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Huthi-Angriffe im Roten Meer: "USA ein wichtiger Player" | Nahost-Krieg


Rebellenangriffe auf Schiffe
"Da sind die USA ein ganz wichtiger Player"


04.12.2023Lesedauer: 5 Min.
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Im Video: Amerikanisches Kriegsschiff soll Angriffe der Huthi-Miliz abgewehrt haben. (Quelle: reuters)

Nachdem Huthi-Rebellen mehrere Schiffe angegriffen haben, drohen die USA mit Gegenmaßnahmen. Doch wer steht hinter den Huthis und wie schätzen Experten die Lage ein?

Die Botschaft der Huthi-Rebellen im Jemen war eindeutig: Man wolle "nach jedem israelischen Schiff im Roten Meer" Ausschau halten, sagte der Anführer der Huthi-Rebellen, Abdel-Malik al-Huthi, vor weniger als drei Wochen. Und man werde "sämtliche Schiffe" mit Bezug zu Israel ins Visier nehmen, setzte Huthi-Militärsprecher Jahja Sari wenige Tage später nach.

Dieser Drohung lassen die Huthis nun Taten folgen – und nehmen dabei offenbar auch Schiffe ohne Israel-Bezug ins Visier. So musste die US-Marine am Sonntag gleich mehreren Handelsschiffen unter panamaischer oder bahamaischer Flagge zu Hilfe eilen, weil die Huthi-Rebellen Raketen und Drohnen auf sie abfeuerten. Auch auf den US-Zerstörer "USS Carney" selbst soll eine Drohne der Huthis zugeflogen sein. Mehr dazu lesen Sie hier.

Eine solche Serie von Angriffen im Roten Meer ist nicht der erste Vorfall dieser Art. In den vergangenen Wochen hatten die Spannungen im Roten Meer angesichts des Krieges zwischen Israel und der palästinensischen Terrororganisation Hamas zugenommen. Doch wer steht hinter den Huthi-Rebellen? Wie weit würden sie mit ihren Angriffen im Roten Meer gehen? Und was könnten die USA als Israels Schutzmacht dem entgegensetzen?

Verbündete Ideologien

Zunächst einmal gilt: Die Huthis haben bei ihren Angriffen möglicherweise auf eigene Faust agiert. Das US-Militär vermutet jedoch, wie auch bei den Terrororganisationen Hisbollah oder der Hamas im Gazastreifen, dass ihre Angriffe zwar von den Rebellen allein ausgeübt, jedoch vom islamischen Regime im Iran unterstützt werden. Belege dafür gibt es nicht, doch der Verdacht ist nicht überraschend: Die Huthi-Rebellen im Jemen sind Teil der vom islamischen Regime sogenannten "Achse des Widerstands" gegen Israel und die USA.

Das Regime des Iran bezeichnet damit die mit ihm verbündeten Terrororganisationen und Milizen in der Region, darunter die Hisbollah im Libanon, die Hamas im Gazastreifen sowie weitere Gruppierungen im Irak und in Syrien. Mit ihrem Slogan "Gott ist groß, Tod für Amerika, Tod für Israel, verflucht seien die Juden, Sieg für den Islam", sind die Huthi-Rebellen zudem ideologisch auf einer Linie mit dem islamischen Regime. Dieses hat sowohl Israel als auch die USA schon bei seiner Entstehung 1979 zu Erzfeinden erklärt.

Zwar leugnet Teheran bis heute die direkte Unterstützung der Huthis, doch sowohl US-Beamte als auch Beamte aus dem Jemen sehen Hinweise darauf, dass das islamische Regime die radikale Bewegung etwa mit schweren Waffen, Ausrüstung und Geld unterstützt. Auch sollen die Huthis Ausbildungen durch die vom Regime im Iran unterstützte libanesische Terrororganisation Hisbollah sowie die Revolutionsgarde des islamischen Regimes erhalten haben.

"Die Huthis arbeiten mit dem Iran zusammen"

Auch für Nahost-Experte Eckart Woertz gilt die Zusammenarbeit der Huthis mit dem Regime im Iran im Allgemeinen daher als sicher: "Die Huthis arbeiten mit dem Iran zusammen, bekommen Waffen vom Iran, und das hat auch zugenommen in den letzten Jahren", sagt er im Interview mit t-online. Als Direktor für Nahost-Studien des German Institute for Global and Area Studies (GIGA) in Hamburg beobachtet er die Situation im Nahen Osten seit Jahren genau.

Die Vermutung liegt laut Woertz nahe, dass Teheran mit den Lieferungen von Waffen eine gewisse Rolle bei den Angriffen der Huthis spiele. Ob das auch bei dem Vorfall am Sonntag der Fall gewesen ist, sei unklar. "Die Huthis haben mehr Autonomie gegenüber dem Iran als die Hisbollah, wo diese Stellvertreterfunktion deutlich ausgeprägter ist", so Woertz. Mehr zur libanesischen Terrororganisation Hisbollah lesen Sie hier.

Ali Fathollah-Nejad, Politikwissenschaftler für den Nahen und Mittleren Osten und Direktor des Center for Middle East and Global Order (CMEG), sieht die Angriffe im Roten Meer hingegen als von Teheran erwünscht an: "Die Huthi-Angriffe sind nicht unabhängig von den Bestrebungen des Iran zu betrachten", sagt der Experte. "Iran versucht seine Verbündeten in der Region zu aktivieren, um eine Abschreckung gegenüber Israel und den USA zu entwickeln. Da gehören die Huthi-Angriffe dazu", so Fathollah-Nejad.

Zu einer massiven Eskalation dürfte es jedoch nicht kommen, sagt Woertz. "Das wird aus politischer Sicht der Huthis und auch des Iran nicht gewollt sein. Sie hätten ja massive negative Konsequenzen zu gewärtigen", so der Experte. Um den Grund dafür zu verstehen, reicht ein Blick in den Jemen: Das Land gilt als eines der ärmsten der Welt.

Seit dem Jahr 2014 tobt in dem Land ein Bürgerkrieg, der die Bevölkerung in eine wirtschaftliche und humanitäre Krise gestürzt hat. Mehr als 15.000 Menschen wurden bislang getötet. Rund 80 Prozent der Bevölkerung ist abhängig von internationaler humanitärer Hilfe. Beobachter sehen in den Huthis daher auch für das Regime im Iran nur einen schwachen Verbündeten.

Die Huthis regieren im Norden des Landes. Eine von Saudi-Arabien gestützte Regierung kontrolliert indes den Süden. Ähnlich wie die Terrororganisation Hisbollah könnten auch die Huthis einen Verlust an Rückhalt in der Bevölkerung zu befürchten haben, sollten sie zur weiteren Eskalation der Situation beitragen. Hinzu komme laut Woertz, dass die militärischen Fähigkeiten der Huthis nicht so ausgeprägt seien, dass sie den Schiffsverkehr im Roten Meer zum Erliegen bringen könnten. Mehr zu den Huthi-Rebellen lesen Sie hier.

Ein Hauptakteur im Roten Meer

Dennoch zeigen die neuesten Angriffe, dass es die Rebellen mit ihren Drohungen gen Israel offenbar ernst meinen. Zuletzt hatten sie sich den Raketenangriffen der Hamas angeschlossen. Im Schlachtfeld auf dem Roten Meer sind sie einer der Hauptakteure. Dort, vorbei an der jemenitischen Küste, führt einer der wichtigsten Schifffahrtswege der Welt in Richtung des Suezkanals in Ägypten. Er bietet die kürzeste Verbindung auf dem Seeweg von Asien nach Europa. Etwa zehn Prozent des gesamten Welthandels laufen über das Rote Meer.

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Das US-Militär beklagt, dass die Angriffe der Huthis "eine direkte Bedrohung für den internationalen Handel und die Sicherheit im Seeverkehr" darstellten. Sie gefährdeten das Leben internationaler Besatzungen. Die USA würden nun in Abstimmung mit internationalen Partnern "alle geeigneten Maßnahmen" diskutieren. "Sicher werden die USA den Schutz der Seewege erhöhen und bei Bedarf auch Gegenmaßnahmen im Jemen einleiten, aber ob und in welcher Form das stattfinden wird, das ist Spekulation", schätzt Woertz die Reaktion der US-Marine ein.

US-Reaktion "sehr minimal"

Washington hatte bereits kurz nach Beginn des Angriffes der Hamas-Terroristen auf Israel am 7. Oktober zwei Flugzeugträger, ihre Begleitschiffe und etwa 2.000 Marinesoldaten in die Region entsandt. Sie dienen in erster Linie der Abschreckung und sollen nur in Notfällen eingreifen – Notfälle, zu denen es in den vergangenen Wochen bereits öfter gekommen ist. "Der Fakt, dass da Kriegsschiffe sind, die Gefahren abwehren können, ist sehr wichtig für die zivile Schifffahrt", sagt Woertz darum. Da seien die USA nach wie vor "ein ganz wichtiger Player", so der Experte.

Konkretere Maßnahmen gegen die Huthi-Rebellen im Jemen könnten sich für die USA jedoch als kompliziert erweisen: "Die USA könnten die Abschussrampen ausfindig machen, von denen aus die Hutihs ihre Raketen abfeuern. Das aber könnte sich schwierig gestalten, gerade wenn die Abschussrampen mobil sind", sagt der Experte. Ähnlich sieht das auch Fathollah-Nejad: "Die amerikanischen Reaktionen fallen bislang sehr minimal aus", so der Politikwissenschaftler. Ob sich das ändert, lasse sich bislang nicht absehen.

Verwendete Quellen
  • Anfrage an Eckart Woertz, Direktor für Nahost-Studien des German Institute for Global and Area Studies (GIGA) in Hamburg
  • Anfrage an Ali Fathollah-Nejad, Politikwissenschaftler für den Nahen und Mittleren Osten und Direktor des Center for Middle East and Global Order (CMEG)
  • swp-org.de: "Die "Achse des Widerstands"
  • reuters.com: "Iranian support seen crucial for Yemen's Houthis" (englisch)
  • Eigene Recherche
  • Mit Material der Nachrichtenagenturen Reuters und dpa
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