässe und damit verbundenen Preissteigerungen hängen mit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine zusammen. Die Gründe sind bei den einzelnen Produkten jedoch sehr unterschiedlich.

An mancher Stelle fehlen Rohstoffe direkt aus der Ukraine, bei anderen Waren ist die Herstellung durch hohe Energiepreise schwierig geworden. Und manchmal kommen auch rechtliche Probleme in Deutschland dazu, die Alternativen nicht zulassen. t-online hat die verschiedenen Gründe zusammengetragen und erläutert, was das für das anstehende Osterfest bedeutet.

Ukraine ist wichtiges Anbauland

Der naheliegendste Grund für Engpässe: Landwirtschaftliche Produkte können in der Ukraine wegen des Krieges nicht wie zuvor angebaut und ausgeliefert werden. Das betrifft vor allem Weizen und Sonnenblumen.

Bei beiden Produkten spielt der Anbau in der Ukraine eine wichtige Rolle für die Weltmärkte. So gilt die Ukraine bereits seit Jahrzehnten als "Kornkammer Europas", denn die fruchtbaren Schwarzerdeböden haben das Land an die weltweite Spitze der Weizenexporteure gebracht.

Anbau- und Auslieferungsausfälle durch den Krieg treffen dabei vor allem die Hauptimporteure, zu denen neben der Türkei verschiedene nordafrikanische und asiatische Staaten zählen. Hier könnte es teilweise sogar zu Hungersnöten kommen, sollte der Krieg noch länger anhalten (t-online berichtete).

Hamstern sorgt für leere Regale

In Deutschland ist die Lage weniger angespannt, da hierzulande genügend Weizen angebaut wird. Leere Regale sind derzeit eher durch Hamsterkäufe zu erklären. Dennoch kommt es zu Preissteigerungen bei Backwaren, da Dünger- und Futtermittel sich durch den Krieg deutlich verteuert haben. Auch die hohen Energiepreise spielen eine Rolle. "Der Preis von Brot könnte sich verdoppeln. Auf bis zu zehn Euro", sagte der Vizepräsident des Bauernverbands Schleswig-Holstein, Klaus-Peter Lucht, Ende März.

Auch für den weltweiten Anbau von Sonnenblumen ist die Ukraine ein wichtiger Standort. Weltweit stammt so die Hälfe des exportierten Sonnenblumenöls von dort.

Deutschland deckt 94 Prozent seines Sonnenblumenölbedarfs mit Importen aus dem Ausland. Ausfallende Lieferungen in den kommenden Wochen könnten also zu einem Sonnenblumenengpass führen.

Die aktuell leeren Regale in den Supermärkten haben damit aber noch nichts zu tun. Vielmehr zeigt sich hier erneut das "Klopapier-Phänomen": Aus Sorge vor Knappheit hamstern viele Verbraucher. Das ist auch der Grund dafür, dass einige andere Öle vergriffen sind, denn viele Menschen steigen um auf Alternativen (mehr zur Speiseöl-Knappheit lesen Sie hier).

Autoindustrie ist auf Zulieferer angewiesen

Neben Lebensmitteln kommen auch wichtige Teile für die Automobilindustrie von Zulieferern aus der Ukraine. Hier haben seit einigen Jahren Firmen wie das Nürnberger Unternehmen Leoni, Kromberg & Schubert aus Renningen, Fujikura aus Japan oder Nexans aus Frankreich eigene Standorte und produzieren Kabelbäume für die Innenelektronik von Autos.

Wenn diese fehlen, geht bei der Produktion von Autos wenig, denn anders als die weiterhin knappen Chips können die Kabelbäume nicht nachträglich eingebaut werden. Zudem werden sie für die einzelnen Autotypen sehr individuell angefertigt und kaum eingelagert, weil sie viel Platz beanspruchen.

In Kombination mit Folgen von Corona-Lockdowns in China und Corona-Erkrankungen von Belegschaft in Deutschland führten die Lieferengpässe in den vergangenen Wochen auch zu stillstehenden Bändern in deutschen Fabriken. So berichtet etwa ein BMW-Betriebsrat, dass im Leipziger Werk nur an vier Tagen im Februar produziert wurde. Bei VW und Porsche standen im März ebenfalls mehrfach die Bänder still, Mitarbeiter wurden in Kurzarbeit geschickt.

Öl und Gas werden an vielen Stellen gebraucht

Stichwort Auto: Der Krieg in der Ukraine hat auch die internationalen Energie- und Rohstoffmärkte erschüttert. Das machte sich vor allem an den Zapfsäulen bemerkbar. Denn während der Ölpreis nach Höchstständen Anfang März wieder abflachte, blieben die Kosten für Benzin und Diesel auf hohem Niveau.

Eine Greenpeace-Studie errechnete, dass die Mineralölkonzerne seit Kriegsbeginn so Gewinne in Milliardenhöhe gemacht haben. Mehr dazu lesen Sie hier.

Doch auch die Strom- und Heizölpreise stiegen deutlich. Diese Preissteigerungen sind vor allem durch Verunsicherung an den Märkten zu erklären, denn bislang erfolgen die Lieferungen aus Russland weiter.

Die hohen Kosten für Sprit und Strom wirken sich dabei auf die Produktion in fast allen Branchen aus. Hinzu kommt die Sorge vor einem Gas-Embargo, was die deutsche Industrie empfindlich treffen würde. Immerhin kamen im vergangenen Jahr mehr als 50 Prozent der deutschen Gasimporte aus Russland. Vor allem die energieintensiven Industrien, wie Chemie und Stahl, fürchten Lieferstopps. Sie wären auch unter den ersten, denen das Gas abgedrehte würde, sollte der Notfallplan Gas der Bundesregierung in Kraft treten müssen. Was es mit diesen Plänen auf sich hat, lesen Sie hier.

Was in diesem Zuge zudem viele vergessen: Aus Öl und Gas werden auch andere Produkte hergestellt. So wird Öl etwa zur Produktion von Plastik benötigt. Die hohen Ölpreise machten daher zwischenzeitlich auch der Verpackungsindustrie große Sorgen.

Und auch der oben erwähnte Düngermangel hängt mit der schwierigen Situation an den Energiemärkten zusammen. Denn um Stickstoffdünger zu erzeugen, braucht es insbesondere Erdgas.

Alternativen nicht immer leicht zu finden

Dass Sonnenblumen aus der Ukraine eine wichtige Rolle spielen, hat sich bereits beim Öl gezeigt. Doch die Pflanze wird auch für die Herstellung von Süßwaren benötigt.

Das sogenannte Sonnenblumenlecithin ist ein Emulgator und bewirkt, dass sich Öle und Wasser nicht trennen. Ein kleiner, aber wichtiger Bestandteil für Süßigkeiten wie Schokolade und Eis. Zwar ließe er sich leicht durch ähnliche Vorprodukte aus Raps oder Soja ersetzen, doch dabei gibt es ein Problem:

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Laut deutscher Deklarationspflicht müssen alle verwendeten Rohstoffe auf Lebensmittelverpackungen ausgewiesen werden. Die Verpackungen werden allerdings weit im Voraus gedruckt, eine Umstellung bei einzelnen Produkten würde Monate dauern.

Alle Verpackungen neu zu drucken, sei – auch mit Blick auf die zusätzlichen Verpackungsengpässe – nicht zu stemmen, so der Vorsitzende des Bundesverbands der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI), Bastian Fassin. Spätestens im Herbst müssten die Verbraucher deshalb auch mit höheren Preisen für Schokolade rechnen.

Entwarnung für Ostern

Wer sich um das anstehende Osterfest sorgt, kann aufatmen. Schokoeier und Co. sind bereits fertig produziert und stehen schon in den Läden bereit, so der Branchenverband BDSI. Bei frischen Teigwaren hingegen könnten sich auch in den kommenden Tagen und Wochen bereits die deutlichen Preissteigerungen bemerkbar machen.

Und auch wer statt Schokoeiern lieber gefärbte Hühnereier sucht, muss tiefer in die Tasche greifen. Schon im vergangenen Jahr waren die Preise deutlich gestiegen, doch dieses Jahr wird es noch teuer. Das liegt an den hohen Energie- und Futterpreisen, aber auch am Verbot zur Tötung männlicher Küken, das seit dem 1. Januar in Deutschland gilt. Vor allem kleine Brütereien stelle das vor enorme Kosten, heißt es vom Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Pressegespräch BDSI
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