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Skerpikjøt - Extrem-Fleisch von den Färöern


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Skerpikjøt - Extrem-Fleisch von den Färöern

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18.09.2015Lesedauer: 4 Min.
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Das ist Skerpikjøt - ein Schinken aus Schafsfleisch von den Färöern.Vergrößern des Bildes
Das ist Skerpikjøt - ein Schinken aus Schafsfleisch von den Färöern. (Quelle: Erik Christensen)

Nichts für schwache Mägen: , der bis zu neun Monate luftgetrocknet wurde. Er wird kalt gegessen und ist ähnlich wie durchsetzt mit Schimmel. Auch mit fermentiertem Kabeljau und Hammelhoden-Suppe sind die Färöer ein Gourmet-Gebiet für Hartgesottene.

Die Färinger - so heißen die Bewohner der Färöer - trotzen Regen, Kälte und rauem Wind. Das macht sie zäh und unbeugsam. Ihre alten Traditionen verteidigen sie gegen den Rest der Welt. Sie haben die Verwesung von Fleisch über Jahrhunderte zur Wissenschaft erkoren und jagen noch immer Grindwale. Nicht einmal 50.000 Einwohner leben auf den 18 Inselchen. Auf sie kommen 80.000 Schafe. Schafsinseln heißt das Wort Färöer daher auch übersetzt.

Gourmet-Koch der Extreme

Hier geboren und aufgewachsen ist der 25-jährige Poul Andrias Ziska. Er zelebriert die färöische Küche: Mit dem einzigartigen Gammelfleisch der Wikinger, Meeresfrüchten und Wildkräutern, schaffte Ziska den Einzug in die internationale Gourmetwelt. Es muffelt nach Roquefort, dem französischen Blauschimmelkäse aus roher Schafmilch. Beim ersten Biss schmeckt das Lamm süß. Und dann? "Umami", lächelt Ziska. Das ist der fünfte Geschmackssinn neben süß, sauer, >>

salzig und bitter. Er bedeutet: fleischig und herzhaft, einfach wohlschmeckend. Monatelang muss das Fleisch dafür in einem Hjallur hängen, einem Holzschuppen, durch den der salzige Wind bläst und die feuchte Kälte kriecht. So entstehen ganz besondere Aromen, die es nur auf den Färöern gibt. Nirgendwo sonst ist das Klima so gleichmäßig, wie es der sensible Fermentier-Prozess fordert. Ræst heißt diese Methode, die schon die Wikinger genutzt haben, um Schaffleisch und Fisch haltbar zu machen.

Bei der Reife des Fleisches gibt es verschiedene Stufen: Ræstur ist abgehangen und halbtrocken. Skarpræstur ist nach sechs bis neun Monaten scharf abgehangen. Und Bleytræstur oder visnað wird Fleisch genannt, das nur kurz abgehangen und angetrocknet ist. Die Schafe werden meist in einer Hälfte aufgehängt. Die Färinger verwerten alles: Für europäische Gaumen besonders gewöhnungsbedürftig ist die Hodensuppe skólpasúpan. Auch mit diesen Extrem-Geschmäckern lässt sich in der Gourmet-Welt Karriere machen. >>

Seinen Feinschliff holte sich Ziska im Kopenhagener Zwei-Sterne-Restaurant Geranium. In Tórshavn, der Hauptstadt der Färöer, regiert er im Restaurant "Koks" im "Føroyar", dem einzigen Nobelhotel des Landes. In dem nächtigte Deutschlands Nationalelf, als sie bei der WM-Qualifikation 2012 mit 3:0 gegen den Fußballzwerg aus Inselkickern gerade noch einer Blamage entging.

Die angesehene "New York Times" nahm die Färöer dieses Jahr in ihre Top Ten der weltweiten Reiseziele auf und schwärmte vom "Avantgard-Food" im "Koks". Das wurde 2015 mit dem "Nordic Priz" zum besten Restaurant Skandinaviens gekürt. Bisher hatten diese Auszeichnung nur Zwei-Sterne-Gourmet-Tempel erhalten. Auf eine Würdigung des Guide Michelin macht sich der färöische Starkoch keine Hoffnung: "Wir liegen zu weit abseits. Da kommt kein Tester aus Frankreich hier her." >>

Nach den Sternen greifen können Anna und Óli Rubeksen. Atemberaubend ist der Blick von ihrem Esstisch durch das Panoramafenster über den Hestsfjord und den Nachthimmel. Ihren Hof mit 14 Milchkühen im kleinen Dorf Velbastaður gaben die Farmer auf, weil er nicht mehr rentabel war. Jetzt besitzen sie noch 150 Mutterschafe, die sich wild in den Bergen herumtreiben. Ihr Nachwuchs landet auf dem polierten Holztisch, an dem acht Gäste Platz finden. In ihren eigenen vier Wänden betreibt das Paar ein "Untergrund-Restaurant". Dort bekochen sie Einheimische und Touristen. "Heimablídni" wird das genannt.

Unbeugsam archaisch

"Wir sind Anarchisten", stellt sich der 56-Jährige vor. Karamellisierte Schafsblutwurst - die Blutwurst heißt blóðpylsa - die traditionell nach Weihnachten schmeckt, tischt seine Frau Anna (54) auf. So wie sie es von ihrer Mutter und Großmutter gelernt hat. In kleinen Schälchen richtet sie fermentierten Kabeljau an, der kross und saftig ist. Dazu reicht Óli Rubeksen aus einer kleinen Kupferkasserolle mit dem Teelöffel vorsichtig eine Soße aus gammeligem Schaffett. Die schmeckt so intensiv, als würde gleich ein Hammel herausspringen. >>

Der Hauptgang ist eine in Rhabarberblätter gewickelte und stundenlang gebratene Lammkeule. Aus dem kunstvoll verzierten Köcher, der neben der alten Glasvitrine hängt, zieht der Hausherr ein langes, scharfes Jagdmesser, um das Fleisch in dünne Scheiben zu schneiden. In den blank polierten Holzgriff ist ein Wal aus glänzendem Messing eingelegt. Es ist das Grindaknívur, das Grindwal-Messer, mit dem die Färinger die Grindwale töten. Einst hat es Annas Vater gehört. "Der hat es an seinen Enkel, unseren Sohn weiter vererbt", erzählt Óli Rubeksen stolz. Der 21-Jährige geht zur Waljagd, dem Grindadráp, so wie seine Ur-Ur-Ahnen. Auch wenn die grausame Tradition inzwischen für weltweite Proteste sorgt.

"Wir wollen gerne zuhören und es besser machen", sagt der Farmer diplomatisch. Aber von Ökoterrorismus wolle sich das Land nicht regulieren lassen. "Ihr schlachtet eure Tiere aus Massenhaltung hinter verschlossenen Türen. Die Grindwale konnten ihr Leben frei im Meer verbringen", geht er in Angriff über. Früher waren die Färinger auf das Walfleisch angewiesen, um zu überleben. Heute quillt der Tiefkühlschrank im Supermarkt von Tórshavn über mit billigem Lamm aus Neuseeland. Für die eigenwilligen Färinger ist das aber noch kein Argument, alte Bräuche über Bord zu werfen.

Die Insel der Wikinger

So besonders wie das Fleisch sind auch die Menschen auf den Färöern. Ihre Gene stammen von den Wikingern ab, die sich vor mehr als tausend Jahren auf der abgelegenen Inselgruppe zwischen Schottland und Island niedergelassen haben. Tiefe, türkisblaue Fjorde und dunkle Schluchten durchziehen die schroffe Berglandschaft.

Über die legen sich Wiesen wie hauchdünne Seidentücher. Kein Baum, kein Strauch kann sich in dieser feinen Erdschicht auf hartem Basalt festkrallen. Die schwere Brandung formt unheimliche Gestalten aus steilen Klippen und bohrt mächtige Kathedralen - eine dramatische, mystische Landschaft. Einsamkeit und ungezähmte Natur bestimmen den Alltag der Färinger.

Impressionen und weitere Informationen zu den Färöern finden Sie in unserer Fotoshow.

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