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"Markus Lanz": War der FC Chelsea Putins "Soft Power"?


Oligarchen-Talk bei "Markus Lanz"
War der FC Chelsea Putins "Soft Power"?

Von Christian Bartels

17.03.2022Lesedauer: 3 Min.
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Roman Abramovich beim FC Chelsea (Archivbild): In der jüngsten Lanz-Sendung wurde über die Zusammenhänge diskutiert.Vergrößern des Bildes
Roman Abramovich beim FC Chelsea (Archivbild): In der jüngsten Lanz-Sendung wurde über die Zusammenhänge diskutiert. (Quelle: David Small/imago images)

An der Schnittstelle zwischen Fußball-Fantum und Oligarchen-Kritik ging es um schmutziges Geld, das lange Zeit üppig in den englischen Spitzenfußball floss – nicht allein aus Russland.

Wenn Markus Lanz im Anschluss an die Champions League-Zusammenfassung im ZDF talkt, geht er später und kürzer auf Sendung als üblich. Für die gestrige Nacht hatte er ein passendes Thema, um Fußball und aktuelle Weltlage zu kombinieren: Roman Abramowitsch.

Der superreiche Russe bekommt gerade immer schärfere Sanktionen Großbritanniens und der EU zu spüren – ganz besonders in seiner Eigenschaft als Eigentümer des aktuellen Champions League-Titelträgers FC Chelsea (der sich just auch wieder fürs Viertelfinale der laufenden Saison qualifizierte).

Die Gäste:

  • Dietrich Schulze-Marmeling, Sportjournalist
  • Sebastian Kneißl, Ex-Fußballprofi
  • Diana Zimmermann, ZDF-Korrespondentin

Aktuell soll Abramowitsch sich in Moskau aufhalten, wusste Diana Zimmermann zu berichten. Die Leiterin des Londoner ZDF-Studios war nicht zugeschaltet, sondern saß direkt in Lanz' Studio. Nach nochmals verschärfter britischer Gesetzeslage dürfen sanktionierte russische Oligarchen, zu denen Abramowitsch zählt, keine Geschäftsbeziehungen mehr mit Briten eingehen. Das bedeutet: ihnen auch kein Geld mehr zahlen.

Was für den FC Chelsea, der jeden Monat 28 Millionen britische Pfund Lohnkosten zu stemmen habe, ein Problem ist, ergänzte Dietrich Schulze-Marmeling, Autor zahlreicher Fußball-Bücher. Bekanntlich plant Abramowitsch, den Klub zu verkaufen. "Wie man hört, klopft Saudi-Arabien schon an die Tür".

Kneißl berichtet von seinen Erfahrungen

Wie Abramowitsch 2003 Einzug in den Fußball hielt, als er den damals erfolglosen Londoner "Mittelklasseverein" kaufte, konnte aus erster Hand der dritte Studiogast berichten: Sebastian Kneißl war 2000 als 17-Jähriger von Eintracht Frankfurt zu Chelsea gewechselt.

Er selbst sei gerade auf dem Sprung in die erste Mannschaft gewesen, erzählte Kneißl. Doch mit dem vielen plötzlich vorhandenen Geld wurden teurere neue Spieler gekauft. (Dass Kneißl den Durchbruch daher nicht schaffte und 2005 zu Wacker Burghausen wechselte, erwähnte Moderator Lanz nicht).

Spitzenfußball "stark abhängig von schmutzigen Geldern"

Interessanter sind schließlich die Geldflüsse. Der europäische Spitzenfußball und auch der Weltfußballverband FIFA sind "sehr stark abhängig von schmutzigen Geldern", außer aus Russland etwa auch aus Katar, Abu Dhabi und eben Saudi-Arabien, sagte Schulze-Marmeling.

"Jede Menge ausländisches Geld floss nach England", auch in teure Immobilien, analysierte Zimmermann. Dem entspräche die englischen Mentalität. Es gebe weniger Sozialneid als in Deutschland, die englische sei eine Dienstleistungsgesellschaft. "An der Stelle sieht man, wie sehr sie Dienstleister sind."

Warum Abramowitsch den Klub gekauft haben könnte?

Während Schulze-Marmeling vermutete, Abramowitsch könne den Verein als eine Art "Lebensversicherung" gekauft haben – etwa um nötigenfalls in England Asyl zu bekommen – stellte Zimmermann die These auf, der Oligarch könne den FC Chelsea auch sozusagen in Wladimir Putins Auftrag gekauft haben. Zumindest im Sinne von "soft power" sei es lange Zeit gut für den russischen Präsidenten gewesen, "sympathische Russen in London sitzen zu haben".

Wie sehr englische Fans die Besitzer ihrer Klubs unterstützen, schilderte Schulze-Marmeling anhand von Newcastle United. Dessen Fans störe es nicht, dass ihr Klub sich bereits in saudischem Besitz befindet. Sie schwenkten gerne die saudische Nationalfahne, auf der ein Schwert zu sehen sei – und taten das ihrer Schilderung zufolge selbst am Tag, an dem in Saudi-Arabien 81 Menschen hingerichtet wurden.

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"Die Trickle-Down-Economy hat nicht funktioniert"

Einiges blieb notwendigerweise spekulativ, etwa was Abramowitschs Vorgeschichte und Motivation angeht, wurde aber unter unterschiedlichen Aspekten besprochen. Sowohl das inzwischen selbst in "Londongrad" (Zimmermann) gewachsene Problembewusstsein als auch die längst weltweite Faszination, die der englische Vereinsfußball ausübt, spiegelte die Diskussion.

Zwischenzeitlich mochte die scharfe Kritik an Englands Umgang mit schmutzigem internationalem Geld etwas wohlfeil erscheinen. Schließlich gilt zwar nicht die Bundesliga, Deutschland ansonsten aber ebenfalls als Geldwäsche-Paradies.

Doch auch das wurde noch angesprochen. "Auch wir wollen nicht genau wissen, wer der Eigentümer ist", schloss Lanz mit Bezug auf Immobilien am Tegernsee. Den Satz "Die Trickle-Down-Economy hat nicht funktioniert" (das ist die These, dass vom steigenden Reichtum immer auch die Ärmeren profitieren) sprachen der Moderator und Diana Zimmermann anschließend geradezu synchron.

Verwendete Quellen
  • "Markus Lanz" vom 16. März 2022
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