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Fernwärme so teuer wie nie: Auf diese Kosten müssen Sie sich einstellen


Die Hintergründe
Kosten für Fernwärme explodieren – und die Kunden sind machtlos

Von t-online, ktz, jb

Aktualisiert am 03.04.2023Lesedauer: 5 Min.
Fernwärme hat einen Haken: Die Verträge werden für Kunden derzeit zur Kostenfalle.Vergrößern des BildesFernwärme hat einen Haken: Die Verträge werden für Kunden derzeit zur Kostenfalle. (Quelle: IMAGO / Christian Ohde)
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Wer Fernwärme bezieht, muss derzeit mit hohen Kosten rechnen. Gegen die Preiserhöhungen der Anbieter sind Kunden oft machtlos.

Fernwärme gilt als günstige und saubere Heizmethode – im Vergleich zu Gas und Öl. Allerdings sind die Kosten dafür im vergangenen Jahr stark gestiegen. War der Preisanstieg absehbar?

Preise für Fernwärme sind gestiegen

Vor Kurzem erhielten auch die Bezieher von Fernwärme ihre Jahresrechnung und waren überrascht. Denn anders als viele von ihnen dachten, fiel die Abschlagszahlung für das Jahr 2022 wesentlich höher als erwartet aus. Der Grund für die drastische Preiserhöhung: 46,7 Prozent der in Deutschland gewonnenen Fernwärme entsteht aus Gas – der Rest ist Energie aus Steinkohle, Braunkohle, der Müllverbrennung, aus erneuerbaren Energien oder Abwärme. Daher wirken sich die gestiegenen Gaspreise auch auf die Kosten für Fernwärme aus und kommen so bei den Beziehern von Fernwärme an. Und das sind immerhin 5,6 Millionen (13,9 Prozent) aller deutschen Haushalte, davon 80 Prozent Mieter.

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Laut dem Statistischen Bundesamt mussten die Bezieher von Fernwärme im Jahr 2020 durchschnittlich 99,99 Euro pro Megawattstunde zahlen und im Jahr 2021 durchschnittlich 96,56 Euro pro Megawattstunde – im Jahr 2022 waren es hingegen 126,32 Euro pro Megawattstunde. Das bedeutet einen Preisanstieg um fast 30 Prozent.

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Für viele mag dieser enorme Preisanstieg überraschend gewesen sein, da es die Jahre zuvor jeweils nur eine geringe Preiserhöhung von drei bis sechs Euro oder gar eine Preissenkung wie 2021 zu 2020 gegeben hatte.

Wie kommt es zu der für viele Verbraucher überraschenden Preiserhöhung?

Im Gegensatz zu den Anbietern von Gas und Strom dürfen die Fernwärmebetreiber die Preise laut Preisänderungsklauseln (siehe "Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme" (AVBFernwärmeV)) selbst festlegen, ohne dass die Verbraucher darüber informiert werden müssen, erklärt Florian Munder, Referent für Gasmarkt, Fernwärme und Energieverbraucherrechte der Verbraucherzentrale Bundesband (VZBV) auf Nachfrage von t-online. Erst mit der jährlichen Abrechnung würden Kunden diese Informationen erhalten. "In der aktuellen Preiskrise bedeutet das in vielen Fällen sehr hohe Nachzahlungen", so Munder.

Das betrifft auch die Preisindizes, also die Kategorien, nach denen die Fernwärmeerzeuger ihre Preise bemessen. So können sich Versorger etwa an den derzeit stark steigenden Gasbörsenpreisen orientieren. Dabei müssen sie sich ihren Abnehmern gegenüber nicht erklären.

Verbraucherschützer klagen gegen Preiserhöhung

Doch nicht alle Energieversorger haben ihre Preise gleichermaßen erhöht. Es gibt regionale Unterschiede. Sie entstehen, weil der Markt für Fernwärme im Gegensatz zur sonstigen Energiegewinnung in Deutschland nicht reguliert ist und weil jeder Anbieter seine Preise gemäß der Klausel selbst festlegen kann. Entflechtungsregeln, wie sie etwa für den Öl- und Gassektor zutreffen, gelten nicht. Im Zuge einer Marktbeobachtung des VZBV wurden die großen Unterschiede besonders deutlich, sodass die Verbraucherschützer nun in einer Feststellungsklage gegen einen der Fernwärme-Anbieter gerichtlich vorgehen möchten – und zwar gegen Eon.

Eon habe nach Angaben des Verbraucherverbandes zwischen 2020 und 2022 die Preise teils um das Vierfache angehoben. Im Versorgungsgebiet Hamburg-Lohbrügge sei der Netto-Arbeitspreis von 3,79 Cent pro Kilowattstunde (kWh) auf 17,20 Cent angestiegen. In Leverkusen-Steinbüchel (Nordrhein-Westfalen) stieg der Preis von 6,6 Cent Netto-Arbeitspreis pro kWh auf 25,5 Cent. Aber auch in Erkrath-Hochdahl (Nordrhein-Westfalen) und Schwalbach (Hessen; Preiserhöhung von 9,57 Cent/kWh auf 19,55 Cent/kWh) seien die Preiserhöhungen "astronomisch hoch" gewesen, erklärt Arnold Bernhardt, Sprecher der IG Schwalbach gegenüber dem Handelsblatt.
All diese Preisanstiege haben die Verbraucherschützer nun dazu bewogen, eine Musterfeststellungsklage gegen den Fernwärmeanbieter Eon einzureichen.

Eon-Kunden die von der Preiserhöhung betroffen sind, können sich über die Seite https://www.musterfeststellungsklagen.de/eon-fernwaerme der Musterfeststellungsklage anschließen.

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Sind Fernwärmekunden machtlos?

Für die Bezieher von Fernwärme ist die Preisentwicklung und die Preisgestaltung ihrer Anbieter mehrfach problematisch: "Für rund ein Drittel der Fernwärmekunden herrscht Anschlusszwang. Ein Anbieterwechsel oder ein Umstieg auf eine effizientere Heiztechnik ist nahezu unmöglich", erklärt der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne). Und auch das gesetzlich verbriefte Sonderkündigungsrecht gilt für Fernwärmekunden nicht. "Kunden sind in der Regel an lange Laufzeiten gebunden. Erstverträge können teils über einen Zeitraum von zehn Jahren laufen", sagt Munder. Somit müssen sich Fernwärmekunden gedulden und darauf hoffen, dass die Preise für Fernwärme sinken und ihr Anbieter seine Preise entsprechend anpasst. Eine andere Option haben sie meist nicht,

Allerdings haben Bezieher von Fernwärme durch die Fernwärmeverordnung die Möglichkeit, auf die Preiserhöhung zumindest nachträglich einzuwirken. Nach § 24, Absatz 4 AVBFernwärmeV müssen die Preisänderungsklauseln der Versorger eine komplette Kostenaufstellung aufweisen. Die Klausel muss also auch zeigen, wie viel Geld für die Erzeugung und Lieferung der Wärme benötigt wird – das Unternehmen muss demnach transparent darstellen, dass es nur die eigenen veränderten Kosten an den Kunden weiterreicht. Im Umkehrschluss bedeutet das: Fallen die Preise am Markt, bezahlt der Erzeuger weniger, sollte das auch beim Kunden ankommen. Weist der Anbieter diese Punkte nicht aus, können Kunden dagegen klagen.

Es gibt noch eine weitere Möglichkeit, auf die unerwartet hohen Fernwärmekosten zu reagieren und eine zu starke finanzielle Mehrbelastung zu vermeiden: Nach § 3 AVBFernwärmeV müssen die Fernwärme-Kunden die Möglichkeit haben, die vertraglich vereinbarte Wärmeleistung anzupassen. Das heißt, dass sie ihren Fernwärmeversorgungsvertrag zwar nicht kündigen können. Allerdings haben sie die Möglichkeit, die Menge an Fernwärme, die sie beziehen, zu reduzieren. Wer also höhere Kosten vermeiden möchte, senkt die Leistung, die er für seine Heizung und die Warmwasserbereitung benötigt. Das kann bedeuten, dass weniger Heizenergie und weniger Warmwasser oder kälteres Wasser zur Verfügung steht. Die Leistung darf dabei aber nicht um mehr als 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gedrosselt werden. Und: Die Temperatur sollte nicht zu stark gesenkt werden, um zumindest die Legionellengefahr beim Warmwasser zu minimieren.

Konsequenzen für Verbraucher

Für Munder ist das jedoch nur eine bedingte Möglichkeit für Fernwärme-Kunden, Geld zu sparen. Nur wer das Haus in der Zwischenzeit gedämmt oder die Leistung in der Vergangenheit zu hoch angesetzt hat, könne aktuell noch mit diesen Maßnahmen bei Fernwärme sparen, so der Experte. Vor diesem Schritt solle man jedoch eine Energieberatung wahrnehmen. "Wenn man die Wärmeleistung jedoch einfach drosselt, könnte die Wohnung im Winter kalt bleiben." Und das wiederum kann das Schimmelrisiko erhöhen.

Wer sich eine solche Maßnahme nicht gefallen lassen möchte, kann eine Kündigung des Versorgungsvertrages mit einer zweimonatigen Frist vornehmen. Doch dafür steht der Hausbesitzer dann in der Pflicht, das Defizit durch erneuerbare Energien zu ersetzen, etwa durch den Bau einer Solaranlage oder die Integration einer Wärmepumpe. Dadurch fallen jedoch nicht nur Kosten für die Heizsysteme an sich, sondern auch für die Umrüstung und Aufrüstung der Heizung und den Heizkreislauf im Haus an. Darüber hinaus ist der Austausch oder der Wechsel der Heizung mit einer langen Wartezeit verbunden.
Wer Fernwärme bezieht, hat also nur die Wahl zwischen Konsequenzen, aber keinen Vorteil.

Verwendete Quellen
  • spiegel.de: "Der Fernwärmeschock"
  • gesetze-im-internet.de: "Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV) § 3 Anpassung der Leistung"
  • gesetze-im-internet.de: "Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV) § 24 Abrechnung, Preisänderungsklauseln"
  • vzbv.de: "Fernwärme-Preiserhöhungen bei E.ON: Betroffene gesucht"
  • vzbv.de "Fernwärme: Gefangene Kunden eines Monopolmarkts"
  • Gespräch mit dem Pressereferenten für Gasmarkt, Fernwärme und Energieverbraucherrechte der Verbraucherzentrale Bundesband (VZBV)
  • destatis.de "Wärmepreisindex"
  • finanztip.de: "So kannst Du beim Heizen mit Fernwärme Kosten sparen"
  • heizspiegel.de: "Heizspiegel für Deutschland 2022"
  • co2online.de: "Fernwärme: Technik, Nutzung, Kosten und Alternativen"
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